Wednesday, March 30, 2011

The BBQ Quest

Gemeinhin wird in Europa ja gerne über die Esskultur und Küche in Amiland gesagt, dass sie keine haben. Burger und Pommes, Bier in eisgekühlten Plastikgläsern, überall Ketchup drauf, alles ist frittiert und trieft vor Fett. So in etwa geht ja wohl das Vorurteil.
McDoof und Co. sind nur der kleinste gemeinsame Nenner, der die Grundversorgung sicher stellt. Unter dieser bunten Plastikoberfläche aber muss man gar nicht lange suchen und man findet eine herrliche Vielfalt lokaler Eigenheiten und Spezialitäten. 
Lobster in Maine, Krabben in Boston, Steak in Texas, Gumbo in New Orleans, Chili in New Mexico, Pizza in Chicago, Wein in Kalifornien, Kartoffeln in Idaho und Barbeque in den Südstaaten. Die Vielfalt ist enorm und überschaubar, so wie das Land groß und vielfältig ist und die Menschen die darin leben aus den verschiedensten Kulturkreisen zusammen gewürfelt sind.

Hier im Süden ist Barbeque das authentische Gericht. Nein, das nicht eben nicht nur ein Gericht, das ist ein Lebensgefühl, eine kulturelle Eigenheit, ein Teil dessen, was den Süden so unterschiedlich und besonders macht.
Southern BBQ (oder Bar-B-Que, oder Barbeque, oder Bar-B-Q) ist stundenlang über Holz (meist Hickory) geräuchertes Fleisch (Schwein, Rind oder Truthahn), das dann abgepult wird (pulled) und mit spezieller Sauce (selbst gemacht, altes Hausrezept der Ur-Oma meistens) und allerlei Beigaben (Kartoffelsalat, Hushpuppies, gebackene Süßkartoffeln, Bohnen und Speck, Krautsalat und vieles mehr) mit süßem Eistee (sweetened iced tea) in Restaurants serviert wird, deren Äußeres meist einer abbruchreifen Scheune gleicht und deren Inneres in der Regel mit allerlei vergilbten Familienfotos, ausgestopften Jagdtrophäen und Sport-Fanartikeln dekoriert ist. Kein Tourist würde sich jemals dort hinein wagen - daher die Legende, dass die Esskultur in Amerika nur aus McDoof und Co. besteht.

Nun leben wir hier in der Rocket City mitten drin im BBQ Gürtel des Südens. Alleine in den drei Counties Madison (Huntsville Metro Area), Limestone (Athens Metro Area) und Morgan (Decatur Metro Aarea), die mit zusammen gut einer halben Million Einwohnern das Zentrum Nord-Alabamas darstellen, gibt es ungefähr hundert BBQ Restaurants. 
Die Bandbreite reicht dabei von neuen modernen und relativ gesichtslosen Ketten, über urige und hygienisch nicht ganz europäischem Standard entsprechenden Familienbetriebe auf dem Lande bis hin zu fliegenden Köchen mit mobilen BBQ "Gulaschkanonen", die meist Sonnabends an Tankstellen zu finden sind.

Mein Ziel ist es, innerhalb der verbleibenden Zeit, bis wir wieder nach Deutschland zurück gerufen werden, so viele dieser Restaurationen wie möglich zu besuchen - und über das Futter, die Atmosphäre und das Drumherum zu berichten. Zu finden ist das Ganze dann hier - in meinem BBQ Blog, leider in Englisch, denn alleine die ganzen Fachbegriffe in einigermaßen flüssiges Deutsch zu übersetzen (Hushpuppies ... frittierte Maisknödel mit Zwiebeln und Gewürzen ... eher nicht ...) und deren Bedeutung zu erklären, würde einer Doktorarbeit gleich kommen (hmmm, vielleicht sollte ich mir da ein paar Tipps bei einem fränkischen Baron holen, wie man sowas ohne großen Aufwand machen kann ...).

Und wenn ich dann auf Reisen bin, lasse ich mir natürlich die Gelegenheit nicht entgehen auch dort die BBQ Szene aus zu probieren.
So geschehen bei meiner Tour nach Vicksburg.
Meine Reiseroute führte mich durch das ländliche Alabama und dank des Intenets konnte ich mir schon vorher ein oder zwei geeignete BBQ Restaurants auf dem Weg heraus suchen.
Meine Wahl fiel auf den Hat Hill Bar-Be-Que & Grill in Parrish, Alabama, da ich dort sowieso zu tun hatte. Es gibt dort nämlich einen der 9 W.R. Case Exclusive Master Dealers in den USA - und ein neues Messer war mal wieder an der Reihe. Zwar kann man die Case-Messer auch über das Internet bestellen. Doch gerade die Exclusive Master Dealer haben immer auch Besonderheiten und Raritäten auf Lager, die man nur dort findet. Aber das ist eine andere Geschichte.
Nun war ich also in Parrish, hatte mein Messer gefunden und war hungrig. Also nichts wie hin zum Hat Hill Bar-Be-Que & Grill. Typischer Fall von Denkste, die WebSite war noch da aber der Laden wohl schon eine ganze Weile dicht.

 

Was tun? Das nächste Restaurant auf meiner Liste war in Eutaw, gute zwei Stunden entfernt (da auf dem Land ist die Dichte nicht annähernd so groß wie in Huntsville ...) und es war schon früher Nachmittag (die Auswahl des Messers hatte etwas mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen ...).
Also doch zu McDoof? Gerne, aber der nächste war auch eine gute Stunde entfernt ... Dann erstmal weiter fahren, irgend etwas wird sich schon ergeben.

Was es dann auch tat. In Oakman, Alabama. Der Nabel der Welt. Wo es das Red Top BBQ gibt, das in einer Art großem Geräteschuppen auf einem Truck-Parkplatz am Ortsausgang zu finden ist, gleich neben dem Dollar General (so eine Art Unterschichten-ALDI ... besser kann man diese Grabbelbude nicht umschreiben ...).


Die haben keine Tische und Stühle dort, sondern man holt sich sein Futter am linken Fenster in einem kleinen braunen Papierbeutel ab (plus jede Menge "Darling", "Sugar", "Sweetie" und so weiter von der Kassiererin ...) und verspeist es dann im Auto. Das ist dann, wenn der Himmel strahlend Blau war wie an diesem Tag, an Atmosphäre kaum noch zu überbieten. Ich hatte eine BBQ Pork Sandwich, das recht gut war und den dazu den besten -DEN BESTEN! - Kartoffelsalat den ich (außer zuhause ...) hier in Amiland jemals gegessen habe! Wahrscheinlich haben sie den aus dem Dollar General ... egal, ich habe mich gefühlt wie Gott in Frankreich.


Auch in Vicksburg habe ich dann natürlich die Gelegenheit genutzt und eine der lokalen BBQ Institutionen aufgesucht - Goldie's Trail BBQ am Interstate 20.



Kein Vergleich zum Vortag - Stühle und Tische, Teller und Besteck, alte Bürgerkriegs-Vorderlader an den Wänden und Bezahlen kann man mit Kreditkarte.


Das Futter - viel! Aber was haben die denn mit dem armen Schwein gemacht??! Das ist nicht gepullt, sondern in Scheiben geschnitten, dann mit Soße vermengt und Zwiebelringe darauf gelegt. Ja sind wir denn hier beim Griechen?! Gyros hatte ich nicht bestellt ... obwohl das, was da auf meinem Teller lag eher aussah wie etwas, das sie auch vom Straßenrand hätten aufklauben können. Barbaren!
Nun ja, nachdem  der erste Schock überwunden war schmeckte es dann doch ganz ordentlich, zumal die Soße wirklich Klasse ist. Aber irgendjemand sollte diesen Leuten in Mississippi vielleicht einmal die zivilisierte Art BBQ zuzubereiten näher bringen - geschnittene Scheiben, was für ein Faux pas!



Nun ja, das war also die kulinarische Seite meines Ausfluges nach Vicksburg um die USS Cairo zu sehen. Ich bin immer noch nicht über das zerstückelte Schwein weg ...


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