Friday, January 28, 2011

Chaos and Ruckus

Wie nennt man es, wenn in Huntsville fünf Männer aus Ontario und einer aus der Tschechei in der VonBraun Center Arena stehen?
Eishockey.
Huntsville Havoc Eishockey, um genau zu sein. Die Mannschaft gehört zur Southern Professional Hockey League (SPHL), einer dieser zahlreichen halbprofessionellen Ligen, die es in jeder Sportart überall im Lande gibt. Und in Huntsville gibt es tatsächlich eine ganze Reihe Profi-Mannschaften, die in den regionalen Profi-Ligen spielen - die Rocket City Titans im Football, die Alabama Hammers im Indoor-Football und eben die Huntsville Havoc im Eishockey.
Und in der letztgenannten Mannschaft tauchen dann nicht nur überwiegend Spieler aus Kanada auf, sondern die haben dann auch noch so schöne Namen wie Sibbald, Kessler, Kretzer, Hand ... das passt dann ja gut zur ebenfalls Deutsch-benamten Arena in der sie spielen.
Amerikaner sind fast keine dabei und aus dem Süden schon gar nicht. Obwohl, den Nachwuchs hätten sie direkt vor der Tür - die University of Alabama in Huntsville hat als Vorzeigesport nicht das übliche Football-Team, sondern ... genau, ein Eishockey-Team.
Aber stattdessen holt man sich die von der NHL, der ersten Liga, nicht gewollten Kanadier und Osteuropäer. Nun ja, der Erfolg gibt den Verantwortlichen recht, letztes Jahr ist man Meister der Liga geworden.

Heute ging es also gegen die Cottonmouths (das ist eine sehr gefährliche Giftschlange hier im Süden) aus Columbus, South Carolina.
Das Spiel war typisch amerikanisch - der Puck wurde einfach nach vorne gebolzt, mit viel Körperkontakt darum gekämpft, irgendwie kommt er dann durch puren Zufall zum freien Mann und der macht ihn rein. Ganz simpel. Keine Kufenakrobatik, kein Schachspiel auf dem Eis, einfach immer volle Pulle dem Puck hinterher und ordentlich krachen lassen.
Sehr unterhaltsam und kurzweilig ist das. Das fanden auch die übrigen 3374 zahlenden Zuschauer, die zum überwiegenden Teil in den Team-Jerseys gekleidet waren. Ich hatte ja keine Ahnung von der Popularität dieser Sportart hier gehabt. Und statt einem Maskottchen leistet sich die Havoc gleich zwei - die heißen Chaos und Ruckus (was soviel wie Störung, Aufruhr heißt) und stellen Wehrwölfe dar. Recht ungewöhnlich würde ich sagen, ist aber wirklich mal eine nette Abwechslung zu all den anderen langweiligen Tierchen, die man sonst so zu sehen bekommt.

Das Heimteam spielte ganz locker auf und trotzdem sie sechs mal eine Zwei-Minuten Strafe kassierten (die Jungs aus Columbus nur einmal, weil sich einer ihrer Tschechen mit dem Herrn Hand aus Huntsville gekeilt hatte, der übrigens dafür auch in die Kühlbox wanderte) waren sie den Gästen in jeder Phase überlegen und gewannen am Ende verdient mit 2:0.
Vielleicht waren ja die Kanadier schuld, die bei Columbus überwiegend aus anderen Provinzen statt aus Ontario kommen. An den deutschen Namen kann es jedenfalls nicht gelegen haben - deren Linksaußen heißt Hergott ...

Saturday, January 22, 2011

Onward Christian Soldier ...

Seit dieser Woche hat Alabama einen neuen Gouverneur, den Republikaner Robert Bentley. Als eine seiner ersten Amtshandlungen sah es Gouverneur Bentley als angebracht an zu verkünden, dass jeder der kein Christ ist, nicht sei Bruder oder seine Schwester sei und dass er diese Leute auffordere sich zu Christus zu bekennen, damit er sie als Bruder und Schwester umarmen könne.

Das ist mal ganz ein Politiker nach dem Herzen des Bible-Belts - ehemaliger Sonntagsschullehrer und Diakon einer Baptistenkirche. Hallellujah! Endlich mal einer, der dem gottlosen Treiben hier ein Ende machen wird und sich nicht scheut, den Feind beim Namen zu nennen - alle Nicht-Christen eben. Die hohe Arbeitslosigkeit, steigende Benzinpreise, der sechswöchige Besuch der Schwiegermutter - alles Strafen Gottes, weil hier zu lange die Nicht-Christen ungeschoren herum laufen konnten.

Ja, die meinen das ernst hier unten. Da gibt es nichts zu lachen. Im Lichte dieser Aussage wird dieser Atheistenkongress, der hier in zwei Wochen statt finden soll, noch zu einer spannenden Angelegenheit - vielleicht sogar mit Nationalgarde, die ja dem Gouverneur des jeweiligen Staates untersteht und die dieser bei Notfällen einsetzen kann. Und was würde wohl besser als Notfall qualifizieren als eine Schar von Ungläubigen, die sich versammeln um böse Pläne aus zu hecken und Zwietracht zu sähen.
Weit her geholt? Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein ... wir werden sehen.

Wednesday, January 12, 2011

Guns and Idiots

Ich habe mich gewundert - war doch gar kein Feiertag, kein sonstwie besonderes Datum. Und trotzdem war überall in Huntsville und Madison auf Halbmast geflaggt.
Und dann dämmerte es mir - das war wegen der Schießerei in Arizona, wo irgendein Spinner der Kongreßabgeordneten in den Kopf geschossen und sechs umherstehende Menschen, darunter ein kleines Mädchen, getötet hatte.
Na denn, die Nation trauert, am Sonntag wird in den Kirchen für die Familien der Opfer und für die immer noch mit dem Tode ringende Abgeordnete gebetet, das öffentliche Kopfschütteln ist groß, die Kommentare im TV und in der Presse sind betroffen. Business as usual.
Aber irgendwo ganz hinten, in einer dunklen Ecke der Seele, nahe dem kleinen Portal zur Hölle, das in uns allen schlummert und in das man besser nicht neugierig hineinlugt, wispert eine kleine Stimme: "Aber die Richtige getroffen hat es schon ...".
Und nach der Kirche geht man dann am Sonntag Abend zum Teekränzchen um mit anderen Teetrinkern über die Schlechtigkeit der Regierenden im allgemeinen und der liberalen Unamerikaner im Weißen Haus zu sinnieren. Und jeder dort hört diese Stimme, manche undeutlich und leise, andere laut und fordernd: "Es hat die Richtige getroffen ...!".
Aber man spricht nicht darüber, nickt sich nur wissend zu - ja, die anderen hören es auch. Sie wissen, wie man dieses Land rettet - nachladen und drauf halten, eine andere Sprache verstehen diese Elemente nicht.
Und in Arizona, da hat es endlich einer vorgemacht, hat einer den Mut gefunden nicht nur zu reden, sondern nachzuladen. Und die liebe Sarah, die Fadenkreuze auf Landkarten gemalt und verbale Zielmarkierungen verteilt hat, sieht sich plötzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass es in diesem Land tatsächlich Einfaltspinsel und Schwachköpfe gibt, die ihre Bürgerkriegsparolen ernst nehmen. Nein, die sie nicht nur ernst nehmen, sondern sie als Handlungsanweisung verstehen.
Was wird, wenn sie in zwei Jahren ins Weiße Haus einzieht? Müssen dann alle Liberalen ein gelbes Fadenkreuz auf ihrem Rücken tragen? Obama's Wahl hat das Land polarisiert, es verunsichert und mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Sarah's Wahl würde das Land spalten, ein Klima der Angst schaffen und das Land in ein inneres Chaos stürzen.
Währenddessen übt man sich in Betroffenheit und betet. Innehalten und verbal abzurüsten wäre die vernünftigere Lösung. Aber das wird nicht passieren. Die Gräben sind bereits zu tief und die Artillerie ist schon in Stellung gebracht. Im Wilden Westen nichts Neues ...

Tuesday, January 11, 2011

Still closed ...

Wir sind immer noch zu Hause. Die Straßen sind zwar relativ schneefrei aber jetzt kommt die überfrierende Nässe - also bleibt auch heute alles geschlossen. Und morgen auch - zumindest die Schulen und Behörden. Mein Office wird wahrscheinlich wieder offen sein ... dank meinem dienstlichen Blackberry konnte ich Kontakt mit Kollegen, Firma und anderen halten und so die gestern und heute angesetzten Meetings auf Mittwoch und Donnerstag verschieben. Aber ich hatte jetyt ja zwei Tage "Ferien", da bin ich ausgeruht ...
Wir haben inzwischen unsere alten Winterklamotten aus Deutschland wieder ausgemottet ... wer weiß, was der Winter uns noch bringen wird ...

Monday, January 10, 2011

War Eagle!

Nach einem extrem spannenden und hochklassigen Spiel, dass erst in den letzten zehn Sekunden entschieden wurde, haben die Auburn Tigers heute die nationale College Football Meisterschaft gegen die Oregon Ducks mit 22 zu 19 gewonnen.
Nachdem letztes Jahr die Alabama Crimson Tide den Titel gewonnen haben, kann man getrost davon reden dass das Herz des (College) Football in Alabama schlägt.
Die Auburn Tigers sind zu den Alabama Crimson Tide das, was 1860 zu Bayern München ist - mit dreizehn nationalen Titeln für Alabama gegenüber zuvor einem Titel (in 1957 ...) für Auburn.
Nun wird es die kommenden drei bis vier Jahre echt schrecklich hier - während sich die Alabama Fans letztes Jahr schon sehr gefreut hatten, waren die Feierlichkeiten doch sehr im Rahmen geblieben - nach zwölf Meisterschaften regt eine mehr hier niemanden mehr so richtig auf.
Die Auburn Fans hingegen ... sie werden ihren Ur-Enkeln noch davon erzählen. Die werden jetzt völlig ausflippen und die Auburn Fahnen werden hier an den Häusern, Pick-up Trucks, in den Geschäften und Behörden wehen, bis sie von der Witterung, dem Zahn der Zeit oder einem Tornado aufgelöst oder zerfetzt werden.
Nur gut, dass es gestern den Wintereinbruch mit viel Schnee auf den Straßen gegeben hat - da findet jetzt wenigstens kein Autokorso statt ...

Impassable

"All roads in Madison are impassable. All non emergency travel should be avoided."

Alles dicht bei uns. Nix geht mehr. Über Nacht sind gute zwanzig Zentimeter Schnee gefallen.Winterwonderland.
War gerade mit den Kiddies draußen, die finden den Schnee herrlich. Aber wie lange kann man das machen? Zwanzig Minuten. eine halbe Stunde vielleicht, dann sind die Klamotten völlig durchnässt - und was dann? Cabin Fever. Na, mal sehen, vielleicht heute Nachmittag nochmal eine halbe Stunde.
Morgen wird wahrscheinlich auch nix gehen, denn es soll kalt bleiben und wenn der Schnee auf den Straßen nicht geräumt wird und überfriert, dann gute Nacht ... zum Glück ist unsere Vorratskammer gut gefüllt ... aber die Unterhaltung der Kiddies bleibt ein Problem ...


Sunday, January 9, 2011

We're closed tomorrow ...

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Seit Freitag wurde uns angekündigt, dass an diesem Wochenende die Wettersituation Schneefall begünstigen würde. Eigentlich sollte es heute Nachmittag so um drei Uhr bereits losgegangen sein ... jetzt haben wir es drei Minuten nach Drei und es ist zwar kalt und bewölkt aber noch ohne Schnee.


Das wird sich jedoch ändern - die Radarbilder zeigen einen massiven Wintersturm, der uns treffen wird, wahrscheinlich so gegen sieben Uhr Abends.
In Montgomery, ungefähr 200 Meilen südlich von uns haben sie das tolle Wetter schon, mit Eisregen und Schnee und allem was dazu gehört.

 
Und hier bei uns haben sie für morgen bereits jetzt alles dicht gemacht - keine Schule, kein Kindergarten, keine Müllabfuhr, kein Behörden, keine Kirche ... wie gesagt, die sind hier lieber doppelt vorsichtig, als dass sie ein totales Chaos riskieren, mit womöglich verletzten Schulkindern und juristischem Nachspiel.



Da ist man geneigt, als Winterwetterprofi aus Deutschland den Kopf zu schütteln und das alles für ziemlich hysterisch zu halten. Aber dann fällt einem wieder ein, was letzte Woche in der Zeitung stand - dass es in der 150000 Einwohner zählenden Stadt Huntsville nur zwei Baumaschinen (sogenannte "Grater", d.h. "Erdgeradezieher") gibt, die sich als Schneeschieber nutzen lassen.
Also bleiben wir morgen alle brav zu Hause (ich gehe mal davon aus, dass das Redstone Arsenal, an dem wir uns in solchen Fällen ausrichten, auch dicht macht ...) und bauen mal wieder Schneemänner.
Alles halb so wild. Brenzlig wird es jedoch, sollte durch das Wetter der Strom ausfallen oder auch nur der TV Empfang gestört werden - denn morgen Abend spielt Auburn (die zweite große Universität hier in Alabama) um den nationalen Titel im College Football. Durch das Wetter werden wahrscheinlich schon viele College Bowl Parties ausfallen - nicht dran zu denken, wenn das dann auch noch nicht einmal im TV zu sehen wäre. Da bliebe dem Gouverneur nur übrig die Nationalgarde zu mobilisieren ... ich hoffe mal, dass die wintertaugliches Gerät haben ...

Sunday, January 2, 2011

Godless

Versteckt eure Kinder, beschützt eure Frauen, bereitet euch auf das Ende der Welt vor - die Atheisten kommen!
Und zwar nach Huntsville, am 29. und 30. Januar, zu einer Konferenz. Und damit das auch ja alle mit bekommen haben sie gestern am Memorial Parkway, einer der beiden Hauptstraßen in Huntsville, eine Werbetafel aufgestellt.
Und prompt ist hier die  ... na ja, Hölle ... los. Die Zeitung hat darüber berichtet, als ich da war um das Billboard zu fotografieren packte gerade der lokale TV-Sender WAFF-48 seine Sachen zusammen und bestimmt ist das auch ein Thema morgen in der Kaffeepause mit unseren US-Kollegen im Dienst.
Schließlich ist das hier der "Bible-Belt", in "God's own Country" - da ist für Atheisten kein Platz!
Und überhaupt, ist das nicht sowieso unpatriotisch, wenn unsere Truppen im Krieg sind und jede Unterstützung gebrauchen können, wenn dann einige einfach nicht mit beten??! Glaube hin oder her aber wie kann man nur die Jungs in Irak und Afghanistan so im Stich lassen??!

Und wie viele dieser unpatriotischen, unamerikanischen Gottlosen werden nun in vier Wochen die Stadt überfluten? 250. So viele Plätze hat der Saal im Holiday Inn, wo sie sich treffen werden.
Vielleicht investiere ich ja die vierzig Dollar, die die Teilnahme kostet und gucke mir das Spektakel auch mal an. Ist halt auch ein Teil der kulturellen Studien, die wir hier so betreiben ...