Sunday, October 28, 2012

Bulls Eye

In 57% aller Haushalte in Alabama gibt es mindestens eine Handfeuerwaffe. Damit ist Alabama unter den Top 5 in den USA.
Viele Leute bewahren allerdings ihre Knarren nicht notwendigerweise nur zu Hause auf, sondern haben sie im Handschuhfach ihres Autos deponiert oder tragen sie in der Handtasche mit sich herum. Das dürfen sie, wenn sie sich vom örtlichen Sheriff eine sogenannte "Concealed Weapons Permit" ausstellen lassen. Die bekommt man ganz einfach, sofern man nichts auf dem Kerbholz hat und dann darf man die Waffe am Mann/Frau tragen - allerdings ohne sie sichtbar werden zu lassen. Dass dürfen nur die Staatsorgane, zwecks der abschreckenden Wirkung.
Von rund 350.000 Einwohnern in Madison County haben gut 28.000 eine solche Lizenz, also ungefähr jeder 12. In ganz Alabama sind es 160.000 - allerdings hat man da nur die städtischen Gegenden erfasst, denn auf dem Land interessieren solche Fetzen Papier nicht wirklich.
Die Permits lassen sich die Sheriffs natürlich bezahlen - zwischen 10 und 20 Dollares liegt der übliche Satz. Der Permit muß jedes Jahr verlängert werden und so hat sich das zu einer netten kleinen Nebeneinkunftsquelle der Sheriffs entwickelt. Was die Amtsinhaber (Sheriff ist ein Wahlamt ...) damit machen bleibt ihnen überlassen - die meisten führen es dem eigenen polizeilichen Budget zu.
Nun ja, soweit sind wir noch nicht - denken aber mittlerweile wegen der zunehmend fraglicher werdenden Sicherheitslage im County (zu schnelles städtisches Wachstum bringt auch einige finstere Gestalten mit sich ...) über den Erwerb einer Waffe zur Selbstverteidigung nach. Heute waren wir bei einem Freund um einmal ein paar Waffentypen aus zu probieren. Scott besitzt eine Farm, zu der man nur kommt wenn man über eine recht große Wiese mitten im Wald fährt - eine Straße zu seinem Haus gibt es nicht. Und natürlich hat er auch einen eigenen kleinen Schießstand hinterm Haus. Und selbstredend hat er auch das dazugehörende Waffenarsenal.
Nun sind wir als friedliebende Deutsche ja von Haus aus eher skeptisch gegenüber der Bewaffnung der Massen. Aber hier in Amiland sieht es anders aus - da ist es fatal nur mit guten Vorsätzen bewaffnet in eine Schießerei verwickelt zu werden. Wie gesagt, wir überlegen noch ...


Friday, October 26, 2012

The Sabbath Feature

Jene Mitbürger jüdischen Glaubens, die die Regeln und Vorschriften nach althergebrachter Art beachten, dürfen am Samstag, dem Sabbath, keine manuellen Arbeiten verrichten. Keinen Nagel in die Wand schlagen, keine Wäsche waschen, keinen PC einschalten - ja, auch das Drücken von Ein/Aus-Knöpfen ist verboten.
Nun kann man ja durchaus einmal einen Tag der Woche die Hände in den Schoß legen und praktisch gar nichts tun - tut ja auch mal gut. Aber essen muss man schon irgendwie und das wird dann zu einem kleineren Problem, vor allen Dingen wenn man etwas Warmes haben will. Denn natürlich ist die Bedienung eines Herdes auch nicht erlaubt.
Aber, die moderne Technik sei gepriesen, es gibt eine Lösung dafür - das "Sabbath Feature".
Unser neuer Herd hat das auch, sogar ein zertifiziertes - und das funktioniert so:
Man steckt einen Braten in die Röhre, stellt die Temperatur und die Garzeit ein - und dann kommt es: anstatt den Ofen sofort anzustellen programmiert man eine Startzeit in der Zukunft ein. Boah, ey - voll die Raumfahrttechnik. Eine Zeitschaltuhr. Damit kann man schon am Freitag alles vorbereiten und muss am Samstag nicht gegen religiöse Gebote verstoßen. Wobei ich mich frage, ob das öffnen des Herdes nicht eventuell auch als manuelle Arbeit gesehen werden könnte ...






Thursday, October 18, 2012

Low End Range

Seit gut einem Jahr funktionierte unser Backofen in unserem Herd nicht mehr richtig. Nachdem im Laufe dieses Jahres immer mal wieder einige Teile ausgetauscht worden waren, was ihn vorübergehend wieder nutzbar machte, scheiterte ein erneuter Versuch vor gut sechs Wochen mangels Ersatzteil. Kein Wunder, war der Herd doch gut 21 Jahre alt.
Kein Problem, meinte der Techniker, ich sage der Hausverwaltung Bescheid, da muss ein Neuer her.


Dann haben wir erstmal einige Zeit nichts mehr gehört - was in Amiland nicht ungewöhnlich ist, hier vergessen Leute schon manchmal etwas. Also habe ich einfach mal mal bei der Hausverwaltung nachgefragt, wie das denn nun so wäre mit unserem neuen Herd.
Neuer Herd? Nein, der Techniker den sie geschickt hatten hat nicht Bescheid gesagt. Aber kein Problem, das klären wir gleich mit der Besitzerin des Hauses.
Haben sie dann auch prompt getan, sie war mit dem neuen Herd einverstanden und die Verwaltung hat ihn gleich bestellt, bei Bob Wallace Appliances, der größten und renommiertesten Haushaltsgerätefirma in Huntsville. Kein Problem, hieß es, den bestellen wir gleich und innerhalb einer Woche rufen wir dann an um einen Termin zur Installation zu vereinbaren.

Dann haben wir erstmal eine Zeit lang nichts mehr davon gehört - kein Anruf, kein Piep.
Als ich im Zuge der ganzen Aufregung um die Klimaanlage am Anfang dieser Woche bei der Hausverwaltung vorstellig wurde, habe ich auch gleich nach dem Herd gefragt.
Wie, der ist noch nicht eingebaut? Den haben wir doch schon vor Wochen bestellt.
Also bei Bob Wallace angerufen und nachgefragt. Die konnten keinen Auftrag finden. Daraufhin ist die Dame der Hausverwaltung etwas pampig geworden - worauf es dann hieß, ach so, DER Auftrag ... ja, der Herd ist bestellt und soll morgen geliefert werden.
Genau.

Nun ja, auf einen Tag mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an. Es wurde also ein Termin für die Installation für heute zwischen 8 Uhr und 12 Uhr vereinbart. Also ist meine Frau zu Hause geblieben und hat gewartet.
Nix.
Kein Anruf, kein Herd, gar nix.
Also hat sie bei Bob Wallace angerufen, wo denn der Herd bleibe.
Welcher Herd?
Ahem, der Herd der heute bei uns installiert werden soll.
Nein, den Auftrag kann die Dame von Bob Wallace nicht finden.
Bitte nochmal suchen - immerhin hatte meine Frau gestern mit dem Manager der Firma gesprochen und diesen Termin abgemacht.
Nach langem hin und her fand die Dame am anderen Ende der Leitung schließlich doch noch den Auftrag - da es sich bei dem Herd um eine "Low End Range" handelt, war er ganz unten auf der Liste und somit am Ende des Auslieferungsplans für heute.
Und nein, ändern könne sie da gar nichts, da müsste der ganze Auslieferungsplan umgestellt werden und das könne nur der Firmenchef selber autorisieren.

Prima.
Meine Frau also die Hausverwaltung angerufen, diesmal die Chefin selbst.
Die ist dann ob der Erwähnung der "Low End Range", also des "Billigofens" in die Luft gegangen. Immerhin hat das Ding über 700 Dollares gekostet und überhaupt, was ist das für eine Firmenpolitik die Auslieferungsreihenfolge nach dem Wert der Ware zu sortieren?!
Mehrere wutentbrannte Anrufe später hatte meine Frau das hoch- und heilige Versprechen, dass der Herd noch heute installiert werden würde - und die Mannschaft dabei Überstunden machen müsste.

Irgendwann nachmittags stand dann die Herd-Crew vor der Tür. Mit dem neuen Herd, den sie gleich in unserer Empfangshalle abluden.
Und sich dann wieder trollten - der alte Herd war nämlich noch nicht ausgebaut und dafür waren sie nicht zuständig. Da es sich um einen Gasherd handelt, musste das durch einen Fachmann gemacht werden, der sich mit Gasleitungen auskannte.
Also wieder ran ans Telefon.
Nach einiger Zeit kam dann der Klempner und löste den Herd von der Gasleitung. Aber nein, mitnehmen würde er den alten Herd nicht ... dafür sei er nicht zuständig.
Telefon.
So gegen 5 Uhr stand dann die Installationscrew vor der Tür - samt dem Service Manager von Bob Wallace, der sicherstellen wollte dass er nicht wieder von angepissten Frauenzimmern angerufen wurde.
Und dann ging alles so richtig schnell - innerhalb einer Stunde war der alte Herd auf den Truck verladen und der neue Herd installiert.

Und dann mussten wir ihn noch "einheizen". Zwei Stunden lang immer wieder auf Höchsttemperatur bringen, damit die Beschichtung, die das Werk für den Transport aufgetragen hatte, verdampfte. Unser ganzes Haus stinkt momentan wie eine brennende Plastikfabrik.
Aber immerhin, jetzt haben wir endlich wieder einen funktionierenden Backofen - gerade rechtzeitig bevor die Weihnachtsbäckerei anfängt.
Dass er dabei eigentlich genauso aussieht, sich bedienen lässt und die gleichen spärlichen Funktionen hat wie unser alter Ofen stört uns nicht weiter. I-Phones und ähnliche Spielereien können sie entwickeln, aber haushaltsgerätetechnisch sind sie hier in Amiland auf dem Stand der 1960er Jahre stehen geblieben.
Aber eigentlich braucht man hier ja auch keinen Herd - man geht einfach in den nächsten Fast-Food-Laden. Haben wir heute Abend dann auch getan - der neue Herd ist mit dem Auslüften der Schutzschicht noch nicht fertig ...



Monday, October 15, 2012

Like Daddy

Seit Anfang diesen Jahres nehme ich oft meinen kleinen vierjährigen Sohn mit auf kleine Fototouren. Vor ein paar Wochen habe ich ihm eine meiner abgelegten Kameras geschenkt, damit er auch selber Bilder machen kann. Was er dann in der Folgezeit auch ausgiebig getan hat.
Die einfache Pocket-Knipse hat ihm dann wohl nicht mehr gereicht und so entschloss er sich heute mal in Papas Fotoausrüstung zu stöbern.
Zielsicher hat er sich dabei das mit rund 1100 Dollares teuerste Objektiv das ich habe heraus gegriffen, plus ein paar anderen Kleinteilen.
Damit hat er dann in seinem Zimmer "Fotografieren wie Daddy" gespielt.
Nun ist das nicht so, dass ich meine Objektive und Kameras einfach so für kleine Kinderhände zugänglich überall herum liegen habe. Aber das stört unseren Alles-Ausprobierer nicht sonderlich - er weiß wo die Sachen sind und wie er dort mithilfe von herumstehenden Stühlen und dergleichen heran kommt.
Ich war begeistert und außer mir vor Freude, als seine große Schwester ankam um zu verkünden dass ihr kleiner Bruder sie nicht mitspielen lasse beim Fotografieren mit Daddy's Sachen.
Nein, ich kann ihm da eigentlich gar nicht böse sein - eher sollte ich mich wohl geschmeichelt fühlen dass mein Sohn mich nachahmt. Allerdings war die Reinigung der Glasflächen von seinen Fingerabdrücken dann etwas auf das ich gut hätte verzichten können. Zum Glück hatten die Elektronik und die Mechanik des Objektives nichts abbekommen - jedenfalls so weit ich das im Moment beurteilen kann. Da muss ich erst noch ein paar Testreihen durch führen.
Das wird sicher nicht der letzte Bolzen sein, den sich mein Sohn geleistet hat. Das wird noch heiter werden ...

Silicon Valley

Plötzlich waren unsere Fußböden glatt. Und auf dem Laptop meiner Frau lag ein öliger Film. Und auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch auch. Und auf dem Schreibtisch selbst.
Wir fragten uns woher das kam - dass es zwar am heftigsten im Arbeitszimmer meiner Frau vor kam, davon aber offensichtlich auch der Fußboden im unteren Stockwerk betroffen war, schloss eine lokale Ursache so gut wie aus. Also etwas globales.
Die Klimaanlage. Die hatte noch nie richtig einwandfrei funktioniert und nun versprühte sie anscheinend eine ölige Flüssigkeit durch die Ventilationsschlitze in den Zimmerdecken. Kühlflüssigkeit. Das musste es sein, wir hatten ein Freonleck in unserer Klimaanlage.
Sofort ausstellen und den Notdienst anrufen. Klar, es ist Sonntag und selbst im kundenorientierten Amiland ist der vom Vermieter vorgegebene Notdienst nicht erreichbar.
Macht auch erstmal nichts, die Klimaanlage ist aus und kann so keinen weiteren Schaden anrichten.
Erste Versuche die Ölschicht vom Laptop zu entfernen fruchten allerdings auch nichts - das schmiert nur noch mehr wenn man darauf herum reibt.
Also erstmal die Versicherung angerufen und vorsorglich einen Versicherungsanspruch angemeldet - vor meinem geistigen Auge sah ich schon die Grundreinigung unseres Hauses auf uns zu kommen, inklusive Tiefenpflege der Teppiche und Entsorgung der kontaminierten Oberflächen auf einer Giftmüllhalde.
Und natürli8ch war meine Versicherung problemlos zu erreichen - und Josh sprach sogar richtiges Amerikanisch und nicht irgendeinen indischen Dialekt. Vielleicht hatte ich durch Zufall auch nur einfach den amerikanischen Supervisor der indischen Telefonsklaven ans Rohr bekommen - egal, innerhalb von fünf Minuten hatte ich jedenfalls eine Referenznummer, die Adresse von drei industriellen Reinigungsunternehmen hier in der Gegend und die Zusage dass sich am nächsten Tag ein örtlicher Vertreter bei mir melden würde.

Am nächsten Tag dann erstmal sofort zum Vermieter - wir brauchen sofort eine Klimaanlagenfirma die den Schaden an der Anlage repariert. Denn tagsüber wird es bei uns in Nord-Alabama auch im Oktober noch an die dreißig Grad warm. Außerdem muss erst die Belüftung des Hauses wieder funktionieren, ehe wir daran denken können mit der Reinigung - die bestimmt den heftigen Einsatz von Chemikalien beinhaltet - zu beginnen.
Und prompt steht Chad vor der Tür.
Dumm nur, dass Chad nichts finden kann. Die Klimaanlage funktioniert einwandfrei, es ist kein Leck aufzutreiben und Chad kann sich den Ölfilm auf unseren Sachen auch nicht erklären. Mit der Klimaanlage, dessen ist er sich allerdings sehr sicher, hat das nichts zu tun.
Na prima. Was also ist es dann?
Da beginnt es meiner Frau zu dämmern.
Für ihre Fahrradtour durch den Zion Nationalpark in der Woche davor hatte sie überlegt ihr Triathlon-Spray mit zu nehmen. Das ist eine Substanz auf Silikonbasis, die dazu dient die Haut an empfindlichen und besonders beanspruchten Stellen - wie die Innenseiten der Oberschenkel - gegen Abrieb und andere Belastungen zu schützen.
Sie hatte sich dagegen entschieden, denn so strapaziös versprach die Tour dann doch nicht zu werden und hatte die fast volle Flasche auf dem Schreibtisch stehen lassen.
Und nun war sie weg.
Eine kurze Suche im Haus produzierte sie dann recht schnell - sie war nur noch zu gut einem Drittel gefüllt.
So langsam dämmerte es uns, was da passiert war. Aber um Gewissheit zu haben brauchten wir Beweise. Ein Geständnis würde es auch tun.

Nachdem wir die Kinder aus der Schule abgeholt hatten, zeigten wir ihnen die Flasche und fragten sie ob jemand etwas darüber wüsste.
Unser vierjähriger Alles-Ausprobierer verzog keine Miene - aber seine sechsjährige Schwester krähte es gleich heraus: "Ich habe gesehen, wie er es getan hat!".
Na also.
Anscheinend war der Herr Alles-Ausprobierer in einem unbewachten Augenblick mit der Sprayflasche los gezogen und hatte das Silikon-Zeug großzügig im ganzen Haus verteilt.
Hat bestimmt einen Riesenspaß gemacht.
Nicht so viel Spaß gemacht hat die Säuberung der betroffenen Sachen. Zum Glück lässt sich das Silikonspray mit Seife und Wasser wieder entfernen - aber eine Riesensauerei ist es doch.
Ach ja, und natürlich mussten wir auch die ganze Sache mit industrieller Reinigung, Versicherungsschaden und so weiter abbiegen. Braucht auch keiner.
Diesmal sind wir noch relativ glimpflich davon gekommen - mal sehen, was dem kleinen Schlawiner als nächstes einfällt ...