Friday, April 30, 2010

RAW

Bis 1985 gab es in der BRD drei Fernsehprogramme - ARD, ZDF und jeweils ein Regionalprogramm der ARD. Wir Glücklichen, die wir recht nah an der Zonengrenze zur DDR wohnten, konnten auch noch deren TV empfangen. Was insbesondere am 1. Mai immer sehr lustig war, wenn stundenlang die Parade der Arbeiter und Bauern vor den starren, wie Wachspuppen wirkenden Lenkern des Arbeiter- und Bauernstaates vorbeidefilierten. Die Betriebskampfgruppe Schwarze Pumpe, ihre Wehrhaftigkeit mit über den Bierbäuchen gehängten Kalashnikovs demonstrierend, war mein heimlicher Favorit. Bizarr.

Dann kam, natürlich nur im Westen, das Satellitenfernsehen und alles war plötzlich anders - RTL, SAT1, MTV, Sportkanäle, Nachrichtensender, Tutti Frutti mit Hugo Egon Balder und die Senkung der Schamgrenze um mindestens zwei Meter.
Wie gut zehn Jahre später mit dem Internet hat man erstmal alles, was angeboten wurde, kritik-  und gedankenlos in sich hineingesogen. Ein gutes Jahr lang habe ich alles ausprobiert was mir da entgegenflimmerte, egal wie sinnfrei das auch teilweise gewesen sein mag.
Dann war plötlzlich der Reiz des Neuen weg und ich zappte nicht mehr indigniert an den öffentlich-rechtlichen Sendern vorbei, auf der Suche nach dem nächsten Kick. Zumal die mitlerweile in einem Anspassungsprozess waren - Werbung, Titten und Skandale waren auf einmal auch in den bisher so unangreifbar erscheinenden Elfenbeintürmen des Konservativismus und der Tradition nicht mehr verpönt. Aber bis dahin war der Schaden schon angerichtet, jetzt gab es sowieso kein Zurück mehr - der nächste Schritt brachte uns das Kabelfernsehen und nochmal gefühlte dreitausend Spartensender obendrauf.

Damals, in diesem öminösen ersten Jahr des Satelliten-TV, als wir alle unsere Unschuld verloren und wie völlig derangierte, debile Kaninchen vor der Schlange der schier unerschöpflichen, maßlosen Auswahl saßen, hatte ich schnell zwei Lieblingsprogramme aufgetan - die Berichterstattung über Baseball und die WWF, die World Wrestling Federation.
Nun ja, bei Baseball bin ich dann geblieben, als Spieler, Trainer und Manager bei den Fischbeck Sharks und danach natürlich als Live-Zuschauer während meiner Aufenthalte in den USA.
Das Interesse am Wrestling ist dann allerdings nach einiger Zeit deutlich abgeflacht - man wird halt einfach älter und weiser und um Wrestling wirklich gut zu finden braucht man entweder die Neugier oder den Entwicklungsstand eines Siebenjährigen. Nun, die Neugier war irgendwann befriedigt ...

Mittlerweile hat sich der Wrestling-Zirkus in WWE - World Wrestling Entertainment - umbenannt. Auch gibt es die tollsten Ereignisse nur noch im Bezahlfernsehen zu bewundern, im "normalen" Kabel laufen Zusammenfassungen und alte Kämpfe von vor ein paar Wochen. Aber sie tingeln immer noch durch die Lande und unterhalten die Massen live. Irgendwie so wie es die Rolling Stones auch machen, nur dass die Wrestler mittlerweile ihre Mick Jagger und Keith Richards durch junge, unfaltige Talente ausgetauscht haben. Die Helden meiner Wrestling Zeit - "Hacksaw" Jim Duggan, Hulk Hogan, The Bushwackers, "Rowdy" Roddy Piper - sind schon längst auf dem Altenteil. Nur der Undertaker, ein Jahr jünger als ich alter Knochen aber immerhin noch nicht ganz so alt wie Keith Richards, ist immer noch dabei.

Ansonsten hat sich einiges geändert. Die großen Selbstdarsteller vom Schlage eines Hulk Hogan oder eines "Macho Man" Randy Savage gibt es nicht mehr. Der typische Wrestler von damals war eine Mischung aus Operettendiva, Clown und 300-Pfund-Gorilla. Heutzutage ist der Gipfel der Extravaganz erreicht, wenn einer mal ein mit Straßsteinchen besticktes Höschen trägt. Auch sind die Körper sehr viel athletischer geworden - mit Muskelmasse anstatt einfach nur Masse. Dementsprechend akrobatisch sind dann auch viele Kämpfe. Das hat schon etwas von chinesischen Kung-Fu Filmen und ist sportlich fast schon olympiareif. Leider gibt es dafür bei Olympia keine Kategorie und mal ganz ehrlich, wie sollte man denn auch entscheiden, wer der Sieger ist?
Denn natürlich sind die "Kämpfe" vorher abgesprochen und die Schläge, Sprünge und Wurfeinlagen akribisch geprobt. Das muß auch so sein, denn wenn sie richtig kämpfen würden, wären schwerste Verletzungen vorprogrammiert. Wer soetwas sehen will, der sehe sich die Ultimate Fighting Challenge an.
Dies hier ist aber gute harmlose Familienunterhaltung.
Und so fanden sich denn auch heute überwiegend Familien mit Grundschulkindern ein - der WWE Zirkus machte nämlich Station in Huntsville.

Also nix wie hin, ist schließlich - wie Western, das A-Team und Batman - ein Teil der amerikanischen Prügel-Kultur. Die Bösen verlieren immer, die Guten haben höchstens mal einen Streifschuß und die Moral  von der Geschicht ist, dass Amerika das Größte, Schönste und Beste ist, weil die Guten immer gewinnen und die Bösen immer verlieren. So einfach ist das. Versteht jeder Siebenjährige.
Na ja, die chauvinistischen Unter-, nein, Obertöne, haben die Kleinen natürlich nicht mitbekommen. Da war ein russischer Wrestler (ein Böser natürlich), der das Publikum in seiner  Muttersprache adressierte. Woraufhin er ausgepfiffen wurde. Dann bestieg der Gute den Ring (ein schwarzer Fleischklops) und erklärte ihm, dass hier Englisch gesprochen würde und dass er sich gefälligst daran zu halten hätte. Worauf das Puklikum "USA, USA" skandierte. Das gleiche passierte dann auch noch mit einem spanisch sprechenden Wrestler und einem, den sie als Italiener ausgaben, der aber einen deutlichen britischen Akzent besaß. Widerlich.

Die "Kämpfe" selbst liefen immer nach dem gleichen Schema ab - der Böse schlug den Guten mithilfe mieser Tricks und unfairer Manöver zusammen, bis das Publikum dem Guten mit Anfeuerungsrufen wieder Leben einhauchte, der sich daraufhin berappelte und mit einer letzten übermenschlichen Anstrengung (einem spektakulären Wurf/Sprung/Kombination aus beidem) den Bösen überwand. Rasender Applaus, der Böse windet sich in Agonie auf dem Ringboden, der Gute humpelt triumphierend aus der Halle - nächster Kampf.
Und die Moral von der Geschicht - niemals aufgeben, immer fair bleiben, auf die Hilfe seiner Freunde zählen, an Gott, an die USA und an sich selbst glauben und schon wird alles gut.
Wie gesagt, ein Siebenjähriger versteht das sofort.

Die handelnden Figuren sind dabei natürlich schwarz und weiß gezeichnet - die Guten sind alle lustig, fröhlich und gut drauf, die Bösen sind feige, hinterlistig, verschlagen und mißmutig. Wie im richtigen Leben.
Ganz interesant zu beobachten war, dass man live tatsächlich viel deutlicher sieht wie die Schläge daneben gehen oder mit fast gar keiner Wucht am Körper des Gegners landen. Das ist wie im Hollywood-Western, wenn sie sich im Salon prügeln.
Allerdings ist die akrobatische Leistung schon atemberaubend. Während früher maximal ein einfacher Sprung vom obersten Seil der Ringecke auf den armen, bereits am Boden liegenden Gegner drin war, ist heute von gleicher Position, allerdings auf den noch stehenden Gegner, ein doppelter Rückwärtssalto nicht Außergewöhnliches mehr. Und das alles ohne Netz und doppelten Boden. Die reinsten Zirkusnummern.
Dem stehen auch die Mädels in nichts nach, denn seit einiger Zeit gibt es in der WWE auch eine Frauenliga. Und das sind wahrlich keine Flintenweiber, die sich da herumkeilen, sondern durchtrainierte Unterhaltungs-Sportlerinnen, die ihren Job genauso ernst nehmen wie die Männer.

Nun ja, umgeben von lauter durchdrehenden Grundschülern, bei jeder Ankündigung eines neuen Kampfes zugedröhnt mit Heavy Metal Musik, nicht wissend wer zum Geier all diese Typen im Ring waren, wurden unser Großer und ich trotzdem sehr gut unterhalten. Und mit uns bestimmt dreitausend weitere Leute - das von Braun Center war allerdings nicht ganz ausverkauft.
Und nachher stellte sich dann heraus, dass wir tatsächlich alle Superstars der WWE Raw-Liga zu sehen bekommen hatten. Inklusive dem Titelträger, John Cena, dessen orangene Logo-T-Shirts zu hunderten im Publikum zu sehen waren.
Ein Titelmatch um den Frauentitel zwischen keine Ahnung wer die Blonde war und der brünetten Titelverteidigerin die sicherlich auch irgendeinen Name hat, haben wir zu sehen bekommen.
Und der Höhepunkt des Abends war das 6-Mann-Tag-Team Match zwischen drei Bösewichten auf der einen Seite, einem jamaikanischen Muskelzwerg, The Big Show (einer der wenigen einfach-nur-dick-Wrestler) und John Cena auf der anderen Seite. Einmal darf man raten, wer gewonnen hat ...





 


Roses

Als wir in unser Haus eingezogen sind, ist meiner Frau aufgefallen, dass am Haus entlang wohhl mal Rosenbüsche gestanden haben mußten. Nur leider waren die praktisch bis auf die Wurzeln abgeschnitten worden von den ehemaligen Besitzern. Nun ja, sie hat die traurigen Reste trotzdem freigelegt - und dann haben wir das Ganze völlig vergessen (war ja auch so schon mehr als genug los in den vergangenen zwei Jahren ...).
Bis plötzlich in diesem frühjahr, nach diesem so überaus kalten und langen Winter, ein paar der Büsche wieder anfingen zuwachsen. Und als dann Ende April das Wetter endlich wieder warm wurde - bummm - explodierte die Natur und mit ihr unsere Rosenbüsche.
Tiefrote Blumen sind es, fast schon ein wenig ins violet gehend. Wunderschöne Farbe und die Büsche sehen auch sehr gesund aus - es sind jede Menge Knospen dran.
Wir freuen uns sehr darüber, dass die Rosen sich doch noch mal berappelt haben. Das gibt dem Haus einen ganz anderen Charme.
Leider werden wir sie wohl nicht mitnehmen können um sie in Deutschland wieder anzupflanzen - die sechswöchige Reise im Container übersteht keine Pflanze. Aber jetzt freuen wir uns erstmal an ihrem Anblick und dann pressen wir eben ein paar Blätter und nehmen die mit. Und ein paar Fotos werde ich sicherlich auch noch davon machen ...



Ain't nothing like 'em nowhere

Es gibt drei Dinge, die dem Südstaatler heilig sind: College Football, Sweet Tea und BBQ.
Die nationale Meisterschaft der University of Alabama (Roll Tide!) haben wir im Januar gebührend mit gefeiert - ich habe sogar ein T-Shirt auf dem steht "We messed with Texas" (zur Erklärung: T-Shirts mit dem Aufdruck "Don't mess with Texas", also sinngemäß "Ihr Nicht-Texaner, macht uns ja nur nicht dumm an", sind außerordentlich beliebt im Lone Star State, fast noch beliebter als Cowboyhüte und Schlangenlederstiefel; und der Finalgegner von Bama waren die Longhorns von der University of Texas).
Iced Tea, allerdings in der ungesüßten Variante, ist in unserem Haus soetwas wie ein Nationalgetränk. Und BBQ - da sind wir voll Fan von!
Man könnte meinen, die Borg ... ahem, die Südstaatler hätten uns bereits vollständig assimiliert.
Nun ja, auch in diesem Fall ist Widerstand zwecklos - vor allen Dingen, wenn man durch Land und Stadt fährt und einem an jeder Ecke der Duft von frischem BBQ um die Nase weht.
Also waren wir heute mal wieder los, einen neuen BBQ Schuppen ausprobieren.
Allerdings, ganz so neu ist er auch nicht mehr, es gibt ihn immerhin schon seit 1958 in Huntsville - eine echte Institution also.
Das Dreamland hat, wie jeder BBQ Place der seinen Namen wert ist, eine ganz eigene Zubereitungsart und auch eine eigene Spezialsauce. Die wirklich verdammt gut ist - weniger tomatig als die anderen, dafür mit Curry, leicht scharf aber auch sehr fruchtig.
Dazu gibt es dann Rippchen, gepultes Schweinefleisch (mit Kruste! Göttlich!), Hühnerschenkel oder Bratwurst. Und man hat die Wahl zwischen Kartoffelsalat, Cole Slaw mit Essig oder Mayonnaise oder roten Bohnen als Beilage. Die Speisekarte ist also recht übersichtlich gehalten ...
Die Portionen sind nicht besonders üppig (bei Tom's BBQ gibt es für weniger Geld mehr), dafür ist es vom Geschmack her superklasse.
Serviert wird alles auf Styropor-Tellern mit Plastikbesteck. So muß es sein, auf Porzellan schmeckt BBQ einfach nicht (... nicht, dass ich das jemals probiert hätte - ich will ja nicht als Häretiker geteert und gefedert werden ...). Dazu unsweetened iced tea und die Welt ist in Ordnung.
Der Laden selbst ist ganz nüdelig, mit elf Fernsehern an den Wänden, die Sport und Nachrichten zeigen und zerschlissenen roten Kunstlederbänken. Dazu jede Menge Memorabilia und Poster der Crimson Tide an den Wänden - hier fühlt sich der Südstaatler wohl. Und wir auch ...





Saturday, April 24, 2010

Breakfast with Butterflies

Schmetterlinge mögen keinen Regen. Sie brauchen Sonne und warmes Wetter. Das hatten wir hier in Huntsville Ende April auch regelmäßig - nur dieses Jahr klappte das nicht so richtig. Der Frühling ist ungewöhnlich kalt und verregnet, nachdem der Winter schon ungewöhnlich kalt und lang war.
Und heute ist dann hier im Tennessee Valleyeine Sturmfront durchgezogen, die es in sich hatte. In Mississippi sind durch Tornados, die aus diesem Sturm entstanden sind, zehn Menschen ums Leben gekommen. Und auch hier hatten wir Tornado Watch den ganzen Tag.
Kein Wetter für Schmetterlinge also.
Das hielt aber den Botanischen Garten in Huntsville nicht davon ab, wie jedes Jahr Ende April, die Schmetterlingssaison zu eröffnen. Das wird im Rahmen eines Frühstücks im Schmetterlinghaus getan und danach darf dann jedes Kind einen der Falter freilassen.
Das Problem dieses Jahr war, dass die Viecher partout nicht aus ihren Kästen herauskommen wollten - da drin war es warm und trocken, während es durch das Gitterdach des Schmetterlinghauses immer wieder durchregnete und ein kalter Wind durch die Maschen pfiff.
Eine große Gaudi war es trotzdem und da es außerdem noch Schildkröten, Schlangen und (flugunfähige) Wachteln zu sehen gab, waren die Kiddies zufrieden. Um die Schmetterlinge dann auch tatsächlich einmal fliegen zu sehen, müssen wir einfach auf besseres Wetter warten ...




Thursday, April 22, 2010

Ashes

Da bin ich diese Woche (mal wieder ...) auf einer Dienstreise in Orlando gewesen.
Leider ist das eine so kurze Flugstrecke, dass ich noch ewig brauchen werde um endlich eine Stufe aufzurücken in der Vielfliegerhierarchie von US Airways - mit 25000 Flugmeilen werde ich dann Silberdividentehrenflieger oder so und darf endlich früher rein ins Flugzeug. Im Moment borde ich den Flieger in der letzten Gruppe, Zone 4. Das stinkt, zumal ich bei Delta, mit denen wir bis Ende letzten Jahres immer geflogen sind, 24700 Meilen auf dem Konto hatte. Dann verloren die den Deal mit der Regierung und seitdem fliegen wir US Airways - und haben mit unseren Vielfliegerkonten bei Null wieder angefangen.

Aber das nur nebenbei.
Nach Orlando also, über Charlotte, was ein wirklich schöner, heller, freundlicher und übersichtlicher Flughafen ist, nicht so ein Moloch wie Atlanta. Das auch nur mal so nebenbei.
Was ich eigentlich sagen will ist, dass wir ja auch sehr häufig Vertreter aus Deutschland bei unseren Meetings haben. Nur diesmal nicht. Die konnten nicht fliegen, wegen des Flugverbotes über ganz Europa aufgrund der Aschewolke nach dem Ausbruch des Vulkans auf Island.
Also wurde eine Videokonferenz gemacht. Nur blöd mit der Zeitverschiebung, die in Deutschland saßen bis elf Uhr abends vor dem TV ...

Saturday, April 17, 2010

Serving the City as One

 

Der Gemeinschaftssinn ist ja hier in den USA durchaus eine allgemeingültige Charaktereigenschaft der Gesellschaft.
Wo man kann, hilft man - das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Es war das Jahr 1996, ich war auf dem Weg von Dothan nach Enterprise und bei meinem Thunderbird war der hintere rechte Reifen geplatzt. Also habe ich den Automobilclub angerufen. Und siehe da, nach ein paar Minuten hielt dann auch ein Truck mit allerlei Werkzeugen und Gerätschaften neben mir. Der Mann im schmutzigen Overall machte gar nicht viele Worte, sondern holte den Reservereifen hervor (den ich nicht gefunden hatte - der war ganz blöd in der Seitenverkleidung des Kofferaums versteckt ...), pumpte ihn auf (... natürlich war auch keine Luft mehr drauf - immerhin war der Thunderbird schon neun Jahre alt und der Reifen garantiert nie gewartet worden ...) und wechselte ihn. Das ging ruck-fatz und nach der Frage ob ich denn sonst noch was brauchen würde, die ich verneinte, brauste er wieder ab. Ich war gerade wieder eingestiegen und wollte losfahren, da hielt ein weiterer Truck neben mir an - das war der vom Automobilclub geschickte ....
Soetwas ist hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel - man hilft sich einfach gegenseitig, wo man kann.

Natürlich gibt es auch organisierte Hilfe. So findet einmal im Jahr in Madison und Huntsville eine Aktion statt, die sich "Serving the City as One" nennt.
An einem Samstag im April trifft man sich in verschiedenen Kirchen (... es läuft hier fast alles über die Kirchen) und tut Gutes.
Darunter sind dann Dinge wie Süßigkeiten in Polizeistationen und Feuerwachen verteilen, eine kostenlose Autowäsche anbieten, Rollstuhlrampen in Privatwohnungen bauen, den Spielplatz im Dublin Park aufräumen und mulchen, Decken für Altenheimbewohner herstellen, Briefe mit netten Botschaften an Krankenhauspatienten schreiben und in der Stadt umhergehen und bei Feuerwachen, dem Rathaus und Polizeistationen beten.

In Madison waren es gut und gerne dreihundert Leute (darunter meine Frau), die sich in der Turnhalle der Crosspointe Church versammelt hatten um die diversen Projekte durchzuführen.
Vieles davon sind sicherlich eher kleine Projekte, wie die Polizei und die Feuerwehr mit Süßigkeiten zu versorgen, manche muten uns nüchternen Europäern sicherlich auch eher merkwürdig an (... beten in der Feuerwache ...), während andere, wie die Rollstuhlrampen für Leute, die es sich nicht leisten können ihr Haus behindertengerecht zu machen, oder Decken für Altersheimbewohner herzustellen, eine echte fassbare Hilfe darstellen.

Der Sinn ist aber gar nicht so sehr, wirklich etwas furchtbar nützliches und sinnvolles auf die Beine zu stellen. Es geht vielmehr darum, ein Zeichen zu setzen und die Leute daran zu erinnern, wann immer möglich etwas für die zu tun, die das Leben nicht so begünstigt hat oder die dafür sorgen, dass wir sicher und in Frieden leben können. Und auch, denen zu zeigen, daß sie nicht vergessen sind und man sich um sie kümmert.
Und da ist jede Kleinigkeit, jede Geste, jeder gute Gedanke willkommen. Und wer weiß, vielleicht hilft es dem Bürgermeister ja besser zu regieren, wenn man ordentlich für ihn betet ... er kann jede Hilfe wirklich gut gebrauchen.

Sunday, April 11, 2010

Chicken & Egg Festival

Alabama produziert mehr als eine Milliarde Hühner im Jahr. Damit ist man die Nummer 3 (hinter Georgia und Arkansas) der 50 Staaten der USA. Beim Verzehr dieses Berges Federvieh dürften wir dann aber mit großem Vorsprung die Nummer 1 sein.
Das Huhn ist also quasi das inoffizielle Wappentier von Alabama und deshalb findet ihm zu Ehren jedes Jahr im April in Moulton das große Alabama Chicken and Egg Festival statt.
Das ist ein großes Volksfest mit Karussellen, Freßbuden, Kunsthandwerk aus der Region, Ponyreiten, Traktorausstellung, Streichelzoo, Chicken Bingo (man wirft sich gegenseitig rohe Eier zu bis sie platzen ...) und Live-Musik.
Das Festival ist unter den zehn "verrücktesten" Veranstaltungen in Alabama gelistet, neben so illustren Ereignissen wie dem Rattlesnake Rodeo in Opp und den UFO Days in Fyffe.

Nun ja, ganz so bizarr war es dann doch nicht - es gab relativ wenig Huhn und Ei zu sehen, allerdings boten die Freßbuden ausschließlich Huhn-basierte Leckereien an (Chicken stuffed Potatoe, anyone ...?).

Interessant war der Bucking Bull Effie, der von seinem stolzen Besitzer präsentiert wurde wie ein Home Run Champion. Yeah, he's an athlete, und schon wurden Bilder aus der Brieftasche gezogen, die Effie bei Rodeos in voller Aktion zeigten.

Ansonsten sind wir eben mal da gewesen, die Kinder hatten Spaß, es war angenehm warm aber nicht zu heiß (so um die 26 Grad Celsius, mit leichtem Wind), die Fahrt nach Moulton ging auch ganz flott - es gibt schlechtere Arten, sich den Sonntagnachmittag über zu beschäftigen.




Saturday, April 10, 2010

The Great Moonbuggy Race

Eines der Dinge, die von den Astronauten des Apollo Programmes auf dem Mond zurück gelassen wurden, ist der sogenannte Lunar Rover - das Mondauto. Dieses Wunder der Technik hat den Aktionsradius der Astronauten von Apollo 15, 16 und 17 enorm vergrößert - und, so hört man hinter vorgehaltener Hand, damit in den Kratern herumzugurken machte noch mehr Spaß als auf dem Mond Golf zu spielen.
Der Lunar Rover ist seitdem zur Legende geworden, zu einem der wichtigsten Symbole des Apollo Programmes, neben der Saturn V und der Astronautennahrung. Einer der Prototypen steht im Space & Rocket Museum in Huntsville, das natürlich auch eine originale Saturn V ausstellt (die ist offensichtlich nie geflogen, sondern wurde zu Vibrationsversuchen hier in Huntsville verwendet) und eine nachgebildete Saturn V in Originalgröße vor dem Eingang stehen hat.

Um der Legende des Lunar Rover gerecht zu werden führt die NASA in Huntsville (das Marshall Space Flight Center) seit nunmehr siebzehn Jahren im April das große Moonbuggy Rennen durch - wer jemals den Film "Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" gesehen hat, hat eine ungefähre Idee worum es hier geht.

Ganz einfach -  man muß mit einem selbstgebauten Gefährt so schnell wie möglich einen Hinderniskurs (ca. 1 km lang) bewältigen. Nun ja, es gibt auch noch Preise für die leichteste Konstruktion, für die sicherste Konstruktion und so weiter. Aber das, was wirklich zählt, ist natürlich das rennen zu gewinnen.
Dabei muß der Buggy in einen Kasten von derselben Kantenlänge passen, wie damals dem originalen Lunar Rover zur Verfügung stand. Das Rennen beginnt damit, dass das Fahrerteam (immer ein Girl und ein Boy) das zusammengefaltete Gefährt zwanzig Meter weit tragen (also besser so leicht wie möglich bauen) und es dann entfalten bzw. zusammen bauen müssen.
Dann geht es um den Rundkurs und die schnellste Zeit, inklusive Zusammenbau, gewinnt.
Ganz einfach also und der spätere Sieger war bereits nach 3 min und 37 sec im Ziel.
Viele aber schaffen es gar nicht erst bis dorthin. Die zwei wichtigsten Gründe für das Ausscheiden sind mangelnde Kondition der Piloteure und das Zusammenbrechen der manchmal doch sehr fragilen Konstruktionen (wohl eher besser doch nicht zu leicht bauen ...).
Der Hinderniskurs selbst ist gar nicht so heftig - alle dreißig Meter ein ungefähr zwanzig Zentimeter hohes, welliges Schotterbett von vielleicht fünf Metern Länge, einige Male mit Autoreifen aufgefüllt (zur Simulation der Mondkrater).
Aber das - und die drei relativ langezogenen Steigungen des Kurses - überforderte so manche Maschine und ihre tapfere Besatzung. Ein Ingenieursstudent ist eben in den seltensten Fällen auch ein Hochleistungssportler (eigene Erfahrung ...). Wer nach zehn Minuten noch nicht im Ziel ist, wird vom Parcours entfernt.

Teilnahmeberechtigt sind High Schools und Universitäten weltweit - deren Teams teilweise auf das heftigste von der lokalen (Raumfahrt-) Industrie unterstützt werden. Alleine die Sponsoringliste des deutschen Teams vom International Space Education Institute aus Leipzig umfasst rund 25 Firmen.In diesem Jahr nahmen über 100 Teams aus gut zwanzig Nationen am Rennen Teil. Davon kamen sage und schreibe 28 aus Indien - man könnte meinen, die hätten auf dem Gebiet noch etwas vor.
Puerto Rico war mit dem lautesten Kontingent (Trommeln und Trillerpfeifen) vertreten, weitere Teams kamen zum Beispiel aus Serbien, Rumänien, Kanada, Bangladesch und allen Teilen der USA. Und natürlich war auch eine Handvoll lokaler Teams von örtlichen Schulen am Start.

Alles in allem eine Riesengaudi für alle Beteiligten, eine tolle Werbung für die NASA und eine großartige Idee um die Raumfahrtbegeisterung zu fördern.

Und wer hat nun gewonnen? Nun, das Team, das hierher gekommen war um zu gewinnen. Die, die  im Januar auf ihrer Website nach einer Radsportlerin aus dem Off-Road Bereich suchten.
Die Deutschen.
Gibt mir irgendwie schon ein bißchen Hoffnung, dass wir uns immer noch durchsetzten können, wenn wir zielstrebig darauf hin arbeiten. Indien macht mir allerdings Sorgen - irgendwann überholen die uns, weil sie einfach 27 mehr Chancen haben zu gewinnen.




Wednesday, April 7, 2010

Hale Fire Glass

Als ich im letzten Jahr beim Woodcarving-Kurs in der Alabama Folk School war, habe ich Terry Hale kennen gelernt.
Sie gab im gleichen Raum einen Glassperlen-Kurs und wir stellten fest, dass ihr Laden mit angeschlossener Werkstatt auch in MAdison ist - im historischen Distrikt.
Ich war fasziniert von ihrern Kreationen, die weit über einfache Perlen hinaus gehen. Sie macht das seit ungefähr vier Jahren hauptberuflich und kann davon sehr gut leben - Kunsthandwerk hat auch hier seinen Preis, der Markt ist sehr groß und sie vergößert ihn ständig durch die Teilnahme an Messen, Ausstellungen und dergleichen.
Auch an mir hat sie schon einiges verdient ... meine Frau ist auch ein Fan ihrer Kunst.



Ihre Werkstatt und einen kleinen Laden hatte Terry bisher mitten im historischen Distrikt von Madison. Gegenüber ist das Main Street Cafe, das sich im ehemaligen Gefängnis befindet, rechts entsteht eine Kunstgalerie und links ... nun ja, dort verkommen die Gebäude. Inklusive das in dem Hale Fire Glass bisher behaimatet war. Die Zeile gehört einer Erbengemeinschaft, die augenscheinlich darauf spekuliert dass die Stadt nichts unternehmen wird um die alten Häuser zu retten. Danach reißt man sie ein und baut ein paar moderne Monstrositäten hin - die Pläne existieren schon und nächstes Jahr soll es wohl schon losgehen. Eine Schande.
Bis man loslegen kann muß man aber natürlich ersteinmal die Mieter heraus bekommen. Was kein großes Problem ist, denn die Gemäuer müssen ständig gewartet und gepflegt werden nur um einigermaßen bewohnbar zu bleiben.
Als in diesem ungewöhnlich strengen Winter die Temperaturen die Schaufensterscheiben platzen ließen, ließen die Besitzer Terry wissen, dass sie das nur richten würden wenn sie einer deutlichen Mietsteigerung zustimmen würde. Frechheit.
Das ging dann ein paar Monate so hin und her, mit dem Ergebnis dass es zeitweise drinnen kühler war als draußen und man sich im Laden den einen oder anderen abfror - Plastikplanen sind bei zweistelligen Minusgraden kein adäquater Ersatz für Glasscheiben.
Zum Glück gibt es auch noch Hausbesitzer - die, zum Beispiel, denen das Main Street Cafe gehört und dazu ein halbes Dutzend anderer Häuser in der Straße. So wie das Haus neben Terry's Laden, das mit dem Gerüst davor.
Das wird zur Zeit nämlich aufwändig renoviert - neues Dach, völlige Entkernung mit anschließender Installation von moderner Elektrik, Heizung und Wasser, die Fassade wird (möglichst originalgetreu) instand gesetzt und so weiter. So macht man das.




Und diesen guten Leuten gehört auch das ehemalige Clay House Museum in der gleichen Straße. Diese Gebäude sind alle von achtzehnhundertdunnemals, also nach hiesigen Verhältnissen vergleichbar mit den Pyramiden.
Dorthin zieht Hale Fire Glass nun um. Entstehen soll dann eine richtige kleine Künstlerkolonnie, mit kleinen Werkstätten für ausgesuchte Kunstschaffende aus Madison und Huntsville. Man hat vor das zu einer lebenden Galerie zu machen, mit Kursen, Parties und einem kleinen Cafe. Tolle Idee. Mal sehen, was davon umgesetzt wird.
Denn, wie es hier so typisch ist, am 5. April mußte Terry aus dem alten Haus draußen sein, heute, am 7. April sieht es natürlich  nicht so aus als ob das bald passieren würde.
Das neue Haus ist weit entfernt davon fertig zu sein, es liegen Baumaterialien vor dem Eingang und es war heute morgen, als ich mal eben vorbeigefahren bin,  auch irgendwie keine hektische Betriebsamkeit zu entdecken. Der Umzug aus dem alten Laden ist natürlich auch noch nicht gelaufen, der große Arbeitstisch steht noch drin und jede Mange Kleinkram dazu.
Da kann man nur hoffen, dass sie das eine Provisorium nicht gegen ein anderes eingetauscht hat ...


Nachtrag am 10.Mai 2010:
Ich bin heute mal bei Terry gewesen - ein Chaos ... der neue Termin für die Eröffnung des neuen Shops ist nun der 04. Juni - und wenn das nicht klappt der 11. Juli, weil sie dazwischen andauernd unterwegs ist.
Letzte Woche ist sie zum ersten Mal seit über einem Monat dazu gekommen sich an ihren Bunsenbrenner zu setzen. Wenigstens steht der Arbeitstisch jetzt, nur die (dringend notwendige) Abzugshaube fehlt  noch. Die mußspeziell gefertigt werden, denn der Raum in dem sie nun arbeitet hat ein Schrägdach.
Ich habe übrigens vier der sechs Mit-Künstler getroffen. Die waren eifrig dabei zu streichen, zu werkeln, aufzuräumen und so weiter. Das Haus ist wirklich riesig und wenn alles einmal fertig ist, wird das eine richtige Künstlerkolonnie. Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg ...

Friday, April 2, 2010

Good deal

Als wir in Deutschland unseren Fiat Doblo gekauft haben, sind wir zum Autohaus gegangen und haben ersteinmal eine Probefahrt gemacht - mit einem Beziner, denn den Diesel den wir wollten hatten sie nicht da. Als nächstes dann mit dem Autohändler zusammen gesessen und Broschüren gewälzt - Farbe, Ausstattung, Motorisierung, Extras ... und danach die kurze Preisverhandlung, den Auftrag unterschrieben und wieder gegangen.
Nach fünf Wochen dann ein Anruf - er wird in den nächsten zwei Tagen ausgeliefert, man mache sich bereit zur Übernahme.

Beim Versa-Kauf diese Woche hat das Ganze drei  Stunden gedauert - inklusive Kaffee beim Starbucks, shoppen in der Hobby Lobby, aller Papierkram erledigt, Scheck von der Bank geholt und Auto bezahlt - dann sind wir mit unserem neuen Auto vom Hof gefahren.

Zunächst wollten wir ja zum örtlichen Nissan Dealer nach Huntsville fahren (der an diesem Tag übrigens bis Mitternacht aufhatte ... es war Quartalsende, siehe weiter  unten). Ein kurzer Blick ins Internet verriet uns aber, dass das gleiche Model (Ausstattung, Farbe) beim Dealer in Decatur (ca. 30 Minuten entfernt) $160 billiger angeboten wurde. Außerdem ist in Decatur die Sales Tax um einen halben Prozentpunkt niedriger als in Huntsville, was nochmal runde $100 ausmachen würde. Also haben wir den Minivan gesattelt und sind nach Decatur gefahren.

Noch bevor wir den Motor unseres Dodge Caravans auf dem Kundenparkplatz bei Lynn Layton Cadillac-Nissan in Decatur, Alabama ausgemacht hatten, kam er schon aus der Eingangstür, den Blick taxierend auf seine neuesten Opfer gerichtet - der Autoverkäufer. Der allgemeine Konsens hier in Amiland, den ich aus eigener leidvoller Erfahrung beim Versuch in 2008 einen Kia Mini-Van zu kaufen (wir fahren bekanntermaßen Dodge stattdessen ...) voll bestätigen kann, ist dass der Carsalesmanus Americanus eine ganz eigene Unterart des Menschen darstellt - schleimig, aggressiv, listig, verschlagen, unehrlich und generell unangenehm. So eine Mischung aus Schlange und Blutegel auf zwei Beinen.

Tatsächlich stellte sich dann heraus, dass Tim ein echter Southerner (mit Southern Drawl - das ist diese eigentümliche Art und Weise wie sie hier sprechen) ist, nett und zuvorkommend, gar nicht aggressiv und ganz sicher nicht schleimig. Ein Mensch, der Sweet Home Alabama als Klingelton auf seinem Handy hat, bei dem ein Taschenmesser an der Hosentasche hängt, dessen sechzehn Jahre alte Tochter den Sport des Barrel-Racing (ist so eine Art Slalom zu Pferde, nur nicht mit Stangen sondern mit Tonnen) betreibt - auf die ist er furchtbar stolz - und in dessen Büro eine Bibel auf dem Aktenschrank liegt, kann eigentlich gar kein schlechter Mensch sein.

Also dann, wir wußten was wir wollten (Ausstattung: Klima, ABS, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, Automatic; Farbe: Grau-Metallic; Motor: 1.8l; Variante: Fließheck) und wußten auch was sie auf dem Hof stehen hatten, Internet sei dank.
Zwei Autos die in Frage kamen, einen herausgepickt, eingestiegen und Probe gefahren. Nach kurzer Zeit war klar - den nehmen wir, das Autochen ist in einigen Belangen (extrem enger Wendekreis, Übersichtlichkeit, hohe Sitzposition, tiefe Rückbank) besser als wir uns das vorgestellt hatten. In anderen Bereichen ... nun, es kommt nicht mit einer Kofferaumabdeckung, die muß man separat kaufen. Keine Sorge, sagte Tim, wenn ihr das nächste Mal zum Ölwechsel hierher kommt, ruft mich vorher an und ich gebe sie euch zum Einkaufspreis.

Nun ja, welches Auto wir nehmen würden war nun klar, jetzt begann der Tanz um die zweite und dritte Stelle des Preises.
Wir waren am letzten Tag einer großen Rabattaktion gekommen, also wußten wir dass wir $1250 sowieso in der Tasche hatten. Außerdem war es Quartalsende und somit Rechnungsabschluß mit dem Hersteller und wenn sie da noch ein Auto mehr mit draufschreiben könnten, würde die Prämie noch ein wenig steigen.
Ob wir denn bereit wären heute zu kaufen, fragte Tim. Nun ja, antwortete meine Frau, wenn der Preis in Ordnung ist ... das wirkte. Denn eines ist ganz klar - wenn sie ersteinmal eine Kaufabsichtszusage haben ist der Preis kein wirklicher Hinderungsgrund mehr. Die lassen dann nicht eher locker, als bis sie eine Unterschrift haben.
Also gingen wir in Tim's schmuckloses Kabuff und er schrieb eine Zahl auf einen Zettel - Rabatt, Mark-Down, Gebühren, Steuern. Nicht übel, schon in der Nähe aber natürlich noch zu hoch.
Er müsse mal "ihn" fragen, sagte Tim, ob da noch was zu machen sei und verschwand.
Standard Taktik. Es gibt immer einen "ihn", den sie erst fragen müssen, war bisher bei allen vier Autos die ich hier in Amiland beim Dealer gekauft habe so. Keine Ahnung, ob es diesen Mystery-Man wirklich gibt oder ob das nur eine Masche ist den Kunden im eigenen Saft schmoren zu lassen, ihm Zeit zu geben nachzudenken über sein schändliches Ansinnen den Preis zu drücken - wir sind doch alle Amerikaner, Patrioten und von der Ökonomie gebeutelt, wie kannst du da nur verlangen ...
Nun gut, Tim kam zurück und erzählte uns irgendetwas von einem splitting-Manöver das sie tun würden oder so ... völlig egal, er hätte auch erzählen können dass sie einen versteckten Bonus für Yankee-Fans entdeckt hatten, weil die letztes Jahr die Meisterschaft gewonnen haben. Ist mir doch Banane, wie die zu ihren Zahlen kommen. Ich will nur wissen, was die Bottom-Line ist, der Betrag der nachher auf dem Scheck stehen wird.
Und das haben wir Tim auch gesagt. Und dass wir jetzt mal eben kurz herausgehen um uns zu beraten. Nicht mit "ihm" sondern nur wir zwei unter uns selbst.
Meine Frau schlug vor zu versuchen mit dem Lockmittel "Barzahlung" den Preis nochmals zu drücken.
Gesagt, getan, sie sagte ihm unseren Wunschpreis, er ging heraus um "ihn" zu konsultieren und nach kurzer Zeit kam er wieder und sagte, dass "er" zugestimmt hätte, weil ja heute das Quartalsende sei und sie so viele Autos wie möglich auf der Abrechnung stehen haben wollten.


So einfach war das. Hat gar nicht weh getan. Und meine Frau hat wirklich prima verhandelt - ich bin eigentlich nur als Dekoration mitgekommen.
Danach noch ein bißchen Papierkram, dann sind wir zur Bank gefahren und haben den Cashiers Check besorgt ... und haben uns dann ein kleines Päuschen bei Starbucks gegönnt. Noch schnell bei der Hobby Lobby vorbei, einen Keramikhahn gekauft (long story ...).

Dann wieder zurück zu Lynn Layton - Tim erklärte uns das Auto, führte uns durch die Werkstatt und gab mir einen ganzen Schwung Visitenkarten. Für meine Kollegen und Freunde, ich solle ihn weiterempfehlen. Werde ich machen, versicherte ich ihm - tatsächlich hatte er uns ja auch sehr fair und respektvoll behandelt. Und der Preis den wir bekommen haben ist auch prima - umgerechnet in Euro ungefähr ein Drittel weniger als ein vergleichbarer Tiida (so heißt der Versa in Deutschland) gekostet hätte.
Und so bin ich dann nach gut drei Stunden mit einem neuen Auto vom Hof gefahren. Hat gar nicht weh getan.

Nun muß ich nur noch schnell saugfähige Sitzbezüge kaufen, damit wir auch mal die Kinder darin transportieren können ...