Saturday, February 25, 2012

Hockey Capital of the South

Huntsville ist ja die selbsternannte (Eis-)Hockey Hauptstadt des Südens. Zwar ist hier kein Team der NHL (National Hockey League), der amerikanisch/kanadischen Profiliga, ansässig. Aber für eine Stadt in einer Region, in der Eishockey eher nicht zu den traditionellen Sportarten gehört, hat sie doch ganz schön was zu bieten.
Das wurde an diesem Wochenende wieder einmal bestätigt.
Huntsville Havoc, das örtliche Profiteam der Southern Professional Hockey League (SPHL), spielte heute abend gegen Knoxville im Von Braun Center.
Davor hatte dort bereits am Nachmittag ein Match der UAH Chargers, die in der landesweit höchsten College-Liga im Eishockey spielen, gegen das U-18 Nationalteam der USA statt gefunden.
Und die South Eastern Collegiate Hockey Conference (SECHC), eine der vielen regionalen College-Ligen in den USA, hatte ihr jährliches Titelturnier mit acht Mannschaften dieses Wochenende im Huntsville Icecomplex.

Wir haben uns das Halbfinalspiel der Florida Gators gegen die Georgia Bulldogs im Iceplex angesehen. Da hat es vielleicht gestunken drin, nach Schweiß und Füßen, als ob seit hundert Jahren nicht mehr gelüftet worden wäre. Vielleicht hundert Zuschauer waren da, zumeist eindeutig identifizierbar als Fans der einen oder anderen Mannschaft. Viele, wenn nicht die meisten, davon dürften Freunde und Familie von Spielern gewesen sein, denn da es sich bei der SECHC um eine regionale Liga von Universitäten aus dem Süden handelt, kommen auch die Spieler aus den jeweiligen Staaten. Es ist alles sehr familiär und zu so einem großen Turnier reisen dann natürlich auch schon mal auch Eltern, Geschwister und Freunde aus Mississippi, Georgia oder Florida nach Huntsville.
In der höchsten Universitäts-Liga, da wo es vor allen Dingen um Leistung und Ergebnisse geht, spielen dagegen kaum noch Eigengewächse. Bei den UAH Chargers besteht praktisch die gesamte Mannschaft aus Kanadiern.
Das Spiel selbst war dann sehr spannend, wenn auch extrem nicht-körperbetont. Es wurden keine Strafzeiten ausgesprochen, wenn mal ein Spieler auf dem Boden lag war das kein Resultat eines Body-Checks sondern weil sich seine Schlittschuhe ineinander verheddert hatten. Man merkte schon den qualitativen Unterschied zur höheren Liga und vor allen Dingen zur Profiliga. Dort hatte es beim letzten Spiel der Havoc bei dem ich war gleich zwei Faustkampfeinlagen auf dem Eis gegeben. Hier nicht, alles ging sehr friedlich und fair zu, was aber keinen negativen Einfluss auf den Unterhaltungswert des Spieles hatte.
Noch besser wäre der Nachmittag allerdings gewesen, wenn es nicht so gestunken hätte ...

Monday, February 20, 2012

The other side

Jetzt weiß ich wie das ist einer Minderheit anzugehören und auf fremdem Territorium zu sein.
Ja klar, als Deutscher in Amiland ist man in dieser Situation täglich - aber wenn man  die Sprache spricht fällt man weiter gar nicht auf und unterscheidet sich höchstens noch durch den etwas flüssigeren Fahrstil von den Einheimischen.
Anders ist es, wenn sich durch sein schieres Aussehen von der Mehrheit abhebt. Ein Dinosaurier hätte nicht mehr neugierige, zweifelnde und fragende Blicke auf sich ziehen können als unser Großer und ich, als wir heute durch die Tür des T.M. Elmore Gymnasium der Alabama A&M University traten um uns dort ein Basketballspiel anzusehen.
Wir waren die einzigen hellgrünen unter lauter dunkelgrünen.
Nicht dass wir etwa dass unser Empfang unfreundlich gewesen wäre. Es war einfach so, dass wohl keiner der dunkelgrünen Anwesenden mit uns gerechnet hatte. Es gibt hier im alten Süden keine offizielle Rassentrennung mehr - aber die inoffizielle Abmachung dass jeder auf seiner Seite der Gesellschaft bleibt existiert auf jeden Fall.
Es gibt halt Veranstaltungen, die zwar nicht ausdrücklich für die eine Seite reserviert sind, zu der man aber einfach nicht geht, wenn man zur anderen Seite gehört.
Letztes Jahr bei der Gun& Outdoors Expo war zum Beispiel der einzige anwesende dunkelgüne der Hausmeister. Oder beim Eishockey - weder dunkelgrüne auf dem Eis, noch auf den Rängen.
Andersherum, als meine Frau und ich vor längerer Zeit einmal im Kino waren, stolperten wir in einen Film, der offensichtlich für das Publikum mit der dunkleren Grünschattierung gemacht worden war - was wir nicht wussten, uns aber nach einem kurzen Blick auf die Pigmentverteilung der übrigen Anwesenden sehr schnell klar wurde.
Man bleibt halt unter sich. So vermeidet man Schwierigkeiten, Missverständnisse und heikle Situationen.
Das alles war kein Thema beim Basketballspiel der A&M Bulldogs gegen die Acorn State Braves - alles ging schiedlich-friedlich zu, keiner wollte uns an die Wäsche und außer ein paar scheelen Blicken dann und wann war es ein ganz normales Sporterlebnis.
Oh, und die Bulldogs haben dieses Spiel gewonnen, das vierte in der Saison, bei über zwanzig die sie bereits verloren haben. Ach ja, selbstverständlich waren auch die Jungs von Alcorn State alle dunkelgrün. man bleibt halt gerne unter sich ...

Sunday, February 19, 2012

Sleep over

Unser Großer ist ja bereits an der University of Alabama in Huntsville angenommen. Da er ein volles Stipendium für sein Studium der Chemie hat, wird auch das Wohnen auf dem Campus in einem der drei oder vier Studentenwohnheime bezahlt. Also haben wir ihn dafür angemeldet - soll er ruhig aus dem warmen Nest raus in die richtige Welt. Zu seiner Beruhigung und der seiner Mutter ist der Campus nur fünfzehn Autominuten von zu Hause entfernt. Aber ein großer Schritt ist es doch, zumal er erst siebzehn Jahre alt sein wird, wenn er im Sommer das Studium anfängt.
Aber zum Glück sind die hier in Amiland auf solche Fälle prima vorbereitet - die zukünftigen Studenten werden an die Hand genommen und langsam in die Materie eingeführt. Im Zweifelsfall veranstaltet man einfach einen Schnupperkurs (... wo hat es den gegeben, als seine Eltern studiert haben ...?! Uns hat niemand an die Hand genommen, wir haben uns selbst durch kämpfen müssen. Na ja, andere Zeit, anderer Kontinent ...).
Und bei einem solchen, inklusive Übernachtung in einem Studentenwohnheimzimmer, war er gestern und heute.
Und, wie war's?! Party war angesagt, mit weiblichen Studenten, Pizza, Musik und Playstation-Turnieren. Das war dann nicht ganz das, was unser Herr Musterschüler von einem Institut höheren Lehrens erwartet hätte. Graue, flüchtige Gestalten die schwer mit Büchern bepackt in Bibliotheken sitzen oder in Laboren herum hantieren hätte er wohl eher erwartet.
Und dann die Vorlesung am nächsten Morgen - ein ständiges kommen und Gehen, ab der dritten Bankreihe im Auditorium keine Chance mehr den Professor vorne auch nur akustisch zu verstehen, der sich im übrigen auch gar nicht um die Studenten geschert hat, sondern völlig unbeeindruckt sein Pensum abzog. Nächste Erkenntnis - auf der Uni ist es jedem total egal ob Du studierst oder feierst. Kein Klassenlehrer, der besorgt bei den Eltern anruft wenn der Student zum dritten Mal unentschuldigt fehlt - Du erscheinst besser aus eigenem Antrieb zu den Vorlesungen, und das auch noch rechtzeitig genug um einen Platz in den ersten drei Bankreihen zu ergattern, oder Du wirst scheitern. Und keiner wird es merken oder auch nur interessiert an Deinem Schicksal sein.
Willkommen im richtigen Leben - aber hatten wir Dir das nicht bereits aus unserer eigenen Erfahrung heraus gesagt?! Aber was kümmert einen das Geschwätz der Eltern, die wissen sowieso immer alles besser ...
Es war also alles in allem eine sehr lehrreiche Veranstaltung, die viele Einblicke in die Abgründe des Studentenlebens gewähren konnte. Aber das wird schon alles klappen - die Nabelschnur ist ja nur fünfzehn Minuten lang ...

Friday, February 17, 2012

Amarcord

Dies ist wieder einmal eine von diesen Geschichten ...
Ich schenke also meiner Frau einen MP3-Player zu Weihnachten. Sie geht auf die Suche nach Musik dafür und stößt dabei auf eine deutsche a capella Gesangsgruppe, deren Programm Madrigale, Renaissance Musik und Gesänge des Mittelalters, Kompositionen der europäischen Romantik und ähnliches umfasst.
Sie mag die Musik des Ensemble Amarcord so sehr, dass sie im Internet ein wenig nach Informationen stöbern geht. Die Gruppe wurde 1992 von fünf ehemaligen Mitgliedern des Leipziger Thomanerchores gegründet zählt  heute zu den führenden Vokalensembles weltweit.
Auf ihrer Website listen sie unter anderem auch die Konzerte auf, die in diesem Jahr gegeben werden, überwiegend in Deutschland, mit einem kleinen Abstecher nach Australien - und siehe da, sie kommen auch in die USA. New York, San Diego, Sedona (Arizona), Clarksville (Tennessee) sind die Stationen.
Moment - Clarksville, Tennessee???! Das Clarksville, Tennessee, das nur gute zweieinhalb Autostunden von uns entfernt ist? In der Tat - sie geben ein Konzert in der dortigen Universität.

Eintrittskarte für meine Frau gekauft, Hotel gebucht, Auto vollgetankt und nix wie hin.
Sie war im sechsten Himmel (... der siebte wäre es gewesen, wenn ich auch mit dorthin gekonnt hätte - aber einer musste ja auf die Kiddies aufpassen ...) und kam wieder mit der Aussage: die klingen live ganz genauso wie auf CD/MP3!
Und das obwohl sie einen Mann in Arizona hatten zurück lassen müssen - der liegt mit Gallensteinen in einer Klinik in Sedona. Dadurch wurde das Programm etwas umgeändert, denn für einige Stücke brauchten sie alle fünf Stimmen. Da haben sie eben mehr mittelalterliche Lieder gesungen, das geht wohl auch mit weniger manpower. Wie gesagt, meine Frau war hell auf begeistert.
Die anwesenden Amiländer ... das fiel wohl eher unter die Rubrik "Perlen vor die Säue" ...
So ungefähr zweihundert Zuhörer hatten sich eingefunden, darunter das gesamte Bildungsbürgertum von Clarksville. Da bestand dann doch eine nicht unerhebliche kulturelle Barriere, die nicht nur durch die Sprachhürde (der Amiländer ... die deutschen Sängerknaben waren des Englischen durchaus mächtig ...)  definiert war.
Man fragt sich dann natürlich unweigerlich wieso es eine solche Vokalgruppe aus Deutschland nun ausgerechnet in die hinterste Provinz von Tennessee verschlägt.
Nun, in Clarksville gibt es die Austin Peay State University, deren hervorstechendes Merkmal das exquisite Musikdepartment ist. Der 'Professor for Voice', Dr. Thomas King, hat neben drei oder vier Abschlüssen in musikalischen Fachrichtungen einen Masters Degree in deutscher Sprache, eine Zertifizierung als Opernsänger vom Mozarteum in Salzburg und war fünf Jahre lang als Sänger auf deutschen Theater- und Opernbühnen unterwegs. Meine Theorie ist, dass er dabei die Jungs vom Ensemble Amarcord getroffen hat. Und als er dann Professor in Clarksville wurde, hat er sie in 2005 das erste Mal hier her geholt. Denn abgesehen vom Konzert halten sie zusätzlich auch noch einen Workshop in der Uni ab. Wie gesagt, meine Theorie.

Tut aber eigentlich gar nichts zur Sache - Hauptsache, meiner Frau hat es gefallen. Und wenn wir irgendwann wieder in Deutschland sind wird das Ensemble hoffentlich immer noch zusammen sein und dann wird sich schon eine Gelegenheit ergeben sie dort - diesmal gemeinsam - live zu erleben ...

Friday, February 10, 2012

The Pork Dork

Meine Frau und ich besuchen ja nun sehr viele BBQ Restaurants und dort haben wir immer wieder die Gelegenheit mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen.Es ist einfach die allgemeine Atmosphäre in diesen Schuppen, die sehr zuträglich für das Anknüpfen von Kontakten ist. Es ist ein bisschen so wie in Deutschland ein Kneipenbesuch - nach ein, zwei Bier lockern sich die Zungen. Und hier ist es eben das pulled pork, was diese Wirkung hat. Die Gespräche fangen meist damit an, dass wir gefragt werden, woher wir denn kämen. Da wir uns beim Essen immer auf Deutsch miteinander unterhalten, werden die Leute halt neugierig. So viele ausländische Touristen hat die Gegend ja nicht und die wenigen, die hierher kommen, sind normalerweise nicht in den BBQ-Schuppen auf dem Land anzutreffen.


Vor zwei Wochen waren wir in Trinity im Dirt Road BBQ, wo uns die Bedienung ihre Lebensgeschichte erzählte, angefangen von ihrer Geburt in Deutschland bis hin zu den tollen deutschen Rezepten ihrer Tante in Minnesota oder so. Wir erfahren bei solchen Unterhaltungen immer weitaus mehr als wir selbst von uns preisgeben - muss wohl an der vornehmen deutschen Zurückhaltung liegen. Wir lassen unsere Gegenüber halt reden, die haben sowieso die weitaus interessanteren Geschichten zu erzählen. Es ist mittlerweile quasi eine private anthropologische Feldstudie daraus geworden.

Heute waren wir also in einem weiteren BBQ Restaurant - dem achtundzwanzigsten seit Beginn unserer Reise durch die örtliche BBQ-Landschaft.
Das Harvest Time BBQ im kleinen Örtchen Harvest, ungefähr zehn Kilometer nördlich von Huntsville, wurde erst im Oktober letzten Jahres eröffnet. Es liegt verkehrsgünstig an einer der vielen Einfallstrassen in die Huntsville/Madison Region und die nächsten Konkurrenzunternehmen sind in allen Richtungen gute sieben bis acht Meilen entfernt.
Die Besitzer sind ein sehr nettes Ehepaar, das eigentlich schon in Rente war. Sie hatten bis dahin nie etwas mit dem Restaurant-Business zu tun gehabt, brachten aber durchaus einige Qualifikationen mit. Er war Unternehmer in einem anderen Geschäftsfeld, also wusste er wie man so einen Laden grundsätzlich aufzieht. Ihm war die Örtlichkeit am wichtigsten - Einfallstrasse, viele Kirchen drumherum, die Konkurrenz weit entfernt - das Grundgeschäft war damit quasi garantiert, sofern das Produkt gut ist.
Seine bisherige Erfahrung mit BBQ war typisch für diese Region - er hatte das jahrzehntelang zuhause für die Familie gemacht. Ein Restaurantbetrieb ist natürlich eine ganz andere Größenordnung - aber durch seine methodische und überlegte Art an Dinge heran zu gehen, fiel die Umgewöhnung nicht besonders schwer. Tatsächlich war der Kern der neuen Tätigkeit, das räuchern (smoken) von Fleisch, sogar einfacher als zuhause. Der neue Ofen mit einer Kapazität von 72 Schweineschinken hat nämlich eine elektronische Temperaturregelung - sein alter Smoker im Garten musste ständig von Hand nachreguliert werden, was bei Räucherzeiten von bis zu zwanzig Stunden schon echt nervig werden kann.
In seinem Restaurant aber packt er das Fleisch nach Feierabend einfach auf den Rost, tut Holz hinein, stellt die Garzeit- und Temperatur ein und geht nach Hause.


Eine Besonderheit ist, dass er zum Räuchern Pecan-Holz benutzt. Normalerweise wird hier Hickory oder Mesquite verwendet, auch schon mal Eiche oder Ahorn. Angefangen hat er mit dem Pecan-Holz einfach aus Bequemlichkeit - in seinem Garten stehen zwei Pecan-Bäume und so musste er kein Holz extra einkaufen. Das war ausreichend für seine Familien-BBQs, die Kapazität der beiden Bäume langte jedoch nicht für seinen Restaurantbetrieb. Zum Glück fand er bald einen Holzhändler, der ihn regelmäßig mit den notwendigen Mengen versorgen kann.
Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Wahl des Holzes eine zentrale Rolle beim BBQen spielt. Hickory und Mesquite geben dem Fleisch einen sehr "bissigen" Rauchgeschmack, während man mit Pecan ein weitaus milderes und runderes Aroma erreicht. Das pulled pork, das ich dort heute gegessen habe und das Hühnchen das meine Frau hatte, waren das beste BBQ Fleisch, was wir je hatten. Der Mann - er trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Pork Dork" - versteht etwas vom BBQen.
Und seine Frau, Sue, versteht etwas vom Kochen. Während ihr Mann für das Fleisch zuständig ist, bereitet sie in der Küche die Beilagen und Desserts zu. Ihr Kartoffelsalat gehört mit zu den besten, die ich je gegessen habe und auch ihre gebackenen Bohnen sind einfach Spitzenklasse. Alles ist frisch zubereitet und qualitativ hochwertig.
In einigen anderen BBQ Restaurants bekommt man hingegen Salat und Bohnen aus der Dose und minderwertiges Fleisch vorgesetzt. Harvest Time BBQ hingegen hat erst kürzlich ihren ersten Fleischlieferanten gefeuert, weil der ihre Beschwerden hinsichtlich schwankender Qualität nicht ernst genommen hatte.
Auch dass sie zum Kochen (und für den Sweet Tea, was viel wichtiger ist) nur zweimal osmotisch gefiltertes Wasser nehmen spricht für sie. Das Leitungswasser hier ist, anders als in Deutschland, weit entfernt davon Trinkwasserqualität zu haben. Um es wenigstens einigermaßen brauchbar zu machen werden alle möglichen Fluoride, Chlor und andere Chemikalien beigemischt. Zu Hause filtern wir auch unser Kochwasser, damit wir uns nicht langfristig vergiften. Und jetzt haben wir endlich einen Fressschuppen gefunden, der das genauso ernst nimmt - und dazu noch ein Killer-BBQ liefert.

Das einzige Problem ist, dass der Laden jetzt schon viel zu klein ist. Gerade mal zehn Leute finden in dem winzigen Vorraum an einem Tisch und einem Counter an der Wand Platz. Zunächst war noch nicht einmal das geplant, es sollte ein reiner Drive-Inn Betrieb werden. Doch dann entschloss man sich, doch ein paar Sitzplätze zu schaffen - was dazu führte, dass nun auch noch eine Toilette eingebaut werden musste. Da das ganze Gebäude in Eigenarbeit aufgebaut wurde, und man unbedingt im selbst gesetzten Budget bleiben wollte, verzögerte sich die Eröffnung entsprechend.
Aber nun ist der Betrieb, nach einigen Anfangsproblemen,  etabliert und am Laufen und bekommt - zurecht - großartige Kritiken landauf und landab.
Und wieso haben die beiden das nun gemacht? Immerhin hatten sie ein komfortables Rentnerleben vor sich und hätten es eigentlich gar nicht nötig gehabt wieder ins Berufsleben einzusteigen.
Ihr Sohn arbeitet seit vierundzwanzig Jahren in der großen BP Polyester Fabrik in Decatur. Er hat sich lange Zeit dagegen gewehrt zum Vormann gemacht zu werden aber seit gut vier Jahren macht er diesen Job nun doch. Und "sie arbeiten ihn zu Tode", wie sein Vater sagt.
Deshalb haben sie das BBQ Restaurant in Harvest eröffnet. BBQ geht hier immer, wie man sieht, die Kunst des smokens wird den Kindern quasi mit in die Wiege gelegt und wenn sich ein Restaurant einmal etabliert hat und einen gewissen Ruf genießt, ist es für die nächsten Jahrzehnte ein Selbstläufer. Wenn dann der Sohn einmal nicht mehr will oder kann, wenn ihm das alles zu viel wird und er die Reißleine ziehen muss, werden sie ihm den laufenden Betrieb übergeben, damit er versorgt ist und auch seine Rente aufbessern kann. Eltern ist man ein Leben lang ...



Wednesday, February 8, 2012

Edith Ann's

Es gibt hier im TV eine Serie auf dem Food Channel, die heißt "Diners, Drive-Inns and Dives". Ein  Koch und Restaurantbesitzer aus Kalifornien, Guy Fieri, tingelt da durch die Lande und besucht typische amerikanische Lokale - nicht die allgegenwärtigen Kettenrestaurants, sondern die althergebrachten Etablissements, wo das Essen noch per Hand zubereitet wird und die Ingredienzien nicht aus der Tube kommen.
Von solchen "American Diners" gibt es nicht mehr besonders viele, sie wurden zumeist von den Applebee's, TGIF's und Chili's mit ihrem 08/15-Standardfutter aus dem Geschäft gedrängt.
Aber ab und zu findet man noch ein solches Juwel der alten US-Kultur, als Individualität nicht etwas war, das man von der Stange kaufen konnte und das gegrillte Hähnchen in New Orleans noch völlig anders schmeckte als in St. Louis oder Seattle.
Hier in Huntsville und Umgebung gibt es auch noch ein paar wenige von diesen altmodischen Etablissements und heute waren wir in einem davon - Edith Ann's Diner auf der Pratt Avenue im Five Points District.

Bevor Edith Ann's letztes Jahr dort einzog war in dem Gebäude irgendwann einmal das Rockabilly's Restaurant untergebracht. Der neue Besitzer hat an dem Aussehen, außer dem großen Schriftzug in den Fenstern,  nichts geändert, und auch das Mobiliar scheint er vollständig übernommen zu haben.
Benannt hat er das Restaurant nach seiner Mutter, von der er das Kochen gelernt hat. Gutes, old-fashioned Südstaaten-Futter hat sie ihm beigebracht, vor allen Dingen Frühstück.Das bekommt man dort den ganzen Tag, wenn man will, oder aber man bestellt etwas von der Lunch-Karte - was im Grunde nichts anderes ist als das Frühstücksmenu ohne Eier und Speck, dafür mit Kartoffelbrei und Bohnen.

Meine Frau und ich hatten die geräucherten Schweinelenden - ich mit Kartoffelbrei, Kartoffelauflauf und grünen Bohnen, sie mit frittierten Okra, Navy-Bohnen und frittierten grünen Tomaten.
Dazu gab es noch Maisbrot frisch aus dem Ofen - göttlich. Richtig gutes altmodisches Südstaaten Soul Food. Dazu noch die nüdelige Atmosphäre im fünfziger Jahre Stil, das sehr gemischte Publikum aus Arbeitern, Rentnern, Geschäftsleuten und Familien, die freundliche Bedienung, die mich gleich ersteinmal "Sweetheart" nannte - so muss Amerika gewesen sein, als es noch der Traum jedes europäischen Teenagers war. Bevor Big Business die Landschaft planierte und alle Individualität unter den Parkplätzen der Mega-Shopping Center begraben wurde. Bevor Fast Food, Life on the Go, iPad-Apps und SUVs die amerikanische Kultur shanghaiten. Als ein Hähnchen in New Orleans anders schmeckte als in St. Louis oder Seattle.



Art ...

Kunst ist, was dazu erklärt wird.
Hier in Huntsville, der Stadt mit der höchsten Ingenieursdichte in den USA, gibt es eine alte Baumwollspinnerei, die man vor dem Abbruch gerettet hat und in der nun auf drei Stockwerken über 100 Künstler ihre Ateliers haben. Das reicht von einer Druckerei mit alten manuellen Maschinen über einen Typen der aus Zigarrenkästen Gitarren  baut, bis hin zu Schmuckherstellern und Quiltern. Am meisten vertreten sind Maler, Fotografen und Leute, die aus allerlei (Alltags-) Materialien Skulpturen herstellen. Meine Frau merkte - wohl etwas zynisch aber nichtsdestotrotz wahrscheinlich doch volltreffend - an, dass ja alle die Weibchen der hohen Herren Ingenieure irgendwo ihre Freizeit verbringen müssten.
Nun ja, wenn dort eine Skulptur mit einer (hoffentlich entschärften!) Granate, die auf einem runden Podest sitzt und mit dem runden Stellfuß durch eine Art DNA-Spirale verbunden ist (siehe Bild), schlanke zwanzigtausend Dollares kosten soll, können sie ja wenigstens etwas zum Abbezahlen des Protzhauses und der drei SUVs in der Garage beitragen.
Insgeheim hatte ich gehofft, dass uns vielleicht das eine oder andere Objekt dort ansprechen würde - so quasi ein Stück Huntsviller Kunst das wir uns hin hängen/stellen können für die Zeit wenn uns wieder zurück in Deutschland das Heimweh packt. Nix is. Eine Granate kommt uns nicht ins Haus ...




Saturday, February 4, 2012

They are feeding us crap

Unsere fünfköpfige Familie gibt im Monat gute 1800 Dollares für Essen aus. Das erscheint recht viel auf den ersten Blick, ist aber sehr gut begründbar - wir kaufen nur hochwertige Nahrungsmittel, vieles davon organisch, so weit das hier überhaupt geht. wenn wir "typisch amerikanisch" einkaufen würden, könnten wir jede Menge Geld sparen. Allerdings würden wir damit unsere Gesundheit massiv gefährden. Das hört sich übertrieben an? Dazu folgende Geschichte:
Diese Woche hat McDonalds bekannt gegeben, seit Beginn dieses Jahres werde kein Fleisch mehr verwendet, welches mit Ammoniumhydroxid behandelt wurde. Diese Chemikalie wird in der Lebensmittelindustrie dazu benutzt um Fleischabfälle von Mikroorganismen zu befreien und sie somit für den menschlichen Verzehr geeignet zu machen. Das gleiche Mittel wird übrigens auch in Düngemitteln und Sprengstoffen verwendet.
Anscheinend wurden den Hamburgern von McDonalds in der Vergangenheit bis zu 15 Prozent dieser minderwertigen, sonst zu Hundefutter verarbeiteten Ekligkeiten, zugeführt. Allerdings wohl überwiegend in den USA, da in anderen Ländern die Fleischkontrollen sehr viel strikter sind.
Die hiesige nationale Lebensmittelaufsichtsbehörde, Food and Drug Administration (FDA), hat jedenfalls Ammoniumhydroxid als ungefährlich für den menschlichen Verzehr eingestuft, da es sich dabei ja nicht um ein Zusatzmittel, wie zum Beispiel Konservierungsmittel, handelt, sondern nur um ein Hilfsmittel zur industriellen Zubereitung von Lebensmitteln. Nach einem Gesetz von 1994 konnten sie auch gar nicht anders entscheiden, denn dieses Gesetz besagt dass die FDA nur dann einschreiten kann wenn sich ein Lebensmittelzusatz erwiesenermassen als schädlich herausgestellt hat. Und da die Lebensmittellobby Geld genug hat um eigene Studien zu finanzieren ... ein Schelm, der Gutes dabei denkt.
Nun also hat McDonalds aber von sich aus diese dubiose Praxis eingestellt. Nun ja, ein bisschen Druck war schon mit dabei - ein prominenter TV-Koch hat nämlich einen regelrechten Kreuzzug geführt. Und jetzt war wohl der Imageschaden greifbar geworden, daher die oeffentliche Abkehr vom weiteren Einsatz des ob seiner Farbe so genannten "Pink Slime".

Diese Affäre hat hier in den USA für einen halben Tag so etwas wie eine Debatte über  Gesundheitsbewusstsein losgetreten. Viele Kommentatoren wiesen - zurecht - darauf hin, dass die Lebensmittelindustrie noch weitaus bedenklichere Praktiken zur Gewinnmaximierung anwendet und dass vor allen Dingen in Fast Food noch weitaus gefährlichere Chemikalien und Ingredienzien zum Einsatz kommen.
aber auch in dem, was für billiges Geld in den Supermärkten angeboten sind, wimmelt es nur so vor Chemie. Ja, es gibt auch organische Lebensmittel und solche, die nach Grundsätzen der Lebensmittelreinheit hergestellt werden. Aber wenn man dafür 2 Dollar pro Gurke im Gegensatz zu 59 Cents für ein "lebensmitteltechnisch modifiziertes" Produkt zahlen soll ... gesund zu essen kann man sich hier in Amiland nur leisten wenn man gut verdient.
Geld hilft aber auch nicht, wenn man kein Bewusstsein für gutes, gesundes Essen hat. Nicht umsonst ist die amiländische Bevölkerung durchschnittlich fetter, kranker und gebrechlicher als alle anderen um sie herum. Ich kenne nicht einen Ami, der nicht irgendwelche Pillen gegen diverse Allergien, Depressionen, Zipperlein und schmerzen nimmt. Nicht einen! So richtig gesund ist hier keiner.
Wenn man ein ganzen Leben lang mit Chemie voll gestopft wird, ist man mit spätestens vierzig halt am Ende dessen angelangt was der Körper aushalten kann. Und viele fangen, vor allen Dingen mit Allergien, schon im Kindesalter mit den Malaisen an.
Nicht umsonst haben wir damals vor drei Jahren das Babypulver für unseren Jüngsten aus Deutschland importiert. Klar gibt es auch hier Babynahrung - ein Blick auf die Zutatenliste jedoch hat damals gereicht und es war klar, dass kein Weg daran vorbei führen würde das gute deutsche Zeug mit viel Geld und Mühe herüber schicken zu lassen.
Nein, unmittelbar hätte unserem Filius der amiländische Stoff wohl nicht geschadet. Aber langfristig wäre er damit wahrscheinlich nicht gut bedient gewesen. Aber weiter in die Zukunft denken als ein Vierteljahr, dem Abrechnungszeitraum der meisten börsennotierten Firmen hier, tut hier sowieso keiner. Wie die kleinen Kinder rennen sie in ihr Verderben. Aber immerhin gibt es dann gegen all die Allergien, Zipperlein, Schmerzen und Unbefindlichkeiten später jede Menge Pillen.
Gestern war ich in einer Drogerie und da verkauften sie Klarsichtboxen mit sieben Kompartments, die nochmals in vier kleinere Einheiten unterteilt waren. Das war eine Pillenbox zum organisieren der wöchentlichen Pillendosis, mit genügend Raum  für mindestens zwei Dutzend Pillen pro Tag. Und wir kennen Leute, für die das schon Unterbringungsprobleme geben würde.
Ich war gestern mit unserem kleinen Mann beim Arzt (Ohrenentzündung mal wieder ...) und die erste Frage die man mir dort stellte war, welche Medikamente er denn regelmäßig einnehmen würde. Er ist drei Jahre alt. Und dass er irgendwelche Mittel gegen Allergien, Depressionen, Schlaflosigkeit, Wipp-Wuppigkeit, zur Lernunterstützung oder gegen Sommersprossen nimmt, wäre hier ganz normal. Wir bekommen dann immer ungläubige Blicke, wenn die Antwort ist: Er nimmt nichts. Er futtert ab und zu einmal Dreck und mag vor allen Dingen seine eigenen Popel. That's it.

Wir versuchen also so gesund wie möglich zu essen (Popel sind besonders lecker wenn sie grün sind, behauptet mein Sohn ...) und das hat seinen Preis. Den sind wir gerne bereit zu zahlen. ich fuerchte aber, dass wir immer noch genug ungesundes Zeug  hier zu uns nehmen und  dass wenn wir dann wieder in Deutschland sind, unsere Körper erst einmal ein paar Monate brauchen werden um zu entgiften ...