Tuesday, November 2, 2010

Election Day

Heute waren hier in Amiland Wahlen. Zwei Jahre, nachdem sie den Präsidenten gewählt haben, also zur Hälfte seiner Amtszeit, wird der Kongress neu gewählt, Senatoren in einigen Staaten, Gouverneure von vielen Bundesstaaten, Bürgermeister, Richter, Polizeichefs ... die ganze Bandbreite der politischen Ämter.
Das ist an und für sich ein sehr gutes Verfahren - gefällt der Präsident, so wählt man seine Parteifreunde und er kann in Ruhe die nächsten zwei Jahre regieren. Gefällt er nicht, verpasst man ihm einen Denkzettel und er muss die letzten zwei Jahre seiner Amtszeit mit einem feindlich gesinnten Kongress klar kommen.
Und diesmal sieht es so aus, als ob der gegenwärtige Amtsinhaber einen richtig heftigen Denkzettel verpasst bekommt.
Die Linken, die ihn gewählt haben, sind sauer weil die Reformen, die er versprochen hat nur halbherzig, verzögert oder gar nicht durchgeführt werden. Guantanamo ist noch nicht geschlossen und wird wohl auf unbestimmte Zeit weiter betrieben, aus Irak und Afghanistan kommen nur schlechte Nachrichten, die Wirtschaft jammert, viele haben durch den Börsen-Crash in 2008 Haus und Hof verloren, die hohe Staatsverschuldung verhindert weitreichende Reformen und die Terroristen haben die USA immer noch im Visier. Wie bitte, das sind alles Hinterlassenschaften der vorherigen Regierung? Aber Obama hatte doch vollmundig Veränderung versprochen! Und alle hatten ihm geglaubt. Nun sind sie wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen und unzufrieden. Und dafür muss er büßen, dieser verdammte schokoüberzogene Dreckskommunist. Und ein illegaler Einwanderer ist er noch dazu, jeder weiß doch dass seine Geburtsurkunde gefälscht ist und ein Muslim ist er noch dazu, der schokoüberzogene dreckskommunistische Muslimterrorist.
Uuups, da habe ich mich wohl ins rechte Lager verirrt. Die kennen mit solchen liberalen Schhwulenfreunden kein Pardon - Obama muss weg, und wenn nicht durch einen Urnengang, dann ...
"Leave me my gun, my truck and my money - and keep your change" - das lese ich mittlerweile immer häufiger auf Autostoßstangen: Lass mir meine Knarre, meinen Kleinlastwagen und mein Geld - und behalte deine Veränderung (wobei das ein Wortspiel ist - change bedeutet nämlich auch Wechselgeld).
Oder auch die Parole "Holen wir uns unser Land zurück" ist sehr oft zu lesen. Amerika den Amerikanern, es gehört den weißen Ureinwohnern und nicht den dahergelaufenen Immigrantenkindern.

Die Diskussion über solche Themen wie Gesundheitsreform (Pflichtversicherung für alle - in Deutschland seit 150 Jahren bewährt, hier als Todesschwadron der Regierung dargestellt), Umweltbewusstsein (die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko - alles eine Propaganda-Lüge der Regierung, ich war letztes Wochenende selber da und habe nicht einen verreckten Vogel gesehen ...), die Duldung von Homosexuellen in den Streitkräften (lieber lasse ich mir das Hirn rausbomben als mich von so einem warmen Bruder verteidigen zu lassen ...), die Bankenrettung durch den Staat (unsere Steuergelder wurden denen in den Rachen geworfen - man hätte sie alle kaputt gehen lassen sollen, das Pack) wird hier in einem Ton und mit Schlagwörtern geführt, die in Deutschland den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen würden - locker, so zwei- bis dreimal.
Sehr, sehr heftig. Und noch einen Zacken schärfer als vor zwei Jahren - jetzt als Liberaler bezeichnet zu werden kommt einem politischen Todesurteil nahe. Dabei haben die hier nun wirklich keine Ahnung, was liberale Politik eigentlich ist. Vielleicht sollten wir Guido mal vorbei schicken, damit er sie mal aufklären kann. Aber nee, der ist ja ein Homo und sicher auch Muslim, also kein richtiger Mensch. Ein Liberaler eben.

Sonst ist aber zum Glück alles beim Alten. Es gewinnt immer noch der Kandidat, der am meisten Geld für Werbung ausgeben kann - wobei seit kurzem die Wirtschaft per höchstrichterlichem Beschluss nicht mehr offen legen muss, an wen sie spendet, so dass man sich gar nicht mehr sicher sein kann, ob man nun Apple oder Microsoft wählt. Verwirrend.
Also besser den wählen, der am meisten Einsatz zeigt - und sei es auch nur, dass er Brigaden von Helferlein zur morgendlichen und abendlichen Rush-Hour an die wichtigsten Kreuzungen im Stadtgebiet aufmarschieren und dort Plakate schwenken lässt, auf denen so Wörter wie "aufrecht", "familienorientiert", "loyal", "konservativ" oder "den amerikanischen Werten verpflichtet" stehen. Die kann man im Vorbeifahren gerade noch so erfassen und wer hat schon Zeit sich mit Wahlprogrammen zu beschäftigen. Außerdem lügen die ja doch alle wie gedruckt, siehe Obama.
Es ist sowieso viel wichtiger, ob Bama nun in drei Wochen Auburn schlagen wird und so den Tigers ihre Titelchancen kaputt macht. Bis dahin wird dann dieser schmutzige Grabenkrieg, der sich Wahl nennt sowieso schon längst wieder vergessen sein und alle sind zum alten Trott zurück gekehrt - Panem et Circensis ...

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