Sunday, August 29, 2010

Takers

Gestern waren wir in einer Parallel-Welt.
Wir waren so ziemlich das einzige weiße Paar im dreihundert Leute fassenden Kinosaal. Alles andere um uns herum waren Schwarze, davon siebzig Prozent "Bitches", wie deren Weiber sich selbst gerne titulieren. Hört sich jetzt irgendwie schon grenzwertig rassistisch an, nicht wahr? Kommt noch besser.
Der Film, den wir uns angesehen haben, war "Takers" - ein handwerklich gut gemachter aber sonst doch eher vorhersehbarer und stromlinienförmiger Räuber und Gendarm Streifen.
Was ihn für das schwarze Publikum so sehenswert macht ist die Besetzungsliste der Gangster -  der Schläger-Freund von Rihanna, ein Hip-Hop-Produzent und Sänger, der früher mal Drogendealer war und erst kürzlich ein Jahr wegen illegalem Waffenbesitzes abgesessen hat und so weiter und so fort.
Das sind also die Helden der Schwarzen. Schon ein bisschen rassistischer, diese Aussage, nicht wahr?
Eigentlich nicht, denn an den Reaktionen des Publikums war diese Aussage sehr gut verifizierbar. Wann immer einer der Gangster der Polizei entkam, Geld einsackte, ein tolles Motorrad fuhr oder unbeteiligte Zivilisten bei der Flucht an die Wand schubste, brandete tosende Applaus auf.
Ekstatisch wurde es dann in zwei oder drei Szenen, in denen nackte/halbnackte (schwarze) Männerkörper zu sehen waren - wie eine Kongregation von Teenagern, mit spitzen Schreien, guturalen Lauten und "Yeah Baby" Rufen. Der Kinosaal drohte zu explodieren als der Boss-Gangster sich vom Bett erhob und eine sehr knappe, nichts der Fantasie überlassende Unterhose spazieren trug.
Einfach nur peinlich. Die minutenlange Reaktion des Publikums, nicht die anderthalb Sekunden lange Szene an sich.
Zusammenfassend ergibt sich also dieses Bild: Schwarze unterscheiden nicht nach Gut und Böse, sondern nach Hautfarbe; frauenfeindliche Schlägertypen und verurteilte Drogendealer sind die wahren Helden der Schwarzen; Geld und Statussymbole sind wichtiger als Moral und Anstand; schwarze Bitches stehen auf richtige Männer, die schon mal handfest werden - auch ihnen gegenüber; ein richtiger Mann ist nur, wer Geld hat und gut geflüllte, knappe Unterwäsche trägt - und das möglichst sichtbar; und Sex wird, obwohl kichernd und rot werdend, sehr aggressiv behandelt und die Peinlichkeitsgrenze ist ziemlich niedrig.
So, da ist er jetzt endlich, der Rassismus.
Oder vielleicht ist es auch nur Realismus. Denn was wir in diesem Kino beobachten konnten war nur ein Mikrokosmos der Schwarzen-Kultur, wie sie im täglichen Leben - ohne dass wir sie großartig wahrnehmen - um uns herum statt findet.
Die Ausdrücke in der Sprache und die Melodie mit der man spricht, die Kleidung die man traegt, die Automarken die man fährt und das Tuning das man den "Rides" angedeihen lässt,, die Filme die man sich ansieht, die Musik die man hört, die Kirche in die man geht und nicht zuletzt die Ziele, die man im Leben hat - das alles ist völlig verschieden vom weißen Mainstream Amerika. Diese beiden Kulturen existieren hier nebeneinander und Überlappungen oder Berührungspunkte gibt es kaum.
Und nein, Michael Jackson zählt nicht - der war nur ein trainierter Affe für den Zirkus des weißen Mannes.
Und wenn man dann als relativ unvoreingenommener, Rassismus ablehnender, toleranter und aufgeschlossener Europäer hier mit diesen zwei Welten konfrontiert wird, findet man schnell heraus dass es Rassismus nicht nur von Weißen gegen Schwarze gibt, sondern dass das auch durchaus umgekehrt funktioniert. Die andere Seite will nämlich in der Regel auch nichts mit uns Kalkleisten zu tun haben und lieber ungestört in ihrer eigenen Kultur leben.
Aber das will im Multi-Kulti-Friede-Freude-Eierkuchen seligen Europa ja niemand hören - ausser vielleicht der Herr Sarazin. Hier, im Land der Einwanderer aus allen Kulturkreisen der Erde ist es tägliche Realität - alle Menschen werden eben nicht Brüder, sondern vermeiden jeden unnötigen Kontakt zu "fremdem" Kulturen und lassen einander in Frieden leben - mehr oder weniger ... und der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle einigen können, ist der Cheeseburger - außer für die Hindus, denn der ist ja aus Kuhfleisch gemacht ...

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