Saturday, June 4, 2011

Rocket City United

Alles außer Amerikanisch.
Auf dem Fußballplatz hörte man Rufe in Arabisch,  mehreren afrikanischen Sprachen, Japanisch, Jamaikanisch (so eine Art Rasta-Pidgin-Englisch), Spanisch und Cockney-Englisch. Kein Wunder, denn die  Spieler kamen halt aus allen anderen Kontinenten außer Nord-Amerika.
Ihre Namen sprechen für sich: Juan Arbelaez, Ramiro Canovas, Aziz Izmour, Kingsley Morgan, Tornubari Byonebue, Moses Adeniran, Fatai Alabi, usuf Isiaka, Yuki Kariya, Samadu Mutumba.

Eines meiner kleinen Projekte ist dieses Jahr zu mindestens einem Spiel aller Semi-Professionellen Sport-Teams in Huntsville zu gehen. Es gibt sechs davon, in verschiedenen Sportarten:
Rocket City Titans (Football), Tennessee Valley Tigers (Frauen-Football), Huntsville Havoc (Eishockey), Huntsville Stars (Baseball), Dixie Derby Girls (Rollerskating) und Rocket City United (Fußball).
Was in Europa im Rahmen von Sportvereinen läuft wird hier als Firma betrieben. Organisierten Sport treibt man hier in der Schule, dann im College und dann, wenn man gut genug ist, auf professioneller Ebene. Eine Vereinsstruktur wie z.B. in Deutschland existiert hier nicht, dass heißt nach dem College ist für die meisten Schluss mit Sport, denn nur die wenigen Spitzenathleten können damit auch später in den Profiligen ihren Lebensunterhalt bestreiten - alle anderen suchen sich einen Job. Und gehen ins Gym, wenn sie sich danach noch sportlich betätigen wollen.
Keine Alt-Herrenmannschaften also, in denen siebzigjährige Tischtennis gegeneinander spielen (in den meisten Fällen die gleichen Herren, die bereits fünfzig Jahren zuvor gegeneinander angetreten sind ...), keine kontinuierliche Ausübung einer Sportart über Jahrzehnte.
Unterhalb der Voll-Profiligen gibt es aber seit einigen Jahren einen Unterbau mit Semi-Professionellen Ligen. Das sind dann die Auffangbecken für High School und College Sportler, die es nicht bis zu den Profis geschafft haben, ihre Sportart aber dennoch nicht aufgeben wollen. Sie haben einen normalen Job außerhalb des Sports und bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung von ihrem Team, für Ausrüstung und Reisekosten und so weiter. Semi-Professionell meint also nicht, dass sie sich die Hälfte ihres Lebensunterhaltes mit Sport dazu verdienen - euer die meisten dürfte es eher ein teures Hobby sein.
Natürlich besteht immer die Chance, das man von einem Profi-Team entdeckt und verpflichtet wird - aber da man ja beim College Draft schon einmal durch das Raster gefallen ist, ist die Wahrscheinlichkeit wohl doch eher gering einzuschätzen.


Seit 2007 hat nun also auch Huntsville ein Semi-Pro Team im Fußball - Rocket City United.
Semi-Pro Teams werden geführt wie eine normale (Entertainment-) Firma und dürfen daher auch gerne Profit machen. Was aber eher eine theoretische Möglichkeit dar stellt - bei gut 700 zahlenden Zuschauern pro Heimspiel (5 davon gibt es in der Saison) dürften die Einnahmen von United gut $50000 pro Saison betragen. Da wird nach Abzug der laufenden Kosten (Stadionmiete plus Strom für die Flutlichter, Reisekosten, Spieler- und Trainergehälter, etc.) nicht mehr allzu viel für den Besitzer des Teams übrig bleiben.
Trainiert wird United von einem Engländer, die meisten Spieler sind afrikanische Studenten und lateinamerikanische (sprich mexikanische) Arbeiter.
Der Star der Mannschaft ist Samadu Mutumba, ein Verteidiger aus Uganda, der dort Nationalspieler war und nun an der Alabama A&M University in Huntsville studiert. Ein paar wenige Amiländer sind zwar auch
dabei aber die sind, außer den beiden Torhütern, mehr oder weniger nur Garnitur und stehen nicht in der Stammelf.

Das Spiel heute wurde im (Football-) Stadion der Madison City Schools ausgetragen, einem hässlichen  Betonklotz mit ca. 7000 Sitzplätzen auf zwei Tribünen - da verloren sich die 776 zahlenden Zuschauer etwas auf den Rängen.
Die Nationalhymne wurde per leiernder Cassette abgespielt und der Name des Schiedsrichters war für den amerikanischen Stadionsprecher geradezu unmöglich auszusprechen (irgendetwas arabisches, so schien es mir ... könnte aber auch genauso gut Rumänisch gewesen sein ...).
Sehr fair ging es zu auf dem Rasen, der mit gelben Fußball-Markierungen über den immer noch dominanten weißen Strichen der vergangenen Football-Saison versehen war. Ein paar gelbe Karten gab es zwar, doch wurden die für Meckern, zu frühes Herauslaufen aus der Mauer und ähnliches vom Schiri verteilt. Fouls gab es so gut wie keine, ab und zu mal ein bisschen Geschubse und Gedränge aber das war es auch schon.
Gefällige Kombinationen, Passspiel, Flankenwechsel, der tödliche Pass in die Tiefe - Fehlanzeige. Englisches Kick-and-Rush, den Ball nach vorne dreschen und darauf hoffen dass er irgendwie ins gegnerische Tor abprallt war die dominierende Spielart.
Ich würde mal sagen dass das Ganze, inklusive der Zankereien mit dem Schiri, gutes deutsches Bezirksliganiveau hatte.
Am  Ende stand es dann 2:1 für die Gäste, weil die Heimmannschaft nach dem Führungstreffer einfach versäumt hatte den Sack zuzumachen ... und irgendwie vergessen hatte, dass ein Spiel immer erst dann zu ende ist, wenn der Schiri abpfeift. Das Siegtor schossen die Silverbacks dann auch prompt mit der letzten Aktion der Nachspielzeit.

Nun ja, habe ich das auch abgehakt - so ein riesig großer Fußballfan bin ich ja noch nie gewesen. Aber zum Fotografieren war das schon Klasse, ich konnte ganz nah ans Spielfeld heran.
Eine Hälfte erledigt, die andere Hälfte meines kleinen Projektes, die Tennessee Valley Tigers, die Rocket City Titans und die Huntsville Stars liegt noch vor mir ...



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