Saturday, April 9, 2011

Habitat for Humanity

Es gibt viele Wege, Menschen in Not zu helfen. Geldspenden, Sachspenden, Zuspruch und persönliche Anteilnahme, Rat - und Tat.
Habitat for Humanity ist eine Organisation, die sich dem Helfen durch Taten verschrieben hat - man baut Häuser für Menschen, für die ein Dach über dem Kopf ein erster großer Schritt aus der Not heraus in ein normales Leben ist.
Nun wäre es ja sehr bequem, einfach Spenden zu sammeln und mit dem Geld dann eine Firma zu beauftragen das Haus zu bauen. Aber das widerspräche dem Gedanken, der dieser Aktion zu Grunde liegt, nämlich dass man gemeinschaftlich, mit dem späteren Hausbesitzer, das Haus baut und so ein Zeichen setzt gegen Gleichgültigkeit und die Mentalität "jetzt habe ich Geld gegeben, also lasst mich zufrieden damit". Es wird von der Gemeinschaft in der Gemeinschaft für die Gemeinschaft gebaut.
Vom späteren Eigentümer wird dabei verlangt dass regelmäßig mit geholfen wird - Vorkenntnisse sind nicht notwendig, Wasser holen und Sandwiches schmieren gilt auch.
Natürlich bekommt niemand so ein Haus geschenkt - es muss alles brav abbezahlt werden. Da aber die Arbeitsleistung zum großen Teil unentgeltlich kommt und auch viele Materialien von örtlichen Firmen gesponsort werden und zudem der Baukredit in der Regel von kirchennahen Instituten zu extrem günstigen Konditionen gewährt wird, sind beste Voraussetzungen geschaffen.
Nein, Paläste entstehen auf diese Weise nicht. Man kann zwischen zwei oder drei einfachen Hausplänen wählen, die alle mehr oder weniger einem mittleren Standard entsprechen. Und selbstverständlich ist das Haus dann ein typisch amerikanisches Holzhaus - ohne große Isolierung, alles genagelt statt geschraubt, alles auf die billige Art statt auf die solide. Dadurch, dass beim Bau überwiegend freiwillige mit machen, von denen die meisten eher weniger Erfahrung im Umgang mit Holz, Hammer und Hochdrucknagelpistole haben ist auch nicht unbedingt die höchste Qualität zu erwarten.Wobei natürlich der Werkstoff Holz sehr nachgiebig gegenüber Unerfahrenheit ist - was nicht passt wird mit Hammer und Säge schon passend gemacht.
Für die Ewigkeit wird hier sowieso nicht gebaut, man geht davon aus das man in seinem ersten Haus die Kinder groß zieht und dann, nach etwa zwanzig Jahren wenn die Kinder ihre eigenen Wege gehen, sowieso in ein kleineres Haus zieht. Das hält dann nochmal zwanzig Jahre, bis man pensioniert ist und sich nach Florida in eine kleine Wohnung am Strand verzieht.


Ungefähr vier Monate dauert es bis so ein Habitat Haus fertig ist. Denn weil da überwiegend Freiwillige arbeiten wird hauptsächlich Samstags gebaut - das zieht sich dann etwas. Jedes Haus wird dabei von einer oder mehreren Kirchen gesponsort, was bedeutet dass sich die Freiwilligen zum großen Teil aus diesen Kirchen rekrutieren. Habitat for Humanity ist eine konfessionsübergreifende christliche Stiftung, deren prominenteste Förderer der ehemalige US Präsident Jimmy Carter und seine Frau sind.
Das neue Haus der Familie Moore in Huntsville wurde zum Beispiel von den umliegenden Lutheraner-Gemeinden gesponsort - und  meine Frau hat dort mit gebaut.
Und was sie mir so erzählt hat, wie dort gebaut wird ... ich bin ja nicht ganz unbeleckt, habe in den Ferien immer mit meinem Vater auf dem Bau gearbeitet, weiß also grundsätzlich Bescheid - so manches hat nur Kopfschütteln bei mir hervor gerufen. Von meinem Vater habe ich gelernt was Qualität heißt und wie man Sachen richtig zu Ende führt.Und auch meine Frau hat dieses - ich weiß nicht typisch deutsche? - Bedürfnis alles korrekt und so gut wie möglich zu machen, ohne Abkürzungen zu nehmen und Kompromisse in Kauf zu nehmen. gerade wenn es um so etwas grundsätzliches wie ein Haus geht. Aber da haben die Amiländer ein ganz anderes Verständnis. Hauptsache einfach und schnell - nageln mit der Pressluftpistole statt umständlich schrauben. Egal, zwanzig Jahre wird das schon halten ...
Tueren werden mit Spaltmassen von halben Zentimetern und mehr eingebaut - das schließt nix fugendicht, aber egal, irgendwie zu sind sie halt schon.
Andererseits haben sie aber auch einige Dinge die recht gut durchdacht sind - so ist grundsätzlich alles genormt und  ein Haus ist entweder zwei oder drei oder vier Lattenlängen lang und eine Lattenlänge hoch. Dreieinhalb mal eineinhalb gibt es nicht, denn dann passt schon die Nässeschutzfolie, die von einer großen Rolle einmal im Ganzen um das Haus gewickelt wird (die Fenster werden später heraus geschnitten) nicht mehr und man müsste stückeln - undenkbar. Andererseits gibt es diese Folie in jedem Baumarkt, was die Logistik erheblich vereinfacht.

Ein anderes Merkmal amerikanischer Baustellen ist die Anzahl der Arbeiter, die dort herum wuseln. Inkompetenz und Ineffizienz wird dort einfach mit der schieren Masse der Beteiligten ausgeglichen.
Meine Frau ist ein ums andere Mal frustriert nach Hause gekommen, wenn mal wieder etwas zu kompliziert, völlig falsch oder auch nur ineffizient ausgeführt worden war. Als Ingenieurin treiben sie solche Sachen die Wände hoch und zum Schluss hin wurden dann auch endlich ihre Vorschläge wie es besser zu machen sei akzeptiert - da wundert man sich irgendwann nicht mehr, wie die Amis es geschafft haben in so kurzer Zeit auf den Mond zu kommen ... nur mit Hilfe ihrer deutschen Ingenieure.
Kaufen würden wir jedenfalls eines dieser Ami-Häuser auf keinen Fall - vorher schon nicht und jetzt, nachdem besonders meine Frau einen unmittelbaren und sehr tiefen Blick in die Produktion werfen konnte, schon gar nicht. Alles nur zusammen geschustert und auf hübsch gemacht aber keine Substanz dahinter.
Trotzdem, wenn im Herbst wieder gebaut wird, hat sie vor wieder mit dabei zu sein. Denn das Bauen an sich macht ihr schon sehr viel Spaß - und in Deutschland gibt es diese Möglichkeit nicht. Ich kann sie verstehen - etwas dauerhaftes mit den eigenen Händen zu schaffen erfüllt einen schon mit Stolz und einem Gefühl etwas besonderes geleistet zu haben ...

No comments: