Sunday, May 2, 2010

Learner's Permit

Heute ist unser Großer (15 Jahre alt und vollpubertär) zum ersten Mal Auto gefahren.
Eine Stunde mit Mami auf dem Parkplatz seiner High School.
Seit Freitag hat er seine Learner's Permit, mit der er begleitet fahren darf - auch auf der Straße, solange ein Erwachsener neben ihm sitzt. Aber soweit sind wir noch nicht.
Und bis wir soweit waren, dass er seinen Anfänger-Führerschein bekommen hat ... die amerikanische Bürokratie ist wirklich hanebüchen.

Vor gut einem Monat, während der Frühjarsferien, sind wir zum ersten Mal hin zur Führerscheinstelle. Mit Reisepass, Geburtsurkunde, Aufenthaltsbestätigung, Visum, dem Nachweis dass Augustus vor zweitausend Jahren römischer Kaiser war ... und wurden abgewiesen.
In den Regularien stand ganz klar drin, dass man eine ins Englische übersetzte und von der Botschaft beglaubigte Geburtsurkunde vorweisen muß. Die, die wir dabei hatten war in Deutsch, mit einem Siegel das sie nicht kannten. Natürlich konnten sie den Text nicht entziffern - Geburtsort, Name, Geburtstag ist ja auch ein echtes Jahrhunderträtsel, in jeder Sprache. Auch ein Anruf in Montgomery bei der Staatsregierung brachte keine andere Auskunft - eine übersetzte, von der Botschaft beglaubigte ...
Also wieder nach Hause, die deutsche Botschaft in Washington angerufen - nicht zuständig, bitte an das Konsulat in Atlanta wenden.
Hallo Atlanta, könnt ihr uns weiterhelfen? Nee, auch nicht, die stellen keine Beglaubigungen von Geburtsurkunden aus. Aber wie wäre es denn  mit einer internationalen Geburtsurkunde, direkt vom zuständigen Standesamt in Deutschland? Da sind alle 26 EU-Sprachen drauf und zwischen Deutsch und Französisch ist dort auch Englisch zu finden.
Prima, Lösung in Sicht, wieder zurück zur Führerscheinstelle - wie wäre es denn mit einer internationalen Geburtsurkunde?
Nee, eher nicht, soetwas kennen die hier nicht, gibt es denn keine Botschaft in Alabama zu der wir mal kurz hinfahren und das regeln könnten?
Erklärt man denen nun, dass es Botschaften immer nur in den Hauptstädten gibt und dass es hier in den USA für Deutsche ungefähr ein halbes Dutzend Konsulate gibt, die für die einzelnen Regionen zuständig sind und dass das für uns zuständige in Atlanta liegt und die erstens das Beglaubigen nicht tun wollen und zweitens gute vier Stunden Fahrt dorthin in keinem Verhältnis stehen?
Hat keinen Zweck. Die gehen davon aus, dass jeder Staat der Welt auch in Alabama eine Botschaft unterhält - schließlich ist man ja auch ein Staat ...
Aber man will ja nicht so sein, schaffen Sie diese komische internationale Geburtsurkunde einfach mal heran, dann sehen wir schon ob wir etwas damit anfangen können.
Also das Standesamt in Deutschland angeschrieben. Den Fall geschildert und um Hilfe gebeten. Prompte Antwort: Kein Problem. Stellen wir gerne aus, soll sie denn auch für außer-EU Gebrauch beglaubigt werden? Das würde dann die Regierung von Oberbayern machen - kostet ein bischen was und dauert etwas länger, aber grundsätzlich kein Problem.
Also dann, Kopie des Personalausweises und des Reisepasses, plus fünfzig Euro in einen Briefumschlag, ab ans Standesamt und knappe drei Wochen später lag die internationale Geburtsurkunde, beglaubigt und mit Siegeln versehen, in unserem Briefkasten. Und fünfzehn Euro, die übrig geblieben waren.
Also wieder hin zur Führerscheinstelle. Kurz vor vier Uhr am Freitag - gerade noch so vor Annahmeschluß an diesem Tag.
Hmm, die Dame am Empfang war wieder skeptisch. Internationale Geburtsurkunde - soetwas hatte sie noch nie gesehen. Aber was soll's, man fülle mal den Zettel hier aus und gebe die Papiere dann dem Prüfer, der wird schon wissen was damit zu machen sei.
Der allerdings wollte davon gar nichts mehr sehen - ging wohl davon aus, dass der Zerberus am Eingang schon alles auf Richtigkeit geprüft hatte.
Zwanzig Fragen (eine davon falsch beantwortet) und zwanzig Minuten später war unser Großer dann wieder draußen, als stolzer Besitzer eines richtigen, echten alabamischen Führerscheins. Jetzt kann's losgehen mit dem Auto fahren.
Und die Moral von der Geschicht? Die deutsche Bürokratie arbeitet auch auf sechstausend Kilometer Entfernung noch für ihre Bürger, die amerikanische Variante arbeitet nach dem Zufallsprinzip.
Sobald er 16 ist, darf er die praktische Fahrprüfung ablegen und danach ganz alleine, ohne Begleitung, Auto fahren. Aber bis dahin ist noch ein langer Weg ... der zum Glück keine bürokratischen Hindernisse mehr beinhaltet. Toi, toi, toi ...

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