Sunday, December 30, 2012

Jerk

Seit der letzten Runde der Restrukturierung, Zusammenfassung und Schließung von US Militärbasen (Base Re-Alignment and Closures - BRAC), die von 2005 bis Ende 2011 lief, sind gut 5000 militärische und zivile Dienstposten von anderen Stützpunkten ins Redstone Arsenal verlegt worden. Die weitaus meisten kamen dabei aus den nördlicheren Gefilden der USA, aus Virginia und North Carolina zum Beispiel.
Nun gehören diese beiden Staaten auch zu den "klassischen" Südstaaten und waren Teil der Konföderierten Staaten von Amerika im Bürgerkrieg. Also sollte man meinen, dass Zugezogene von dort annähernd die gleichen Manieren, Traditionen und Gebräuche mitbringen, wie sie hier in Alabama und den übrigen Südstaaten gepflegt werden. Wie zum Beispiel Rücksichtnahme, Freundlichkeit, Zurückhaltung und Hilfsbereitschaft.
In den vergangenen Jahren haben wir aber zunehmend feststellen müssen, dass je mehr "Auswärtige" hierher versetzt wurden, sich der Umgangston hier in Huntsville zunehmend rauer gestaltet.
Vor allen Dingen nimmt man das auf den Straßen, beim Auto fahren wahr. Wo früher abwarten, vorbei winken, sich miteinander verständigen die Norm war und defensives Fahren tatsächlich praktiziert wurde, ist mittlerweile vordrängeln, dicht auffahren und anhupen auf dem Vormarsch. Und immer sind es Leute mit Nummernschildern aus New York, Virginia, North Carolina oder Pennsylvania die derart dumm auffallen.

Und heute ist mir dann der Kragen geplatzt. Ich war mit den Kindern im Auto unterwegs zum Spielplatz und musste an der Einfahrt von unserer Siedlung auf die Hauptstraße anhalten um eine passende Stelle im fließenden Verkehr abzuwarten. Mit den Kindern hinten drin bin ich da immer extra vorsichtig und gewissenhaft und versuche nicht mich mit Vollgas in jede kleine Lücke zu zwängen.
Da hupt es plötzlich. Dem Typen hinter mir schien es nicht schnell genug zu gehen. Nun ja, soll er hupen, ich entscheide hier wann ich die Situation für angemessen halte mich auf die gegenüberliegende Spur einzufädeln. Da hupt er nochmal.
Einmal zuviel, du Idiot.
Ich also raus aus meinem Auto und zu ihm hin - was denn sein Problem wäre?!
Ich hätte schon zwei Gelegenheiten verstreichen lassen, das war sein Problem. An einem Sonntagnachmittag, wo es auf jede Zehntelsekunde ankommt. Ich war sprachlos.
"Na und?!", war meine - zugegebenermaßen recht lahme - Replik.
Ehe ich noch etwas anderes sagen konnte, setzte er schon zurück, fuhr an meinem Auto vorbei (die amerikanischen Einfahrten sind alle recht großzügig ausgelegt ...) und bog mit heulendem Motor und quietschenden Reifen auf die Hauptstraße ein.
Ich ging ganz gemütlich zu meinem Auto, stieg ein und fuhr auch los. An der nächsten Ampel, gute zwei Kilometer weiter, stand er dann vor mir und wartete auf Grün. Da hatte ich dann auch einen guten Blick auf sein Nummernschild - North Carolina. Dummer Yankee-Jerk ...

Wednesday, December 19, 2012

Shoe Tree

Viele Sitten, Gebräuche und sozial-psychologische Phänomene hier in Amiland können durchaus merkwürdig, abstoßend oder völlig plemplem auf den durchschnittlichen Europäer wirken. Andersherum funktioniert das wahrscheinlich auch.

In den USA gibt es ungefähr 80 sogenannte "Shoe Trees". Das sind Bäume, an deren Äste nicht mehr benutzte Schuhe gehängt werden. Ganz demokratisch darf jeder mitmachen und jeder darf sich auch Schuhe die dort hängen herunter holen.
Auch hier in relativer Nähe (ca. 100 km entfernt) gibt es einen solchen Shoe Tree, in Cherokee am Highway 72, nahe der Grenze zu Mississippi.
Dort war ich heute und habe meine alten Freizeitschuhe, die mittlerweile Löchern in den Sohlen haben, an den Baum gehängt.
Gute 10 Jahre hatte ich sie und sie haben so einiges mit gemacht in dieser Zeit. Bequemere und strapazierfähigere Schuhe hatte ich selten, daher wollte ich sie nicht einfach in die Mülltonne werfen. Daher also der Trip zum Shoe Tree in Cherokee - ein würdiger letzter Ruheort, wie ich finde ...





Monday, December 17, 2012

28

Heute morgen hat die Polizei vor der Schule unserer Kinder gestanden. Und nicht nur dort - alle Schulen in Nord-Alabama hatten heute eine Polizei-Eskorte. Das soll noch die ganze Woche so weiter gehen - dann fangen die Weihnachtsferien an. Die Gemüter werden sich bis dahin auch wieder beruhigt haben und man wird zur Normalität über gehen. Immerhin ist in einer Woche Weihnachten, da will man sich die Stimmung nicht völlig verderben lassen und jeden Tag daran erinnert werden was für eine schreckliche Tragödie sich letzten Freitag in Newtown, Connecticut zugetragen hat.
Womoeglich würde eine weitere Beschäftigung mit dem Amoklauf, der 28 Menschen das Leben gekostet hat, dazu führen dass man über Waffenbesitz, Waffengesetze und die Verantwortung der bis an die Zähne aufgerüsteten Gesellschaft für solche Massenmorde nachdenken muss. Gott bewahre!
Wobei der ja die kleinen unschuldigen Kinder auch nicht vor diesem schrecklichen Schicksal bewahrt hat. Was aber auch nur zu verständlich ist, wenn man den Aussagen von einigen politischen Rechtsaußen, Männern der Kirche und Vertretern der Waffenlobby glauben schenken darf, denn Gott wurde ja systematisch aus den Schulen verbannt und das habt ihr nun davon. Glaubt mehr, betet mehr, geht mehr zur Kirche und es wird euch nichts Schlimmes geschehen. Außer denen, die neulich erst in Tennessee mitten beim Gottesdienst von einem Amokschützen nieder geballert wurden. Müssen wohl heimliche Sünder gewesen sein, oder so.
Egal, es ist ja lang schon bekannt und wird auch dieser Tage immer wieder gerne noch mal von Politikern die wieder gewählt werden wollen, Männern der Kirche und der Waffenlobby wiederholt, dass Waffen keine Menschen töten, sondern es die Menschen sind, die andere Menschen töten.
Aber es hilft schon, vor allen Dingen wenn man ordentlich viele in kürzester Zeit zu ihrem Schöpfer schicken will, wenn man einfach in den nächsten Supermarkt gehen und sich ein kriegstaugliches Sturmgewehr kaufen kann. Und die passenden Hohlspitzgeschosse gleich dazu - die machen so schön große Löcher in kleinen Kinderkörpern.
Nun ist also die Entrüstung groß - auf der einen Seite darüber, wieder einmal um so viele unschuldige Menschen trauern zu müssen, und auf der anderen Seite darüber, dass nun wieder einmal alle unschuldigen Sturmgewehrbesitzer an den Pranger gestellt werden.
Ändern wird sich dadurch natürlich gar nichts. Wie soll man denn auch geschätzte 200 Millionen Waffen, die sich in Privatbesitz befinden, einsammeln können? Ohne einen Bürgerkrieg los zu treten geht das hier gar nicht, denn immerhin ist das Recht auf die eigene Waffe in der Verfassung verankert. Ob die Gründerväter, in der Zeit von Vorderladern und Schwarzpulver, damals allerdings automatische Pistolen und Sturmgewehre voraus gesehen habe, dürfte fraglich sein.
Nun ja, u das Gesicht zu wahren, Härte zu demonstrieren und wilden Aktionismus zu verbreiten, wird man demnächst die Sturmgewehre verbieten. Wieder einmal. Wie schon von 1994 bis 2004, als es verboten war 18 spezifische Gewehrmodelle herzustellen, zu verkaufen oder zu erwerben. Verkauft wurde das als Bann aller Sturmgewehre, tatsächlich jedoch gab es so viele legale Schlupflöcher (darunter die einfache Modifizierung und Um-Etikettierung der verbotenen Modelle), dass diese ganze Maßnahme reine Kosmetik war.
So wie der Polizist, der diese Woche morgens zum Unterrichtsbeginn vor der Schule unserer Kinder auftauchen wird.
Auf eine andere Art wird sich die Tragödie von Newtown allerdings auswirken. Da es hier in den USA keine Schulpflicht gibt, werden viele Eltern nun beschließen ihre Kinder zu Hause zu unterrichten, da sie in den öffentlichen Schulen ja offensichtlich nicht mehr sicher sind. Dumm ist dabei nur, dass die Unterrichtsmaterialien, Lehrpläne, pädagogischen Schulungen und so weiter fest in der Hand der Kirche sind. Der fundamental-christlichen Kirche. Anstatt Evolution also Adam und Eva, statt dem Big Bang also die sieben Schöpfungstage, statt Frieden schaffen ohne Waffen also die Verteidigung des Grundrechts auf Waffenbesitz. Wobei dann die nächste Generation herangezogen wird, die treu glaubend nachplappert: Nicht Waffen töten Menschen, sondern Menschen töten Menschen. Aber nur die, die nicht fest genug an Gott glauben.
Habt ihr heute schon gebetet? Oder tragt ihr stattdessen eine schusssichere Weste?
Armes Amerika ...

Und hier noch ein Zitat aus Facebook von heute:


Guns are not the problem ... Armes Amerika.

Thursday, November 29, 2012

Intercept

Viele haben es uns nicht zugetraut. Einige haben uns einen Misserfolg gewünscht. Wir haben einen direkten Treffer gelandet ...

MEADS Successfully Intercepts Air-Breathing Target
At White Sands Missile Range

ORLANDO/MUNICH/ROME, November 29, 2012 – The Medium Extended Air Defense System (MEADS) detected, tracked, intercepted and destroyed an air-breathing target in its first-ever intercept flight test today at White Sands Missile Range, N.M. The test achieved all criteria for success.
MEADS is a next-generation, ground-mobile air and missile defense system that incorporates 360-degree radars, netted and distributed battle management, easily transportable launchers and the hit-to-kill PAC-3 Missile Segment Enhancement (MSE) Missile. The system combines superior battlefield protection with new flexibility to protect forces and critical assets against tactical ballistic missiles, cruise missiles, unmanned aerial vehicles and aircraft.
The MEADS test configuration included a networked MEADS battle manager, lightweight launcher firing a PAC-3 MSE Certified Missile Round, and a 360-degree MEADS Multifunction Fire Control Radar (MFCR), which tracked the MQM-107 target and guided the missile to a successful intercept.
“Today’s successful flight test further demonstrates MEADS’ ability to identify, track, engage and defeat targets attacking from any direction using a single mobile launcher,” said NATO MEADS Management Agency General Manager Gregory Kee. “MEADS is proving its capability to defend our warfighters and key assets against a growing 21st century threat.”
The test exploited the MEADS capability for full-perimeter, 360-degree defense with the PAC-3 MSE Missile performing a unique over-the-shoulder maneuver to defeat the target attacking from behind the MEADS emplacement.
“MEADS provides advanced capabilities that detect, track and intercept evolving threats from farther away and without blind spots,” said MEADS International President Dave Berganini. “Today’s successful intercept proves MEADS’ advertised capabilities are real. Its digital designs, and modern hardware and software ensure high reliability rates and dramatically reduced operational and support costs.”
The MFCR is an X-band, solid-state, active electronically scanned array radar which provides precision tracking and wideband discrimination and classification capabilities. For extremely rapid deployments, the MEADS MFCR can provide both surveillance and fire control capabilities until a surveillance radar joins the network. An advanced identify friend-or-foe subsystem supports improved passive threat identification and typing.
Using its 360-degree defensive capability, the advanced MEADS radars and PAC-3 MSE Missile, MEADS defends up to eight times the coverage area with far fewer system assets and significantly reduces demand for deployed personnel and equipment, which reduces demand for airlift.
MEADS successfully completed its first flight test on November 17, 2011, against a simulated target attacking from behind. A PAC-3 MSE Certified Missile Round was employed during the test along with the MEADS lightweight launcher and battle manager.
MEADS International, a multinational joint venture headquartered in Orlando, Fla., is the prime contractor for the MEADS system. Major subcontractors and joint venture partners are MBDA in Italy and Germany, and Lockheed Martin in the United States.
The MEADS program management agency NAMEADSMA is located in Huntsville, Ala.

Saturday, November 10, 2012

Chick-fil-A

Ich weiß eigentlich gar nicht ob ich das öffentlich zugeben soll, dass ich des öfteren zu Chick-fil-A gehe. Aber von all den myriaden Fast-Food Läden hier ist das immer noch der Beste. Es gibt dort ausschließlich Hühnchen - als Burger, als Suppe, als Strips oder Nuggets, gebraten oder paniert und gebraten. Dann haben die noch Fruchtbecher mit echten Früchten, Salate und ganz prima Softeis. Ja klar, alles nicht so furchtbar gesund aber ich traue denen weitaus mehr, was die Lebensmittelhygiene und eklige Beimischungen zum Burgerfleisch angeht, als den Typen mit den goldenen Doppelbögen. Wieso? Weil Chick-fil-A eine auf christlichen Prinzipien basierende Fast-Food-Kette ist.
Doch, so etwas gibt es hier. Außer in der Qualität des Essens merkt man es auch an anderen Dingen. Zum Beispiel sind alle Chick-fil-A Filialen mit einem Spielplatz ausgestattet - sehr kinderfreundlich. Weiterhin ist es dort immer pikobello sauber und die Angestellten sind immer adrett angezogen und extrem freundlich und zuvorkommend. Irgendwie habe ich auch den Eindruck, dass sie fast alle weiß sind - aber da muss ich nochmal genauer hin gucken, das kann bei einem Anteil der schwarzen Bevölkerung von gut 30 Prozent hier eigentlich statistisch schon gar nicht sein. Nur morgen kann ich das nicht weiter eruieren, da ist Sonntag und am Tag des Herrn hat Chick-fil-A zu. Damit die Angestellten nicht vom Kirchgang abgehalten werden. Zur Kirche geht natürlich auch der Besitzer der Kette und seine Familie. Und zu einem christlichen Lebensstil hier im Süden gehört es auch sich zur Familie zu bekennen, wie Gott sie beabsichtigt und in der Bibel festgeschrieben hat.
Also als Einheit von Mann und Frau.
Das hat der Sohn des Besitzers, der zugleich auch Vorstandsvorsitzender ist, vor ein paar Wochen ganz unschuldig einem Reporter in den Block diktiert. Worauf hier ein Shitstorm allererster Kajüte losbrach, mit Boykotten, Demonstrationen, Petitionen, Leserbriefen und allem drum and dran. Denn obwohl er es nicht direkt gesagt hatte, meinte der Vorstandsvorsitzende mit seiner Aussage, dass er natürlich als gläubiger Christ die von Gott nicht gewollte Form des familiären Miteinanders ablehnt - also Mann mit Mann oder Frau mit Frau. Also haben die Liberalen los geschrien, worauf die konservativ-christlichen zurück geschrien haben.
Für gut eine Woche konnte man zu keinem Chick-fil-A gehen ohne von Aktivisten der einen oder anderen Seite belästigt zu werden. Hier in Huntsville manifestierte sich das durch fast kilometerlange Auto-Schlangen, die sich vor den Filialen bildeten. Man war hier eindeutig auf der Seite des christlichen Abendlandes und seines Vorstandsvorsitzenden und wollte durch vermehrtes Essen von Hühnerbrüsten den Untergang der  Zivilisation verhindern.
Nun ist mir das persönlich völlig schnuppe, wer mit wem ins Bett steigt und wer die Bibel wie interpretiert. Aber wenn ich nun in so einem Laden Geld lasse, unterstütze ich damit nicht Intoleranz und Engstirnigkeit? Also lieber meine Kinder mit den fragwürdigen Lebensmitteln der Konkurrenz füttern, auf spackigen Stühlen an schmierigen Tischen sitzen und unauffällig die Gangster-Rapper am Nebentisch im Auge behalten? Nein, Danke.
Ich halte es da mit dem alten Fritz - jeder soll nach seiner Façon selig werden. Und solange sie mir statt eines Chicken-Sandwich nicht ein christliches Pamphlet in die Hand drücken werden sie mit mir auch keine Probleme bekommen. Der Vorstandsvorsitzende hat genauso das Recht auf eine eigene Meinung wie ich. Solange wir das beide respektieren kann ich gut damit leben, dass sie am Sonntag zu haben ...



Tuesday, November 6, 2012

Election Day

Heute war in Amiland der große Wahltag. Und damit auch ja niemand vergisst wen er wählen soll, gibt es einige Hilfestellungen.
Wahlwerbungsschilder direkt vor dem Wahllokal, zum Beispiel. In Deutschland dürfen in einem Umkreis von 100 Metern um ein Wahllokal keine Wahlplakate zu finden sein. Hier stellt sich Chris Comer, der für das Amt des Bezirksrichters kandidiert, einfach mit einem großen Schild in die Auffahrt zum Wahllokal im Polizeihauptquatier von Madison. Kein Problem, persönlicher Einsatz ist hier immer gerne gesehen - und geholfen hat es auch, der gute Mann wurde tatsächlich gewählt.
Und wer trotz solcher direkten Einflussnahme noch immer nicht weiß wen er wählen soll, der guckt einfach in die Zeitung. In der hiesigen Lokalzeitung war am letzten Sonntag eine große Sektion mit Wahlempfehlungen der Redaktion zu finden. Recht neutral, wie ich fand, und schön ausgeglichen zwischen Demokraten und Republikanern. Aber ist eine Zeitung nicht eigentlich dazu da unparteiisch, fair und unvoreingenommen über Fakten zu berichten, auf das sich der geneigte Leser selber eine Meinung bilden kann?
Nun ja, dazu muss der geneigte Leser ab und an ja mal selber nachdenken. Nicht so einfach hier in Alabama, wo bei dieser Wahl Roy Moore wieder in das Amt des obersten Richters des Staates gewählt wurde - obwohl er vor einigen Jahren wegen massiver Verfehlungen im Amt von einer Justizkommission aus dem Amt gejagt wurde. Der gute Judge Moore hatte sich damals unter anderem geweigert ein monströses steinernes Monument der zehn Gebote aus seinem Gerichtspalast zu entfernen. Außerdem glaubt er dass die Evolution ein reiner Kokolores ist, dass Schwule Geschöpfe des Teufels sind und dass Frauen gefälligst Kinder kriegen und am Herd stehen sollen. Amen. Immerhin 52% der Alabamier wollen nun also von einem Mann gerichtet werden, der in der einen Hand die Bibel hält und in der anderen Hand den Stein, der er als erster zu werfen gedenkt.
Dabei war es diesmal gar nicht einfach seine Stimme abzugeben - aufgrund der enormen Wahlbeteiligung von rund 70% bildeten sich enorme Schlangen um die Wahllokale. Denn die meisten Bürger gingen erst zur Wahlurne als sie von der Arbeit kamen. Eigentlich sollte nur bis 7 Uhr abends gewählt werden können - da man aber keine Straßenschlachten mit verärgerten Möchtegernwählern riskieren wollte, ließ man die Wahllokale eben einfach so lange offen bis jeder drangekommen war.
Sie sind halt praktisch veranlagt, die Amiländer.
Und zusammen mit jeder Menge Kreisverordneter, Richter, Kreisschatzmeister, Berzirkskommissionsverordneter und ähnlichem, wurde auch über 11 Zusätze und Änderungen der Staatsverfassung entschieden.
Das verfassungsmäßige Recht des Staates Alabama in den nächsten 20 Jahren Geld zum Aufkauf und Schutz von unberührter Natur auszugeben, wurde mit einer dreiviertel Mehrheit durchgewunken. Keine Überraschung, erlaubt doch der Staat in solchen Gebieten meistens die Einrichtung von Jagdrevieren. Und da hier ungefähr die Hälfte der Bevölkerung die Jagd als zum Lebensstil zugehörig betreibt, war der Ausgang nie in Frage.
Anders sah es da schon beim Antrag aus einige rassistische Passagen aus der Verfassung zu streichen, Das wurde von einer großen Versicherung, ALFA, betrieben und hört sich erst einmal nach einer noblen Sache an.
In den 1950er Jahren fügte Alabama ein paar Sätze in die Verfassung eine, die besagen dass kein Kind vom Staat gezwungen werden kann auf eine Schule zu gehen die nicht seiner Rasse entspricht. Gleichzeitig wurde das Recht auf eine kostenlose Schulbildung für alle Kinder in Alabama zugesichert.
Mittlerweile wurde durch unzählige Gerichtsurteile und andere Regularien die Rassentrennung an Schulen in Alabama schon längst abgeschafft. Dass der alte Text in der Verfassung stand war zwar ein Schönheitsfehler aber für die tägliche Schulpraxis von keinerlei Bedeutung mehr.
Wieso also wollte ALFA diesen Passus nun streichen lassen? Weil damit auch das Recht auf kostenlose Schulbildung in Alabama gestrichen worden wäre. Das dadurch frei werdende Geld im Staatsbudget sollte dann für andere noble Zwecke verwendet werden. Für die Senkung der Versicherungssteuer zum Beispiel, was nach Berechnungen von ALFA die Wirtschaft in Alabama ordentlich angekurbelt hätte. Und die armen ungebildeten Kinder? Nun, die sollten in Privatschulen gehen. Und wer sich das nicht leisten konnte, sollte sie entweder zu hause selber unterrichten (nach kirchlichem Lehrplan, denn die Home Schooling Szene ist hier fest in religiöser Hand ...) oder in kirchliche Schulen schicken. Ach so, hatte ich vergessen zu erwähnen - ALFA wurde in dieser Initiative von einem Zusammenschluss mehrerer Kirchen unterstützt.
Nun ja, so ganz dumm sind die Alabamier dann doch noch nicht - die Initiative wurde mit großer Mehrheit abgeschmettert.
Mit nur ganz geringer Mehrheit wurde der Verkauf von Alkohol in Hartselle abgelehnt. Macht nix, dann kauft man den Sprit eben in Priceville oder Boaz, die beide mit knapper Mherheit dafür gestimmt haben das Weihwasser des Teufels in ihre Gemeinden zu lassen. Nun ja, nicht dass es nicht schon vorher auch darin zu finden gewesen wäre - an konnte sich immer schon in Huntsville damit eindecken.
Ach so, und einen neuen Präsidenten haben sie dann auch noch gleich gewählt. Nun ja, eigentlich haben sie nur den alten im Amt bestätigt. Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte wenn der Herausforderer gewonnen hätte. Das Land wird schon längst nicht mehr von den Politikern regiert sondern von Big Busines und seinen erz-kapitalistischen Schergen. Bei Obama müssen sie die Strippen verschämt im Hintergrund ziehen, bei Romney hätten sie das in aller Öffentlichkeit gedurft.
Man kann nur hoffen, dass sich nun nicht irgendein "Patriot" dazu bemüßigt fühlt das Wahlergebnis mit der Waffe in der Hand zu redigieren und das Land endlich von dem sozialistischen Ausländer zu befreien, der jetzt weitere vier Jahre ungerechtfertigt im Weißen Haus wohnt. Dieses Land wird nicht von außen durch Terroristen, China oder Tropenstürme bedroht, sondern von innen durch die vielen Enttäuschten, Unzufriedenen und Hoffnungslosen. Ein Riß geht durch dieses Land und diese Wahl hat ihn nur noch deutlicher hervor treten lassen ...




Sunday, November 4, 2012

Veterans Day

Nächsten Sonntag ist hier in Amiland Veterans Day. Dann gibt es allerlei Paraden, Dankesadressen, Kindergartenklassen gehen in Veteranenkrankenhäuser um Geschenke zu überbringen, es werden Schleifen im Tarndruck verteilt die man sich als sichtbares Zeichen der Unterstützung ans Auto pinnen kann und vieles mehr. Dieser Feiertag hat inzwischen in Intensität, Tam-Tam und der Berichterstattung in den Medien den bisher höchsten Feiertag, Thanksgiving, abgelöst. Man kann ihm einfach nicht entgehen. Natürlich ist es schön dass, anders als nach dem Vietnam-Krieg, die Veteranen die für Bush und Co. die Haut hingehalten haben nicht vergessen werden. Was hier im Moment abläuft geht aber weit darüber hinaus - es ist ein Heldenkult entstanden der keine Reflektion über das Warum zu lässt, sondern das Wodurch in den Vordergrund stellt. Und so war auch das heutige NFL Football Spiel in Nashville zwischen den Titans und den Chicago Bears von den Vorfeiern zum Heldengedenktag geprägt. Beim Absingen der Nationalhymne wird in Nashville immer eine riesige US Flagge auf dem Spielfeld ausgerollt. Diesmal sogar in den Umrissen der USA. Flaggenhalter waren Soldaten der 101st Airborne Division, frisch zurück aus Afghanistan. Dann wurde noch eine Extra-Flagge im Stadion gehisst und zwar von einem Veteranen des zweiten Weltkriegs, der über Europa und dem Pazifik Jagdflugzeuge geflogen hatte (kleine Anmerkung: bei seiner Vorstellung auf den zwei  riesigen Bildschirmen an den Stirnseiten des Stadions zuckte ich etwas zusammen als mir da übermannsgroße Hakenkreuze entgegen sprangen - als Abschussmarken am Flugzeug des Piloten ...). Während einer Spielpause wurden einem Angehörigen der Division, der zweimal verwundet worden war, ein offizieller NFL Spielball übergeben. Und danach wurde verkündet, dass der Sponsor der Tennessee Titans, ein großer Baumaterialkonzern, im Laufe des nächsten Jahres sechs neue Häuser für heimkehrende Veteranen bauen wird. Und das erste davon bekommt der eben noch mit einem Spielball ausgezeichnete verwundete Veteran. In anderen Spielpausen wurden Videos von Soldaten abgespielt, die aus Tennessee stammen und gegenwärtig im Einsatz in Afghanistan sind - Go Titans, beat the Bears!
Die Halbzeitshow bestritt dann die Marching Band der 101st Airborne Division. Und vor den unzähligen Verkaufsständen hinter den Tribünen versammelte sich mehrere Male spontan eine Menschentraube, die "USA, USA" skandierte - da lief ein Typ umher, der ganz in Stars and Stripes gekleidet war. Das einzige was bei diesen Festivitäten nicht so recht klappte war dass die zwei F-16 Kampfjets, die auch standardmäßig zur Show gehören, nicht wie üblich am Ende der Nationalhymne im Tiefflug über das Stadion donnerten, sondern erst gut eine Minute später, als das Spiel schon fast angefangen hatte. Das hat aber der Stimmung keinen Abbruch getan. Genauso wenig wie die Meldung von heute, dass im vergangenen Monat in Afghanistan erstmals mehr US Soldaten Selbstmord begangen haben als durch Feindeinwirkung getötet wurden, dem ganzen einen Dämpfer aufgesetzt hat. The Show must go on. Hier wie in Afghanistan. Das Spiel endete übrigens mit 51 zu 20 für die Gäste aus Chicago.


Saturday, November 3, 2012

Christmas in November

Wir hatten heute einen richtigen Sommertag hier - knappe 30 Grad Celsius, Sonnenschein, kaum eine Wolke am Himmel, leichter Wind. Nicht gerade typisches aber doch auch kein ungewöhnliches Wetter für Anfang November in Alabama.
Nur dass sie in Bridge Street, der großen Fußgängerzone in Huntsville, schon damit begonnen haben den Weihnachtsbaum aufzustellen störte ein wenig die sommerliche Stimmung ...


Cash and Hope

In drei Tagen findet in Amiland die Wahl des nächsten Präsidenten statt. Obama gegen Romney. Nichts ist entschieden und doch ist in Alabama kaum ein Wahlplakat zu finden. In der Tat ist dieses hier das einzige was ich bisher in Huntsville und Umgebung entdeckt habe. Der Grund dafür ist ganz einfach - Alabama wird mit großer Mehrheit für Romney stimmen. Kein Zweifel darüber und daher auch kein Grund kostbare Wahlkampfgelder in einem schon entschiedenen Staat auszugeben.

Das war schon immer so - Alabama war noch nie ein sogenannter "Swing State". Bis John F. Kennedy wurde hier stramm Demokratisch gewählt. Wobei man wissen muss, dass die sogenannten "Southern Democrats" in ihren Ansichten mehr Rechts standen als die Republikaner. Doch niemand hier im Süden hätte bis dahin jemals erwogen die verhassten Republikaner zu wählen - die Partei Abraham Lincolns, der hier immer noch für den Bürgerkrieg verantwortlich gemacht wird. Zwar teilte man durchaus die konservativen Werte und die rechte Ideologie, doch schnitze man sich lieber eine eigene Spielart zusammen und hängte ihr den Mantel der Demokratischen Partei über als offen mit den geistesverwandten Republikanern zu paktieren. Mit Kennedy, dem ersten katholischen Präsidenten, diesem liberalen Frauenheld aus New England, änderte sich das dann. Von da an schwenkte das protestantisch geprägte, die Moral und Familienwerte hoch haltende, betende und definitiv strikt un-liberale Alabama in das republikanische Lager um und ist seitdem ein relativ sicherer Kantonist für die Grand Old Party.

Also wird es es am Dienstag hier keinerlei Überraschung geben - nur die doch recht witzige Ansage auf der Werbetafel ist etwas, was man von den sonst recht biederen "Konservativen" so nicht unbedingt erwartet hätte. Johnny Cash ist 2003 verstorben, Bob Hope, der große Komiker, im selben Jahr und Ronald Reagan, der hier immer noch als der beste Präsident des letzten Jahrhunderts gilt, weilt seit 2004 nicht mehr unter uns. 1992 war er zwar nicht mehr Präsident (das war George Bush sr), sondern nur bis 1989 - aber "vor 23 Jahren ..." ist wahrscheinlich nicht so "catchy" wie eine runde Zahl. Die Botschaft allerdings kommt klar herüber - die gute alte Zeit ist vorbei und Obama hat alles ruiniert ...



Friday, November 2, 2012

Human Billboard

Die Straßen in den USA sind gepflastert mit Werbung, meist in Form von riesigen Werbetafeln, die auf meterhohen Pfählen befestigt sind (die sog. Billboards). Da sie so häufig sind, nimmt man sie als Autofahrer kaum mehr wahr - beim vorbei fahren wird das alles zu einem langen bunten Farbstreifen vermengt. Außerdem sind die Werbeflächen teuer. Die Inhaber kleiner Geschäfte können sich das in der Regel nicht leisten, müssen aber dennoch ihre Existenz dem potentiellen Käufer kund tun. Also greift man auf einen alten Trick zurück, der schon im frühen 19. Jahrhundert in London erfunden wurde - menschliche Anzeigetafeln. Für ein paar Dollar stellt man einen Studenten, ein minderjähriges Familienmitglied oder einen arbeitslosen Bekannten an die Straße mit einem Schild in der Hand. Um Aufmerksamkeit zu erzeugen hat man dabei mehrere Möglichkeiten - das Schild schön bunt und auffällig gestalten, das Schild herumwirbeln und durch die Luft schleudern oder den Träger in ein auffälliges Kostüm stecken. Spiderman zum Beispiel. Da reicht dann auch ein erkennbar selbst gemaltes Schild mittlerer Größe, das einfach vor die Brust gehalten wird. Und bevor man das als Gimmick oder typisch amiländische Merkwürdigkeit abtut, sollte man folgendes bedenken: Eine Studie die im Oktober 2006 im Moreno Vally, Kalifornien, durchgeführt wurde brachte das Ergebnis, dass rund 8% der Besucher einer neuen Modellhaussiedlung durch "Human Billboards" darauf aufmerksam gemacht wurden. Keine Ahnung ob die damals auch einen Superhelden engagiert hatten - gelohnt hat es sich für die auf jeden Fall. Und auch dem Teppichgeschäft in Meridianville, für das unser Superheld hier wirbt, sollte bals einen spürbaren Anstieg des Umsatzes vermelden können - zumal der Preis auch nicht gerade schlecht zu sein scheint. Man muss die gute Nachricht halt nur irgendwie unter die Leute bringen ...


Missionary

Der Pastor der Messiah Lutheran Church hat gerade eine 10-tägige Bildungsreise durch Deutschland beendet, bei der er die Wirkungsstätten von Martin Luther besucht hat. Ihm sind während dieser anderthalb Wochen verschiedene Dinge aufgefallen. Die Deutschen, so schreibt er im Gemeindebrief, haben eine starke Arbeitsethik und einen hohen Sinn für Ordnung. Aber sie erschienen ihm durchweg unglücklich zu sein. Das führt er darauf zurück dass das Christentum immer mehr zur Seite gedrängt wird. Und während die Kirchen von außen grandios sind, haben viele heutzutage eher den Charakter eines Museums und viele andere werden sogar in islamische Moscheen umgewandelt. Er führt das auf das Empfinden einer nationalen Schande wegen der zwei von Deutschland verursachten Weltkriege zurück, welche die Seele des Volkes gestohlen hat. Er beklagt die Gottlosigkeit in der deutschen Gesellschaft und meint nun etwas dagegen tun zu müssen - zumal er als Lutheraner eine besondere Verbindung mit Deutschland spürt.
Also hat er am letzten Tag seiner Reise, als er eine lutheranische Kirche in den Niederlanden besuchte, ein gegenseitiges Freundschaftsabkommen geschlossen. Das soll ein erster Schritt sein zu einer von Amerika geführten lutheranischen  Re-Missionierung von Deutschland.
Alle Sünder sind willkommen, auch die in Deutschland ...


Thursday, November 1, 2012

State Line

Die Studiengebühren an der sehr renommierten Georgia State University liegen bei $5000 für Einwohner von Georgia und gut $15000 bei solchen Studenten die aus anderen Staaten kommen.
Bei der Tennessee State University müssen Studenten aus Tennessee überhaupt keine Studiengebühren zahlen (ist trotzdem nicht ganz kostenlos - rund $3000 pro Semester kommen durch anderen Gebühren zusammen), die von außerhalb des Staates dagegen rund $10000 pro Semester.
Nun sind die "Out-of-State" Studenten eher eine Minderheit in beiden Universitäten - wie also können sie es sich leisten, die sehr teure Ausbildung für ihre Landsmänner und -frauen so billig anzubieten?
Glücksspiel.
In Tennessee, Georgia, Mississippi und Florida gibt es staatliche Lotterien, deren Gewinne überwiegend in die Bildung investiert werden. Seit 2004, dem ersten Jahr der Tennessee Education Lottery, hat sie dem Bildungswesen bereits über 2 Milliarden (!) Dollar eingebracht. Und inden anderen Staaten zu denen Alabama Grenzen hat sieht es ganz ähnlich aus.
In Alabama wurde 1999 ein Gesetzentwurf präsentiert, der diesem Staat auch solch einen Geldregen spendiert hätte. Keine Chance. Nach einem wahren Trommelfeuer von den Kanzeln der tausenden Kirchen hier wurde diese Initiative mit 54 zu 46 Prozent von den Wählern abgeschmettert. Seitdem hat es keine Partei je wieder gewagt das Thema auch nur anzusprechen. Das Bildungsbudget in Alabama schrumpft derweil jährlich um 2-3 Prozent.
Dazu kommt noch, dass die 46 Prozent, die dafür gestimmt hatten, nun ihr Geld eben nach Florida, Tennessee, Georgia und Mississippi tragen - und damit die Bildungseinrichtungen dieser Staaten mitfinanzieren. Gekniffen sind nur die, die mitten in Alabama in der Birmingham-Montogomery Gegend leben und somit ziemlich weite Anfahrten zur nächsten Lottoannahmestelle haben. Was sie nicht davon abhält ihr Geld dorthin zu tragen - wozu gibt es schließlich Verwandte die grenznah leben?
Und so kommt es, dass in Alabama die Moral der gottesfürchtigen Bürger  nicht durch Glücksspiel in Gefahr gebracht wird.
Das Bild zeigt die Situation an der Staatengrenze zu Tennessee auf dem Highway 231 nahe Huntsville - auf der Alabama Seite eine Kirche, auf der Tennessee Seite Sodom und Gomorrha. Wer ganz genau hinguckt kann vielleicht  eine gehörnte Gestalt hinter einem der Bäume ausmachen, die mit einem Diplom winkt ...


Sunday, October 28, 2012

Bulls Eye

In 57% aller Haushalte in Alabama gibt es mindestens eine Handfeuerwaffe. Damit ist Alabama unter den Top 5 in den USA.
Viele Leute bewahren allerdings ihre Knarren nicht notwendigerweise nur zu Hause auf, sondern haben sie im Handschuhfach ihres Autos deponiert oder tragen sie in der Handtasche mit sich herum. Das dürfen sie, wenn sie sich vom örtlichen Sheriff eine sogenannte "Concealed Weapons Permit" ausstellen lassen. Die bekommt man ganz einfach, sofern man nichts auf dem Kerbholz hat und dann darf man die Waffe am Mann/Frau tragen - allerdings ohne sie sichtbar werden zu lassen. Dass dürfen nur die Staatsorgane, zwecks der abschreckenden Wirkung.
Von rund 350.000 Einwohnern in Madison County haben gut 28.000 eine solche Lizenz, also ungefähr jeder 12. In ganz Alabama sind es 160.000 - allerdings hat man da nur die städtischen Gegenden erfasst, denn auf dem Land interessieren solche Fetzen Papier nicht wirklich.
Die Permits lassen sich die Sheriffs natürlich bezahlen - zwischen 10 und 20 Dollares liegt der übliche Satz. Der Permit muß jedes Jahr verlängert werden und so hat sich das zu einer netten kleinen Nebeneinkunftsquelle der Sheriffs entwickelt. Was die Amtsinhaber (Sheriff ist ein Wahlamt ...) damit machen bleibt ihnen überlassen - die meisten führen es dem eigenen polizeilichen Budget zu.
Nun ja, soweit sind wir noch nicht - denken aber mittlerweile wegen der zunehmend fraglicher werdenden Sicherheitslage im County (zu schnelles städtisches Wachstum bringt auch einige finstere Gestalten mit sich ...) über den Erwerb einer Waffe zur Selbstverteidigung nach. Heute waren wir bei einem Freund um einmal ein paar Waffentypen aus zu probieren. Scott besitzt eine Farm, zu der man nur kommt wenn man über eine recht große Wiese mitten im Wald fährt - eine Straße zu seinem Haus gibt es nicht. Und natürlich hat er auch einen eigenen kleinen Schießstand hinterm Haus. Und selbstredend hat er auch das dazugehörende Waffenarsenal.
Nun sind wir als friedliebende Deutsche ja von Haus aus eher skeptisch gegenüber der Bewaffnung der Massen. Aber hier in Amiland sieht es anders aus - da ist es fatal nur mit guten Vorsätzen bewaffnet in eine Schießerei verwickelt zu werden. Wie gesagt, wir überlegen noch ...


Friday, October 26, 2012

The Sabbath Feature

Jene Mitbürger jüdischen Glaubens, die die Regeln und Vorschriften nach althergebrachter Art beachten, dürfen am Samstag, dem Sabbath, keine manuellen Arbeiten verrichten. Keinen Nagel in die Wand schlagen, keine Wäsche waschen, keinen PC einschalten - ja, auch das Drücken von Ein/Aus-Knöpfen ist verboten.
Nun kann man ja durchaus einmal einen Tag der Woche die Hände in den Schoß legen und praktisch gar nichts tun - tut ja auch mal gut. Aber essen muss man schon irgendwie und das wird dann zu einem kleineren Problem, vor allen Dingen wenn man etwas Warmes haben will. Denn natürlich ist die Bedienung eines Herdes auch nicht erlaubt.
Aber, die moderne Technik sei gepriesen, es gibt eine Lösung dafür - das "Sabbath Feature".
Unser neuer Herd hat das auch, sogar ein zertifiziertes - und das funktioniert so:
Man steckt einen Braten in die Röhre, stellt die Temperatur und die Garzeit ein - und dann kommt es: anstatt den Ofen sofort anzustellen programmiert man eine Startzeit in der Zukunft ein. Boah, ey - voll die Raumfahrttechnik. Eine Zeitschaltuhr. Damit kann man schon am Freitag alles vorbereiten und muss am Samstag nicht gegen religiöse Gebote verstoßen. Wobei ich mich frage, ob das öffnen des Herdes nicht eventuell auch als manuelle Arbeit gesehen werden könnte ...






Thursday, October 18, 2012

Low End Range

Seit gut einem Jahr funktionierte unser Backofen in unserem Herd nicht mehr richtig. Nachdem im Laufe dieses Jahres immer mal wieder einige Teile ausgetauscht worden waren, was ihn vorübergehend wieder nutzbar machte, scheiterte ein erneuter Versuch vor gut sechs Wochen mangels Ersatzteil. Kein Wunder, war der Herd doch gut 21 Jahre alt.
Kein Problem, meinte der Techniker, ich sage der Hausverwaltung Bescheid, da muss ein Neuer her.


Dann haben wir erstmal einige Zeit nichts mehr gehört - was in Amiland nicht ungewöhnlich ist, hier vergessen Leute schon manchmal etwas. Also habe ich einfach mal mal bei der Hausverwaltung nachgefragt, wie das denn nun so wäre mit unserem neuen Herd.
Neuer Herd? Nein, der Techniker den sie geschickt hatten hat nicht Bescheid gesagt. Aber kein Problem, das klären wir gleich mit der Besitzerin des Hauses.
Haben sie dann auch prompt getan, sie war mit dem neuen Herd einverstanden und die Verwaltung hat ihn gleich bestellt, bei Bob Wallace Appliances, der größten und renommiertesten Haushaltsgerätefirma in Huntsville. Kein Problem, hieß es, den bestellen wir gleich und innerhalb einer Woche rufen wir dann an um einen Termin zur Installation zu vereinbaren.

Dann haben wir erstmal eine Zeit lang nichts mehr davon gehört - kein Anruf, kein Piep.
Als ich im Zuge der ganzen Aufregung um die Klimaanlage am Anfang dieser Woche bei der Hausverwaltung vorstellig wurde, habe ich auch gleich nach dem Herd gefragt.
Wie, der ist noch nicht eingebaut? Den haben wir doch schon vor Wochen bestellt.
Also bei Bob Wallace angerufen und nachgefragt. Die konnten keinen Auftrag finden. Daraufhin ist die Dame der Hausverwaltung etwas pampig geworden - worauf es dann hieß, ach so, DER Auftrag ... ja, der Herd ist bestellt und soll morgen geliefert werden.
Genau.

Nun ja, auf einen Tag mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an. Es wurde also ein Termin für die Installation für heute zwischen 8 Uhr und 12 Uhr vereinbart. Also ist meine Frau zu Hause geblieben und hat gewartet.
Nix.
Kein Anruf, kein Herd, gar nix.
Also hat sie bei Bob Wallace angerufen, wo denn der Herd bleibe.
Welcher Herd?
Ahem, der Herd der heute bei uns installiert werden soll.
Nein, den Auftrag kann die Dame von Bob Wallace nicht finden.
Bitte nochmal suchen - immerhin hatte meine Frau gestern mit dem Manager der Firma gesprochen und diesen Termin abgemacht.
Nach langem hin und her fand die Dame am anderen Ende der Leitung schließlich doch noch den Auftrag - da es sich bei dem Herd um eine "Low End Range" handelt, war er ganz unten auf der Liste und somit am Ende des Auslieferungsplans für heute.
Und nein, ändern könne sie da gar nichts, da müsste der ganze Auslieferungsplan umgestellt werden und das könne nur der Firmenchef selber autorisieren.

Prima.
Meine Frau also die Hausverwaltung angerufen, diesmal die Chefin selbst.
Die ist dann ob der Erwähnung der "Low End Range", also des "Billigofens" in die Luft gegangen. Immerhin hat das Ding über 700 Dollares gekostet und überhaupt, was ist das für eine Firmenpolitik die Auslieferungsreihenfolge nach dem Wert der Ware zu sortieren?!
Mehrere wutentbrannte Anrufe später hatte meine Frau das hoch- und heilige Versprechen, dass der Herd noch heute installiert werden würde - und die Mannschaft dabei Überstunden machen müsste.

Irgendwann nachmittags stand dann die Herd-Crew vor der Tür. Mit dem neuen Herd, den sie gleich in unserer Empfangshalle abluden.
Und sich dann wieder trollten - der alte Herd war nämlich noch nicht ausgebaut und dafür waren sie nicht zuständig. Da es sich um einen Gasherd handelt, musste das durch einen Fachmann gemacht werden, der sich mit Gasleitungen auskannte.
Also wieder ran ans Telefon.
Nach einiger Zeit kam dann der Klempner und löste den Herd von der Gasleitung. Aber nein, mitnehmen würde er den alten Herd nicht ... dafür sei er nicht zuständig.
Telefon.
So gegen 5 Uhr stand dann die Installationscrew vor der Tür - samt dem Service Manager von Bob Wallace, der sicherstellen wollte dass er nicht wieder von angepissten Frauenzimmern angerufen wurde.
Und dann ging alles so richtig schnell - innerhalb einer Stunde war der alte Herd auf den Truck verladen und der neue Herd installiert.

Und dann mussten wir ihn noch "einheizen". Zwei Stunden lang immer wieder auf Höchsttemperatur bringen, damit die Beschichtung, die das Werk für den Transport aufgetragen hatte, verdampfte. Unser ganzes Haus stinkt momentan wie eine brennende Plastikfabrik.
Aber immerhin, jetzt haben wir endlich wieder einen funktionierenden Backofen - gerade rechtzeitig bevor die Weihnachtsbäckerei anfängt.
Dass er dabei eigentlich genauso aussieht, sich bedienen lässt und die gleichen spärlichen Funktionen hat wie unser alter Ofen stört uns nicht weiter. I-Phones und ähnliche Spielereien können sie entwickeln, aber haushaltsgerätetechnisch sind sie hier in Amiland auf dem Stand der 1960er Jahre stehen geblieben.
Aber eigentlich braucht man hier ja auch keinen Herd - man geht einfach in den nächsten Fast-Food-Laden. Haben wir heute Abend dann auch getan - der neue Herd ist mit dem Auslüften der Schutzschicht noch nicht fertig ...



Monday, October 15, 2012

Like Daddy

Seit Anfang diesen Jahres nehme ich oft meinen kleinen vierjährigen Sohn mit auf kleine Fototouren. Vor ein paar Wochen habe ich ihm eine meiner abgelegten Kameras geschenkt, damit er auch selber Bilder machen kann. Was er dann in der Folgezeit auch ausgiebig getan hat.
Die einfache Pocket-Knipse hat ihm dann wohl nicht mehr gereicht und so entschloss er sich heute mal in Papas Fotoausrüstung zu stöbern.
Zielsicher hat er sich dabei das mit rund 1100 Dollares teuerste Objektiv das ich habe heraus gegriffen, plus ein paar anderen Kleinteilen.
Damit hat er dann in seinem Zimmer "Fotografieren wie Daddy" gespielt.
Nun ist das nicht so, dass ich meine Objektive und Kameras einfach so für kleine Kinderhände zugänglich überall herum liegen habe. Aber das stört unseren Alles-Ausprobierer nicht sonderlich - er weiß wo die Sachen sind und wie er dort mithilfe von herumstehenden Stühlen und dergleichen heran kommt.
Ich war begeistert und außer mir vor Freude, als seine große Schwester ankam um zu verkünden dass ihr kleiner Bruder sie nicht mitspielen lasse beim Fotografieren mit Daddy's Sachen.
Nein, ich kann ihm da eigentlich gar nicht böse sein - eher sollte ich mich wohl geschmeichelt fühlen dass mein Sohn mich nachahmt. Allerdings war die Reinigung der Glasflächen von seinen Fingerabdrücken dann etwas auf das ich gut hätte verzichten können. Zum Glück hatten die Elektronik und die Mechanik des Objektives nichts abbekommen - jedenfalls so weit ich das im Moment beurteilen kann. Da muss ich erst noch ein paar Testreihen durch führen.
Das wird sicher nicht der letzte Bolzen sein, den sich mein Sohn geleistet hat. Das wird noch heiter werden ...

Silicon Valley

Plötzlich waren unsere Fußböden glatt. Und auf dem Laptop meiner Frau lag ein öliger Film. Und auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch auch. Und auf dem Schreibtisch selbst.
Wir fragten uns woher das kam - dass es zwar am heftigsten im Arbeitszimmer meiner Frau vor kam, davon aber offensichtlich auch der Fußboden im unteren Stockwerk betroffen war, schloss eine lokale Ursache so gut wie aus. Also etwas globales.
Die Klimaanlage. Die hatte noch nie richtig einwandfrei funktioniert und nun versprühte sie anscheinend eine ölige Flüssigkeit durch die Ventilationsschlitze in den Zimmerdecken. Kühlflüssigkeit. Das musste es sein, wir hatten ein Freonleck in unserer Klimaanlage.
Sofort ausstellen und den Notdienst anrufen. Klar, es ist Sonntag und selbst im kundenorientierten Amiland ist der vom Vermieter vorgegebene Notdienst nicht erreichbar.
Macht auch erstmal nichts, die Klimaanlage ist aus und kann so keinen weiteren Schaden anrichten.
Erste Versuche die Ölschicht vom Laptop zu entfernen fruchten allerdings auch nichts - das schmiert nur noch mehr wenn man darauf herum reibt.
Also erstmal die Versicherung angerufen und vorsorglich einen Versicherungsanspruch angemeldet - vor meinem geistigen Auge sah ich schon die Grundreinigung unseres Hauses auf uns zu kommen, inklusive Tiefenpflege der Teppiche und Entsorgung der kontaminierten Oberflächen auf einer Giftmüllhalde.
Und natürli8ch war meine Versicherung problemlos zu erreichen - und Josh sprach sogar richtiges Amerikanisch und nicht irgendeinen indischen Dialekt. Vielleicht hatte ich durch Zufall auch nur einfach den amerikanischen Supervisor der indischen Telefonsklaven ans Rohr bekommen - egal, innerhalb von fünf Minuten hatte ich jedenfalls eine Referenznummer, die Adresse von drei industriellen Reinigungsunternehmen hier in der Gegend und die Zusage dass sich am nächsten Tag ein örtlicher Vertreter bei mir melden würde.

Am nächsten Tag dann erstmal sofort zum Vermieter - wir brauchen sofort eine Klimaanlagenfirma die den Schaden an der Anlage repariert. Denn tagsüber wird es bei uns in Nord-Alabama auch im Oktober noch an die dreißig Grad warm. Außerdem muss erst die Belüftung des Hauses wieder funktionieren, ehe wir daran denken können mit der Reinigung - die bestimmt den heftigen Einsatz von Chemikalien beinhaltet - zu beginnen.
Und prompt steht Chad vor der Tür.
Dumm nur, dass Chad nichts finden kann. Die Klimaanlage funktioniert einwandfrei, es ist kein Leck aufzutreiben und Chad kann sich den Ölfilm auf unseren Sachen auch nicht erklären. Mit der Klimaanlage, dessen ist er sich allerdings sehr sicher, hat das nichts zu tun.
Na prima. Was also ist es dann?
Da beginnt es meiner Frau zu dämmern.
Für ihre Fahrradtour durch den Zion Nationalpark in der Woche davor hatte sie überlegt ihr Triathlon-Spray mit zu nehmen. Das ist eine Substanz auf Silikonbasis, die dazu dient die Haut an empfindlichen und besonders beanspruchten Stellen - wie die Innenseiten der Oberschenkel - gegen Abrieb und andere Belastungen zu schützen.
Sie hatte sich dagegen entschieden, denn so strapaziös versprach die Tour dann doch nicht zu werden und hatte die fast volle Flasche auf dem Schreibtisch stehen lassen.
Und nun war sie weg.
Eine kurze Suche im Haus produzierte sie dann recht schnell - sie war nur noch zu gut einem Drittel gefüllt.
So langsam dämmerte es uns, was da passiert war. Aber um Gewissheit zu haben brauchten wir Beweise. Ein Geständnis würde es auch tun.

Nachdem wir die Kinder aus der Schule abgeholt hatten, zeigten wir ihnen die Flasche und fragten sie ob jemand etwas darüber wüsste.
Unser vierjähriger Alles-Ausprobierer verzog keine Miene - aber seine sechsjährige Schwester krähte es gleich heraus: "Ich habe gesehen, wie er es getan hat!".
Na also.
Anscheinend war der Herr Alles-Ausprobierer in einem unbewachten Augenblick mit der Sprayflasche los gezogen und hatte das Silikon-Zeug großzügig im ganzen Haus verteilt.
Hat bestimmt einen Riesenspaß gemacht.
Nicht so viel Spaß gemacht hat die Säuberung der betroffenen Sachen. Zum Glück lässt sich das Silikonspray mit Seife und Wasser wieder entfernen - aber eine Riesensauerei ist es doch.
Ach ja, und natürlich mussten wir auch die ganze Sache mit industrieller Reinigung, Versicherungsschaden und so weiter abbiegen. Braucht auch keiner.
Diesmal sind wir noch relativ glimpflich davon gekommen - mal sehen, was dem kleinen Schlawiner als nächstes einfällt ...

Saturday, September 29, 2012

Alabama Football

Es gibt zwei Religionen hier in Alabama - irgendeine christliche Sekte zu der man Sonntags morgens in die Kirche geht und die Religion, die Samstag abends zelebriert wird ... College Football.
Das ist so, wie damals mit den ollen Römern - an der Wand hing das Kreuz, aber hinterm Herd wurden die alten Götterstatuen versteckt. Hier existieren die beiden Religionen relativ friedlich nebeneinander und es gibt solange keinen Stress, wie nicht die Kirche irgendeine Veranstaltung zeitgleich mit den College-Spielen ansetzt. Das ist eine Konfrontation, die die Kirche nur einmal gewinnt - am nächsten Samstag haben sich dann alle eine neue, Football-freundlichere gesucht. Was hier in Madison zum Beispiel kein Problem darstellen dürfte - wir haben bei gut zwanzigtausend Einwohnern genau 72 Kirchen zur Auswahl.

Hier in Alabama war Football schon immer so mit das Wichtigste im Leben - sogar die High School Spiele werden teilweise im TV übertragen.
Allerdings rümpft der wahre Football-Fan bei Nennung der Profi-Liga NFL natürlich die Nase - die spielen für Geld, sind gierig und verwöhnte Millionäre. Also im Grunde das, was man in Deutschland über den FC Bayern sagt.
Die College Mannschaften hingegen spielen noch für die Ehre und aus Spaß am Spiel, so heißt es jedenfalls.
Dass jedes der 124 College Teams der USA-weiten Division I jeweils 85 volle Stipendien an ihre jeweils rund 100 Spieler verteilen darf macht diese nicht gerade zu Amateuren mit hehren Idealen. Auch diese Football-Studenten spielen für Geld und rekrutiert werden sie dann auch noch mit teilweise recht fragwürdigen Methoden. Erst neulich hat es einen milden Skandal gegeben als heraus kam dass eine Universität eine Werbeveranstaltung für künftige Football-Spieler-Studenten in Form einer römischen Orgie abgehalten hat, komplett mit leicht bekleideten Cheerleadern und jeder Menge Alkohol.
Es geht ja auch um viel. Wer ein gutes Football-Team hat, dem laufen auch andere, nicht Football-Studenten zu. Jeder will die Farben des nationalen Champions tragen und da sich hier jede Universität zu einem großen Teil aus Studiengebühren finanziert, versucht man natürlich so viele Studenten wie möglich anzulocken.
Klar ist es auch toll wenn man einen oder mehrere Nobelpreisgewinner vorweisen kann - doch nichts hat so eine Strahlkraft wie ein richtig gutes Football-Team.
Das ist ein ureigenes amerikanisches Phänomen und als Europäer, der sich unter Universität eher eine Anstalt der höheren Bildung als hunderttausend kreischende Fans in einem Stadion vorstellt, erstmal ein recht fremdes Konzept.

Aber die sind hier nun einmal so drauf und was liegt da näher als einen Selbstversuch zu machen und zu drei verschiedenen College-Football Spielen innerhalb von drei Wochen zu gehen, wenn man schon einmal diese Möglichkeit hat.

Angefangen habe ich mit der University of North Alabama in Florence. Diese Universität besteht bereits seit 1830, hat heute rund 8000 Studenten und ein Budget von rund 18 Millionen Dollares im Jahr.
Das Football-Team, die Lions, sind in den 1990er Jahren zweimal nationaler Meister der Division II geworden - sie spielen also sozusagen in der zweiten Liga, wo nur 36 Voll-Stipendien für Football-Studenten ausgegeben werden dürfen. Gespielt wird im etwas über 14000 Zuschauer fassenden Braly Municipal Stadion in Florence.
Dabei darf man sich ein Amiländisches College-Football Stadion der unteren Klassen nicht als ein Wunderwerk der Architektur vorstellen.
Zwei Tribünen mit einfachen Alubänken zum sitzen, ein Lautsprechersystem, Flutlichter und, wenn die Schule viel Geld übrig hat, eine einfache elektronische Anzeigetafel.
Aber die Zuschauer brauchen auch keinen besonderen Komfort, es kann schon erwartet werden dass man sich drei Stunden lang den Hintern platt sitzt für sein Team. Football ist eben kein Kindergeburtstag.
Mit mir waren noch 10871 andere Zusachauer anwesend, als die Lions von den Harding State Bisons 10 zu 31 untergepflügt wurden. Während ungefähr 95 Prozent der Spieler, auf beiden Seiten, Afro-Amerikanischer Abstammung waren, war das Verhältnis im Zuschauerbereich genau umgekehrt. Die Universität ist allerdings stolz darauf, dass gut 10 Prozent der Studenten aus dem Ausland kommen.
Das Football-Team ist also in diesem Jahr nicht so dolle - aber das ist auch nicht so schlimm solange die Marching Band der Universität, die "Pride of Dixie" in der Halbzeitpause die Massen unterhält. Und das tun sie wahrhaftig - da wird marschiert, Buchstaben geformt, durcheinander gelaufen, Verrenkungen gemacht und das alles während die Instrumente gespielt werden. Sagenhaft.
Football ist überall irgendwie gleich, ob in der NFL, auf dem College-Level oder in der High School. Aber das drumherum unterscheidet sich doch dramatisch voneinander.



Und nichts ist so dramatisch wie ein Footbball-Spiel der Crimson Tide in Tuscaloosa mit zu erleben.
Vierzehnmaliger nationaler Meister, Titelverteidiger und auch in dieser Saison wieder der haushohe Favorit. Das Bryant-Denny Stadion der University of Alabama fasst über 100.000 Zuschauer - allerdings gibt es auch dort nur diese unbequemen Alubänke. Aber das nimmt man gerne in Kauf, die meisten würden den Gottesdienst in dieser Kathedrale des Touchdowns auch gerne auf den Knien verbringen. Auf dem freien Markt sind für die Spiele dort keine Karten zu bekommen - niemals, gar nicht, vergiss es.
Aber den Studenten ist es erlaubt ihre Karten zu verkaufen. Mit Profit natürlich. Und so kam es, dass ich für einen 45 Dollar-Platz in der Kurve schließlich gut das doppelte bezahlt habe. Das war deshalb so billig, weil der Gegner relativ schwach war. Für die Top-Spiele darf man dann auch schon mal locker das drei- bis vierfache hinblättern.
Nicht alle sind bereit das zu tun und so hat sich mit den Jahren eine eigene Alternativbewegung gegründet. Es ist schon seit langem Tradition, dass vor Sportereignissen vor dem Stadion das sogenannte "Tailgating" durchgeführt wird. Mesit treffen sich da ein paar Freunde, bauen einen Grill und ein paar Klappstühle auf, kippen ein paar Biere und futtern ein paar Burger und gehen dann wohlig schunkelnd ins Stadion um ein Teil der Kulisse zu sein.
Nicht so in Tuscaloosa.
Dort geht das Tailgating schon einen Tag vor dem Spiel los und nimmt die Fläche einer Kleinstadt in Anspruch. Große Bierzelte werden dort aufgebaut, mit Bestuhlung und Satelliten betriebenen Großformatfernsehern. Schätzungsweise noch einmal so viele Tailgater gibt es zu jedem Spiel wie Zuschauer im Stadion. Gigantisch.
Das alles ist kein echter Universitätssport mehr, sondern ein eigener Wirtschaftszweig.
Die University of Alabama hat rund 34.000 Studenten und einen Etat von gut 630 Millionen Dollares im Jahr. Das ist kein Kleingeld.
Runde 20 Prozent davon werden durch die Studiengebühren aufgebracht.
Der gesamte Studentensport kostet die Universität rund 70 Millionen Dollares im Jahr, davon gut 7 Millionen für das Football-Programm, welches aber durch die Einnahmen der Heimspiele in Höhe von 22 Millionen Dollares und die Einnahmen der TV-Rechte in Höhe von rund 8 Millionen Dollares mehr als ausgeglichen wird. Dazu kommen noch die Lizenzgebühren für Kleidung, Mützen, Tassen, Souvenirs, Autoaufkleber und so weiter - die dürften im dreistelligen Millionenbereich liegen. Dazu habe ich auch kräftig beigetragen, ich dürfte inzwischen so um die vier Mützen, fünf T-Shirts, einige Auto-Aufkleber und mindestens zwei Thermotassen mit dem Logo der Crimson Tide besitzen.
Es ist also ein Riesengeschäft.
Irgendwie ist alles größer in Tuscaloosa. Während die Marching Band der University of North Alabama ungefähr 200 Mitglieder hat, zählt die "Million Dollar Band" der University of Alabama knapp 500 Musikanten. Das hat aber nicht unbedingt Auswirkungen auf die Qualität des Pausenprogramms - nur auf die Lautstärke.
Und genau wie in Florence in der Woche zuvor war das Verhältnis von Afro-Amerikanern zu Kaukasiern auf dem Spielfeld diametral entgegen gesetzt zu dem auf den Zuschauerrängen. Die weiße Mittelschicht und ihre dunkelhäutigen Faxenmacher, könnte man denken. Nun ja, ganz so abwegig ist das nicht. Aber es geht auch anders. Habe ich dann heute fest gestellt.
Oh, hätte ich ja fast vergessen - die Crimson Tide hat die Florida Atlantic Owls mit 40 zu 7 überrollt. Nicht, dass es am Ausgang des Spiels oder auch an der Höhe des Ergebnisses jeweils einen Zweifel gegeben hätte. Roll Tide!



Nun ja, heute also das dritte Spiel, diesmal in Huntsville bei der Alabama A&M University.
Die Agricultural and Mechanical (A&M) Universitäten wurden nach dem amerikanischen Bürgerkrieg ins Leben gerufen, mit dem Augenmerk auf landwirtschaftliche und maschinenbauliche Ausrichtung der Studieninhalte. Die meisten der A&M Universitäten gehören zur Gruppe der landesweit 105 "historically black Universities". So auch Alabama A&M in Huntsville.
Bei rund 6.000 Studenten hat die Universität ein Jahresbudget von rund 120 Millionen Dollares. 
Football wird dort im 21.000 Zuschauer fassenden Louis Crews Stadion gespielt. Die Bulldogs gehören zur Division I und haben in den vergangenen Jahren des öfteren NFL-Spieler hervor gebracht.
Mit mir waren noch 6.820 andere Zuschauer dort - alles, ungelogen, Afro-Amerikaner. Der einzige andere Kaukasier im Stadion war der Kicker der A&M Bulldogs.
Was kein Problem war - ich kam mir nur etwas auffällig vor, wie ein Reiskorn in einem Schokopudding. Niemand hat mich dumm angemacht oder auch nur schief angesehen. Allerdings habe ich bemerkt, dass sich die freien Plätze um mich herum doch nur etwas zögerlich füllten.
Aber normalerweise gibt es da keine Schwierigkeiten - beim Sport sind hier alle gleich.
Und natürlich hat A&M auch eine Marching Band - nein, eine "Showband", wie sie angekündigt wurde. Und das war wirklich keine Übertreibung. Drei Tambourmajore, diverse Hupfdohlengeschwader drumherum und eine Show, die TV-würdig war. Wow! Alleine dafür hatte es sich schon gelohnt den inneren Schweinehund zu überwinden und die Rolle des Reiskorns zu akzeptieren.
Und das Spiel selber war auch vom Feinsten. Football auf höchstem Niveau, mit mitreißenden Spielzügen und akrobatischen Einzelaktionen. Die Bulldogs gewannen schließlich 38 zu 17 gegen Grambling State - auch eine der traditionell schwarzen Universitäten.


So, das war also meine kleine soziologische Studie zum Thema "College Football als Religion in Alabama" - war sehr interessant und lehrreich. Roll Tide!

Natives

Die Echota Cherokee Indianer leben seit tausenden von Jahren im Südosten der USA. Im Jahre 1838 wurden die meisten Cherokee von der US Regierung auf einen Todesmarsch in die Verbannung geschickt - in die neuen Reservate in Oklahoma. Wer diesen Marsch, den "Trail of Tears", überlebte fand sich in einer leeren Ödnis wieder, die so gar nichts mit der waldreichen, von Flüssen durchzogenen und von Tieren und Pflanzen nur so wimmelnden alten Heimat zu tun hatte. Stattdessen lieferte die US Regierung Alkohol um die Erinnerung zu betäuben und machte die Cherokee in Oklahoma zu Almosenempfängern. Einige wenige entgingen dem Genozid und tauchten in der Wildnis von Alabama und Tennessee unter - deren Nachkommen fanden sich gut 150 Jahre später wieder zu einem losen Stammesverband zusammen. Um dort aufgenommen zu werden muss man nachweisen, dass man zu 1/32 Cherokee ist - das heißt, der Ur-Ur-Ur-Großvater muss ein Voll-Cherokee gewesen sein. Um zu überleben haben sich die verbleibenden Cherokee mit den neuen Herren des Landes vermischt, wodurch man heute hier im Südosten kaum noch "echte" Indianer findet, die auch so aussehen wie man das aus den Hollywood-Western gewohnt ist. Das ist in den Reservaten in Oklahoma ganz anders, wo die Indianer eingesperrt waren und sich daher nur innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaften fortpflanzen konnten - dort lebt Winnetou weiter.
Die Echota Cherokee im Norden Alabamas feiern seit 15 Jahren ihre Wiederauferstehung als Stamm - und laden alle die Lust haben dazu ein. Das Fest wird in Form eines Pow Wow abgehalten, was bedeutet dass sehr viel getanzt und gesungen wird.
Und dabei - und nur dabei - durfte man die Echota auch fotografieren. Ich kenne das auch anders, aus vergangenen Tagen als Fotografie auf Pow Wows grundsätzlich verboten war. Aber die Echota sind sehr relaxte, tolerante Leute - immer mal wieder waberten süßliche Rauchschwaden über den Platz, aus diversen Pfeifen ...


Monday, September 3, 2012

Apples

Wir waren mit den Kindern am Wochenende auf einer Apfelplantage hier in der Nähe. Selbstverständlich sind wir mit einer ganzen Wagenladung Äpfeln wieder zurück gekommen - Golden Delicious, Red Delicious, Jonah Gold, Gala.
Was dann natürlich die Frage aufwarf, was macht man mit und aus soviel Äpfeln?
Apfelkuchen. Zu dumm nur, dass unser Ofen derzeit nicht funktioniert.
Roh essen. Ja klar, aber doch nicht mehr als vielleicht ein halbes Dutzend pro Tag.
Apfelbrei. Hmm, sehr gerne. Aber einfach nur so? Vielleicht mit Kartoffelpuffern ...
Gesagt, getan.
Also gab es heute Abend selbstgemachte Kartoffelpuffer mit selbstgemachtem Apfelbrei.
Richtiges gutes germanisches Essen. Wenn man noch weiß, wie das zum selber machen geht kann man selbst in der Fremde ab und zu mal ein kleines bißchen Heimat auf den Tisch zaubern. Zum Glück habe ich eine Frau geheiratet, die etwas davon versteht ...


Saturday, September 1, 2012

Photographer 2.0

Es wird langsam zur Tradition dass mein kleiner Sohn und ich Samstag Nachmittags heraus fahren um zu fotografieren.
Er hat es immer schon toll gefunden etwas mit Papa zu unternehmen und die Fotografiererei kennt er in unserer Familie schon seit er geboren wurde.
Also habe ich ihm heute seine erste eigene Kamera geschenkt. Es ist eine stoß-, wasser-, und kratzfeste Kompaktknipse mit innenliegendem Zoom, die wir vor unserem Florida-Urlaub mit einem neueren Model ausgetauscht hatten. Wie geschaffen für einen aufgeweckten (fast) vierjährigen.
Er ist stolz wie Oskar und macht ein Foto nach dem anderen - meist von seinen Füßen, seinen Nasenlöchern oder der Rückseite meiner Kopfstütze im Auto.
Er macht aber auch Fotos von Landschaften (siehe Bild), seiner Schwester und seinen Eltern, den Blumen im Garten und seinem Spielzeug. Die Ernsthaftigkeit mit der er dabei zur Sache geht beeindruckt mich sehr - natürlich will er vor allen Dingen Papa nacheifern, aber ich spüre da auch auch wirkliches Interesse. Nun ja, wer ein Meister werden will kann nie früh genug anfangen ...



Monday, August 20, 2012

Smartphone

Lange haben wir uns ja dagegen gesträubt - aber seit heute sind meine Frau und ich auch Besitzer von Smartphones.
Während die meisten Leute einfach die Unterhaltungsmöglichkeiten, die so ein moderner Mini-Computer mit Telefonfunktion zu bieten hat schätzen oder die Tatsache dass man immer genau weiß was seine sechshundert Freunde gerade so treiben, hat der Wechsel zur dunklen Seite bei uns ganz praktische Gründe.
Das mittlerweile 4 Jahre alte nur zum texten und telefonieren taugliche Telefon meiner Frau fällt langsam auseinander - die Tasten lösen sich ab, das Aufklapp-Gelenk zwischen Tastatur und Bildschirm wackelt bedenklich und so weiter. Also wurde es Zeit für ein neues Gerät.
Aber ein vergleichbares einfaches Telefon gibt es hier in Amiland überhaupt nicht mehr - die Smartphones haben alles andere vom Markt verdrängt. Klar, wer außer ein paar rückständigen deutschen Ingenieuren will soetwas schon noch haben? Dass mein altes Handy ungefähr einen Monat mit einer Stromladung auskommt und ich mein neues Smartphone praktisch bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufladen muß ist nur eines von diesen Dingen die ich nur ungern aufgebe.
Aber nun ja, wir mußten diesen Schritt gehen. Auch schon alleine deswegen weil mittlerweile alle Notfall-Benachrichtigungen der Schule unserer Kleinen nur noch per email verschickt werden. Klar, jeder ausser uns hat ja ein Smartphone und kann emails damit empfangen. Nun, wir jetzt auch. Wenn die Batterie aufgeladen ist ...


Friday, August 17, 2012

College Student

Heute ist unser Großer ins Studentenwohnheim eingezogen. Nun ist er aus dem Haus - na ja, so halbwegs, denn die Wochenenden wird er wohl immer noch bei uns verbringen.
Obwohl er das gar nicht bräuchte. Sein volles Stipendium deckt auch das Essen ab, mit drei Mahlzeiten am Tag in der Mensa, auch am Wochenende. Waschmaschinen gibt es dort auch, er hat Internet und ein Bett aus dem ihn keiner Mittags heraus schmeißt.
Und für Unterhaltung ist auch mehr als reichlich gesorgt. Die nächsten fünf Tage, bis das Semester anfängt, laufen Toga-Parties, BBQ Socials, Schnitzeljagden, Kinofilme und vieles mehr. Das wird sicherlich (hoffentlich ...) während des Semesters nachlassen, aber irgendetwas wird immer los sein. Vor allen Dingen an den Wochenenden, denn viele der neuen Studenten kommen von etwas weiter her, nicht nur aus Alabama sondern auch aus den umliegenden Staaten. Denen muß ja was geboten werden. Unser Großer hat ja auch bereits eine feste Wochenend-Aktivität - er ist im studentischen Ruderclub und der trifft sich immer Sonnabend morgens zum Training auf dem Tennessee.
Mal sehen ob er dann überheupt noch Lust auf zu hause hat - mit nervigen Eltern, nervigen Geschwistern und keinem Internet (den Computer hat er natürlich mit in die Studentenbude genommen ...).
Wir werden sehen ...


Saturday, August 4, 2012

National Champions

Nun hat Huntsville endlich auch einen nationalen Champion - die Huntsville Rockets haben heute Abend mit 54 zu 6 das Endspiel gegen die Killeen Revolution im Semi-Pro Football gewonnen.
So ganz fair war die Sache aber eigentlich nicht, denn das Team aus Killeen (das liegt irgendwo deep in the heart of Texas ...) war mit gerade mal 26 Spielern angereist. Da in Angriff und Verteidigung jeweils 11 Mann stehen war das Auswechselkontingent doch sehr bescheiden. Die Rockets ihrerseits, die das Spiel aufgrund der besseren Platzierung während der regulären Saison vor heimischer Kulisse bestreiten durften, hatten den gesamten Kader verfügbar - über 60 Mann.
Aber eigentlich lag dieser Klassenunterschied beim Ergebnis dann doch nicht am Kräfteverschleiß der Texaner - die lagen bereits nach fünf Minuten mit 24 zu Null hinten. Die Rockets haben einfach eine rundherum komplette Mannschaft und sind somit absolut verdient Champions geworden.
Aber das ist ja auch kein Wunder, das liegt hier einfach in der Luft - Alabama Football hat drei der letzen drei College Football Championships gewonnen und zwei der letzten drei Semi-Pro Meisterschaften (das eine Mal dazwischen gewann ein Team aus Nashville ... das zählt auch fast noch dazu). Es wird Zeit dass wir hier ein NFL-Team bekommen ...


Monday, July 30, 2012

Titans Tickets

Zu jedem Spiel der Tennessee Titans werden ca. 3000 Eintrittskarten auf dem freien Markt verkauft - die übrigen 65000 Plätze sind durch Dauerkarteninhaber besetzt. Dauerkarten kommen nur selten auf den freien Markt - die meisten werden testamentarisch vererbt.
Seit 1999, dem Jahr der Fertigstellung, war jedes Spiel der Titans im LP Field Stadion ausverkauft.

Um an eine der wenigen frei verkäuflichen Karten zu kommen muss man an einem bestimmten Tag des Jahres entweder tagelang vor dem Ticket Office im Stadion campen oder mit einer schnellen Internetverbindung online sein Glück versuchen.
Letztes Jahr waren die 3000 Karten für jedes der acht Heimspiele innerhalb von zehn Minuten weg. Karten für mehr als ein Spiel zu ergattern ist fast unmöglich, denn der Vorgang dauert online auch gut fünf Minuten.
Am nächsten Freitag ist es wieder soweit - überall werden dann Titans-Fans mit nervösen Zeigefingern vor ihren Monitoren sitzen und Punkt zehn Uhr morgens frenetisch anfangen drauflos zu klicken.

Viel Spaß dabei - ich habe meine Karten schon.
Da ich des öfteren schon bei den Titans gewesen bin, auch zu Play-off Spielen, hat man mich anscheinend in eine besondere Kategorie gesteckt dieses Jahr. Heute bekam ich eine email, dass ich mich an einem zweitägigen Pre-Sale beteiligen darf. Bedingung ist, dass ich Karten für zwei Spiele kaufe.
Habe ich dann auch getan. Zwei Spiele wollte ich sowieso sehen und die Spiele, die im Pre-Sale angeboten wurden waren auch die, die ich sowieso in die engere Auswahl gezogen hatte.
So stressfrei bin ich noch nie an Titans Tickets gekommen -und prima Plätze konnte ich mir auch noch aussuchen. Und an diesem Freitag habe ich nun frei ... :)




Saturday, July 21, 2012

Wet Dog

Heute war der 13. Wet Dog Triathlon in Decatur. 400 Meter schwimmen im Tennessee, 15 Kilometer radeln und 5 Kilomenter laufen. Meine Frau hat da mit gemacht - und sich sehr gut geschlagen. Und, was die Hauptsache ist, es hat ihr einen Riesenspaß gemacht.

Und auch mir hat es Freude bereitet, meine Frau bei einem Wettkampf begleiten zu können - macht eben doch mehr Spaß zu zweit.
Natürlich gab es dort dann auch die obligatorischen schrägen Typen zu besichtigen - und keiner war schräger als Captain America, mit Elvis-Perücke und Schamhaar-Toupet ...


Friday, July 13, 2012

German Food

Heute haben wir einen deutschen Tag eingelegt.
Meine Frau und ich waren in der Schnitzelranch zum Mittagessen - Kartoffelpuffer mit Apfelbrei, Hühnersuppe mit echtem Eierstich, Currywurst mit Pommes und Jägerschnitzel mit Bratkartoffeln und Gurkensalat.
Das hat richtig gut getan! Ab und zu muss man sich das mal gönnen, es kann ja nicht immer nur Burger und Pizza geben.
Und wenn man schon ein solches Restaurant ganz in der Nähe hat wäre es ja dumm das nicht auszunutzen. Denn tatsächlich gibt es dort authentisches deutsches Futter. Sogar die Pommes sind kross und gut gebräunt, nicht wie hier normalerweise blass und labberig.
Die Currywurst und das Schnitzel und alles andere auch - man könnte meinen in Deutschland zu sein. Nur würden sie in einem Restaurant dort wahrscheinlich nicht 1970er Jahre Schlager abspielen. Nun gut, die Amiländer mögen das halt.
Betrieben wird die Schnitzelranch von einer Familie, deren Auswanderung vor ein paar Jahren in einer dieser unsäglichen Reality-TV Shows auf RTL-wasweißich ausgestrahlt wurde. Sind aber keine bleibenden Schäden zurück geblieben, soweit man das beurteilen kann und die Familie hat inzwischen fest Fuß gefasst und die Schnitzelranch hat sich vom Geheimtipp zu einer festen Größe im Restaurantbetrieb von Huntsville entwickelt.

Nun ja, also haben wir dort wieder einmal vorzüglich gespeist. Und während wir in den oben beschriebenen Genüssen schwelgten brutzelte im Ofen munter das Brot, das wir gleich mit bestellt hatten. Man kann dort nämlich echtes deutsches Brot und Brötchen kaufen, frisch aus dem Ofen. Den Teig importieren sie direkt aus Deutschland und obwohl das Ganze nicht gerade billig ist (runde acht Dollares für ein Zwei-Pfund Brot), würde ich dafür auch gerne mehr zahlen. Man stelle sich vor - ein Brot mit echter Kruste! Das nicht  wie eine Ziehharmonika zusammen quetschen lässt. Das gesund ist.
Also haben wir heute Abend weiter gemacht mit der deutschen Schlemmerorgie - zwei-Finger-dickes frisches Graubrot mit Butter, gebratenem Schinken (Prosciutto - schweineteuer aber auch richtig gut) und Spiegelei. Und selbst unsere Kiddies, die ja gar nichts anderes kennen als Amiland, haben das Brot nur so verschlungen. Besonders die Kruste hatte es ihnen sehr angetan.
Deutsches Brot ist halt das Beste ...


Thursday, June 28, 2012

111 F

111 Grad Fahrenheit um kurz nach 6 Uhr Abends.
Das sind knappe 44 Grad Celsius.
Wir ersticken hier vor Hitze.
Die Times titelte heute "Welcome to the furnace" - Willkommen im Hochofen.
Und wir haben erst Ende Juni - die heißen Tage kommen erst noch ...


Saturday, June 23, 2012

Milestone II

Am 15. Juni 2011, also vor fast genau einem Jahr, konnte ich erleben wie meine Nikon Spiegelreflex Kamera nach 9999 Aufnahmen wieder von 1 an zu zählen fing.
Heute hat sie das wieder getan ...
Ich mache also pro Jahr rund 10000 Fotos mit dieser Kamera. Dazu kommt noch meine Sony NEX-5n, mit der ich vor allen Dingen Restaurant-Fotografie betreibe (siehe auch The Great North Alabama BBQ Quest) und meine Kompaktknipse, die ich auf Dienstreisen dabei habe und mit der ich auch noch unser Familienleben dokumentiere.
Klar, dass nicht alle 10000 Aufnahmen ein anderes Motiv zeigen. Ich mache grundsätzlich Belichtungsreihen, was die Anzahl schon mal um ein Drittel schrumpfen lässt. Dann mache ich von den meisten Motiven auch noch mehrere Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven, was noch mal rund ein Drittel ausmachen dürfte. Dann sind da die Aufnahmen, die nix werden - vor allen Dingen bei Sportveranstaltungen, wenn ich die Dynamik einfangen will und das per Mitziehtechnik mache. Das verringert die Zahl der technisch guten Bilder nochmal um die Hälfte. Jetzt sind wir bei 500 Bildern angelangt, die ich für vorzeigbar halte. Man kann davon ausgehen dass davon ungefähr 5% wirklich Super und zur Veröffentlichung geeignet sind.
25 Bilder pro Jahr, für die ich mich nicht schämen muss und die meinen Ansprüchen genügen. Zwei pro Monat. Kann ich mit leben ...


Schlaaaaand!

Ich weiß ja nicht ob das in Good Old Germany überhaupt noch Mode ist ... aber beim durchkramen meines Arbeitszimmers ist mir dieser Tage ein Spiegelbikini in die Hände gefallen. Der war damals, vor zwei Jahren, während der Fussball-Weltmeisterschaft in Südafrika en vogue.
Nun ja, ich denke mal hier in Amiland kann ich den während der laufenden Europameisterschaft wieder auf ziehen - vielleicht lasse ich ihn auch danach dauerhaft drauf, ich bin schon mehrmals darauf angesprochen worden und jeder fand ihn ganz toll und hatte sowas noch nie gesehen. Hmm, vielleicht ist das sogar eine Marktlücke hier mit der man Geld verdienen könnte ...


Tuesday, June 19, 2012

The Specialist

Einer meiner vor mehr als fünfzehn Jahren überkronten Zähne fing plötzlich an mir Probleme zu bereiten.
Also bin ich zu meinem Zahnarzt, der die Krone entfernte und dann kopfschüttelnd meinte dass dort ziemlich viel gemacht werden müsste. Bevor er damit aber anfangen könne, würde eine Wurzelbehandlung des Zahnes notwendig sein.
Nun gut, dachte ich, habe ich ja schon mal bei ihm gehabt, dann fang mal an.
Nee, klärte er mich auf, die Backenzähne würde er nicht machen - dafür gibt es hier Spezialisten, sogenannte Endodontisten. Die kümmern sich ausschließlich um Wurzelbehandlungen der Backenzähne.
Unglaublich. Aber wahr. Ich habe heute selber eine Stunde lang kopfüber mit weit aufgesperrtem Maul bei so einem in der Praxis gelegen. Der hatte sogar einen Flachbildschirm an der Decke - den ich aber die meiste Zeit nicht sehen konnte, weil er andauernd mit seinen Armen vor meinem Gesicht herum gefuchtelt hat.
Drei Kanäle hat er im Zahn Nummer 14 verarztet und gemerkt habe ich so gut wie nix. Ein Spezialist eben.

Das mit den Spezialisten ist hier in Amiland eine wahre Epidemie.
Als meine Frau Probleme mit ihrem Fuß hatte haben wir erst drei Spezialisten durchtelefoniert, bevor wir endlich an den geraten sind, der für den Bereich von der Ferse zum Mittelteil zuständig war. Anscheinend haben die Fuß-Orthopäden hier drei Spezialisierungsgebiete, zu dem oben bereits genannten auch noch der Bereich Mitte bis Ballen, und den Bereich der Zehen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob der letztgenannte auch für die Zehennägel zuständig ist ...




Monday, June 18, 2012

Linens

Heute haben wir Post von der UAH bekommen. Mit einer alarmierenden Nachricht - die betten in den Studentenwohnheimen haben Überlänge und deshalb passen dort keine regulären Bettlaken. Neeeeein! Was für eine Katastrophe, die uns da auf dem offiziellen Briefpapier der Uni vom Assistant Director of Resident Programs mitgeteilt wurde.
Aber keine Sorge, die guten Leute von der UAH haben eine Lösung parat - für nur $312.15 (incl. shipping) kann man bei einer Firma, deren Werbebroschüre netterweise dem Schreiben bei lag, passende Bettwäsche kaufen. Inklusive Kissen, Tagesdecken, Unterbettstaukasten und vielem mehr, insgesamt aus 26 Teilen besteht dieses Lebensrettungspaket. Das man in 37 Farbkombinationen (Mehr sind online verfügbar! Allerdings leider keine mit dem UAH Logo drauf) haben kann.
Hurra, wir sind gerettet! Unser Sohn muss nicht auf der blanken Matratze dahin vegetieren, sondern kann bei jeder Kissenschlacht im Wohnheim stilvoll mitmachen.
Oder aber wir gehen zum nächsten Wal Mart und kaufen ihm für $10 ein Bettlaken in Übergröße, das er dann zusammen mit seiner bisherigen Bettwäsche verwendet.

Hier in Amiland ist selbst das Lernen kommerzialisiert. Die Unis machen sich zu Handlangern von solch fragwürdigen Unternehmungen wie dem Bettwäsche-Verkäufer. Und denken sich nichts dabei. Wieso auch, sie bekommen bestimmt Prozente und so wäscht eine Hand die andere und jeder profitiert von dem Deal. It's the American Way ...