Tuesday, November 6, 2012

Election Day

Heute war in Amiland der große Wahltag. Und damit auch ja niemand vergisst wen er wählen soll, gibt es einige Hilfestellungen.
Wahlwerbungsschilder direkt vor dem Wahllokal, zum Beispiel. In Deutschland dürfen in einem Umkreis von 100 Metern um ein Wahllokal keine Wahlplakate zu finden sein. Hier stellt sich Chris Comer, der für das Amt des Bezirksrichters kandidiert, einfach mit einem großen Schild in die Auffahrt zum Wahllokal im Polizeihauptquatier von Madison. Kein Problem, persönlicher Einsatz ist hier immer gerne gesehen - und geholfen hat es auch, der gute Mann wurde tatsächlich gewählt.
Und wer trotz solcher direkten Einflussnahme noch immer nicht weiß wen er wählen soll, der guckt einfach in die Zeitung. In der hiesigen Lokalzeitung war am letzten Sonntag eine große Sektion mit Wahlempfehlungen der Redaktion zu finden. Recht neutral, wie ich fand, und schön ausgeglichen zwischen Demokraten und Republikanern. Aber ist eine Zeitung nicht eigentlich dazu da unparteiisch, fair und unvoreingenommen über Fakten zu berichten, auf das sich der geneigte Leser selber eine Meinung bilden kann?
Nun ja, dazu muss der geneigte Leser ab und an ja mal selber nachdenken. Nicht so einfach hier in Alabama, wo bei dieser Wahl Roy Moore wieder in das Amt des obersten Richters des Staates gewählt wurde - obwohl er vor einigen Jahren wegen massiver Verfehlungen im Amt von einer Justizkommission aus dem Amt gejagt wurde. Der gute Judge Moore hatte sich damals unter anderem geweigert ein monströses steinernes Monument der zehn Gebote aus seinem Gerichtspalast zu entfernen. Außerdem glaubt er dass die Evolution ein reiner Kokolores ist, dass Schwule Geschöpfe des Teufels sind und dass Frauen gefälligst Kinder kriegen und am Herd stehen sollen. Amen. Immerhin 52% der Alabamier wollen nun also von einem Mann gerichtet werden, der in der einen Hand die Bibel hält und in der anderen Hand den Stein, der er als erster zu werfen gedenkt.
Dabei war es diesmal gar nicht einfach seine Stimme abzugeben - aufgrund der enormen Wahlbeteiligung von rund 70% bildeten sich enorme Schlangen um die Wahllokale. Denn die meisten Bürger gingen erst zur Wahlurne als sie von der Arbeit kamen. Eigentlich sollte nur bis 7 Uhr abends gewählt werden können - da man aber keine Straßenschlachten mit verärgerten Möchtegernwählern riskieren wollte, ließ man die Wahllokale eben einfach so lange offen bis jeder drangekommen war.
Sie sind halt praktisch veranlagt, die Amiländer.
Und zusammen mit jeder Menge Kreisverordneter, Richter, Kreisschatzmeister, Berzirkskommissionsverordneter und ähnlichem, wurde auch über 11 Zusätze und Änderungen der Staatsverfassung entschieden.
Das verfassungsmäßige Recht des Staates Alabama in den nächsten 20 Jahren Geld zum Aufkauf und Schutz von unberührter Natur auszugeben, wurde mit einer dreiviertel Mehrheit durchgewunken. Keine Überraschung, erlaubt doch der Staat in solchen Gebieten meistens die Einrichtung von Jagdrevieren. Und da hier ungefähr die Hälfte der Bevölkerung die Jagd als zum Lebensstil zugehörig betreibt, war der Ausgang nie in Frage.
Anders sah es da schon beim Antrag aus einige rassistische Passagen aus der Verfassung zu streichen, Das wurde von einer großen Versicherung, ALFA, betrieben und hört sich erst einmal nach einer noblen Sache an.
In den 1950er Jahren fügte Alabama ein paar Sätze in die Verfassung eine, die besagen dass kein Kind vom Staat gezwungen werden kann auf eine Schule zu gehen die nicht seiner Rasse entspricht. Gleichzeitig wurde das Recht auf eine kostenlose Schulbildung für alle Kinder in Alabama zugesichert.
Mittlerweile wurde durch unzählige Gerichtsurteile und andere Regularien die Rassentrennung an Schulen in Alabama schon längst abgeschafft. Dass der alte Text in der Verfassung stand war zwar ein Schönheitsfehler aber für die tägliche Schulpraxis von keinerlei Bedeutung mehr.
Wieso also wollte ALFA diesen Passus nun streichen lassen? Weil damit auch das Recht auf kostenlose Schulbildung in Alabama gestrichen worden wäre. Das dadurch frei werdende Geld im Staatsbudget sollte dann für andere noble Zwecke verwendet werden. Für die Senkung der Versicherungssteuer zum Beispiel, was nach Berechnungen von ALFA die Wirtschaft in Alabama ordentlich angekurbelt hätte. Und die armen ungebildeten Kinder? Nun, die sollten in Privatschulen gehen. Und wer sich das nicht leisten konnte, sollte sie entweder zu hause selber unterrichten (nach kirchlichem Lehrplan, denn die Home Schooling Szene ist hier fest in religiöser Hand ...) oder in kirchliche Schulen schicken. Ach so, hatte ich vergessen zu erwähnen - ALFA wurde in dieser Initiative von einem Zusammenschluss mehrerer Kirchen unterstützt.
Nun ja, so ganz dumm sind die Alabamier dann doch noch nicht - die Initiative wurde mit großer Mehrheit abgeschmettert.
Mit nur ganz geringer Mehrheit wurde der Verkauf von Alkohol in Hartselle abgelehnt. Macht nix, dann kauft man den Sprit eben in Priceville oder Boaz, die beide mit knapper Mherheit dafür gestimmt haben das Weihwasser des Teufels in ihre Gemeinden zu lassen. Nun ja, nicht dass es nicht schon vorher auch darin zu finden gewesen wäre - an konnte sich immer schon in Huntsville damit eindecken.
Ach so, und einen neuen Präsidenten haben sie dann auch noch gleich gewählt. Nun ja, eigentlich haben sie nur den alten im Amt bestätigt. Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte wenn der Herausforderer gewonnen hätte. Das Land wird schon längst nicht mehr von den Politikern regiert sondern von Big Busines und seinen erz-kapitalistischen Schergen. Bei Obama müssen sie die Strippen verschämt im Hintergrund ziehen, bei Romney hätten sie das in aller Öffentlichkeit gedurft.
Man kann nur hoffen, dass sich nun nicht irgendein "Patriot" dazu bemüßigt fühlt das Wahlergebnis mit der Waffe in der Hand zu redigieren und das Land endlich von dem sozialistischen Ausländer zu befreien, der jetzt weitere vier Jahre ungerechtfertigt im Weißen Haus wohnt. Dieses Land wird nicht von außen durch Terroristen, China oder Tropenstürme bedroht, sondern von innen durch die vielen Enttäuschten, Unzufriedenen und Hoffnungslosen. Ein Riß geht durch dieses Land und diese Wahl hat ihn nur noch deutlicher hervor treten lassen ...




No comments: