Fett ist böse. Eine Ausgeburt der Hölle. Und Kalorien sind die kleinen Dämonen, die aus dem fett heraus springen und uns alle dick machen.
Aber keine Bange, der Retter naht - er nennt sich Light und verspricht weniger Fett bei gleichem Genuss. Anstatt einfach weniger von allem zu essen, isst man mehr Chemie.
So jedenfalls die Werbung.
Und die erzählt uns ja immer die Wahrheit.
Jetzt also gibt es auch die ersten "Light"-Früchte hier zu kaufen. Die Slimcado ist so eine. 50% weniger Fett und 35% weniger Kalorien als eine herkömmliche Avocado werden versprochen.
Wie das möglich ist? Nun, die Slimcado ist beileibe keine neue Erfindung der menschlichen Futtermittelindustrie. Sie wird bereits seit ungefähr hundert Jahren in Florida angebaut - nur wollte sie bisher keiner so recht haben, denn sie schmeckt eher wässrig und ihr Fleisch ist deutlich weniger cremig als dass der "echten" Avocado.
Aber heutzutage, wo gerade in den USA Fett generell verteufelt wird, ist plötzlich ein Markt dafür vorhanden.
Zwar besteht die echte Avocado aus den überaus gesunden Omega-3 Fetten, doch hat sie halt auch erheblich mehr Kalorien vorzuweisen. Also muss eine "Light"-Version her. Man kann ja schon von Glück sagen, dass diese "Light"-Version nicht durch genetische Tricks zustande gekommen ist, sondern nur zu einer anderen Sorte der Frucht gehört.
Das hat meiner Familie heute Abend aber auch nicht unbedingt etwas genutzt. Kurz nach dem, na ja, Genuss trifft es eigentlich nicht ganz, also Verzehr, der Frucht setzte bei meiner Frau und unserem Großen eine schwere allergische Reaktion ein. Brennende Augen, juckende Ohren, juckender Rachen, juckende Augenhöhlen, laufende Nase, Kopfschmerzen und pelzige Zunge.
Mittlerweile, gut zwei Stunden später, geht es beiden wieder einigermaßen. Für einen Moment hatte ich uns alle schon in der Notaufnahme gesehen.
Was lernen wir daraus? Finger weg von den "Light"-Produkten - lieber weniger von den "echten" Sachen essen. Und peinlich auf die Inhaltsstoffe achten. Vor einem Jahr hatten wir einen teuren Marken-Schinken, der so mit Konservierungsstoffen voll gepumpt war, dass meiner Frau nach nur einer Scheibe die Füße und die Hände angeschwollen sind.
Wer weiß, mit was für Mitteln dieses Ding, die Slimcado, behandelt worden war um das Fett und die kalorien noch mehr zu reduzieren oder den Geschmack zu verstärken.Was auch immer es gewesen ist, es hat nichts genutzt - geschmeckt hat sietrotzdem nicht ...
Von Deutschland nach Alabama ... ein Abenteuer der besonderen Art. Erlebnisse, Gedanken, Absonderlichkeiten - was mir so ein- und auffällt. Und wieso der komische Name - We're French? Siehe rechts unter "About me" ...
Thursday, June 30, 2011
Saturday, June 25, 2011
Summer Football
Vielleicht werden wir dieses Jahr keinen Profi-Football haben. Die Club-Besitzer und die Spieler der NFL haben die Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag platzen lassen und die Club-Besitzer haben daraufhin die Spieler ausgesperrt. Im Moment sieht es nicht danach aus, als ob bis September, dem eigentlichen Beginn der neuen Saison, eine Einigung gefunden werden könnte.
Ist auch egal, denn im August fängt die College-Saison wieder an und bis dahin gibt es im Sommer die Spiele der Semi-Pro Ligen.
Seit letztem Jahr hat ja auch Huntsville ein Team, die Rocket City Titans, und die sind gleich in ihrem ersten Jahr nationaler Meister aller Semi-Pro Ligen geworden.
Und auch dieses Jahr sieht es mehr als gut aus. Sie haben noch kein Spiel verloren und gewinnen die meisten Spiele auch noch Haus hoch.
So wie heute Abend, als sie die Alabama Warriors aus Birmingham mit 35 zu 7 nach Hause geschickt haben. Und dabei haben sie sich noch nicht einmal groß anstrengen müssen. Den Jungs hat es sichtbar Spaß gemacht und von Streik oder Aussperrung redet da auch keiner. Na ja, bei gut 2000 zahlenden Zuschauern pro Spiel ist auch nicht so furchtbar viel Reichtum untereinander auf zu teilen, als dass ein Streit darüber sich lohnen würde ...
Ist auch egal, denn im August fängt die College-Saison wieder an und bis dahin gibt es im Sommer die Spiele der Semi-Pro Ligen.
Seit letztem Jahr hat ja auch Huntsville ein Team, die Rocket City Titans, und die sind gleich in ihrem ersten Jahr nationaler Meister aller Semi-Pro Ligen geworden.
Und auch dieses Jahr sieht es mehr als gut aus. Sie haben noch kein Spiel verloren und gewinnen die meisten Spiele auch noch Haus hoch.
So wie heute Abend, als sie die Alabama Warriors aus Birmingham mit 35 zu 7 nach Hause geschickt haben. Und dabei haben sie sich noch nicht einmal groß anstrengen müssen. Den Jungs hat es sichtbar Spaß gemacht und von Streik oder Aussperrung redet da auch keiner. Na ja, bei gut 2000 zahlenden Zuschauern pro Spiel ist auch nicht so furchtbar viel Reichtum untereinander auf zu teilen, als dass ein Streit darüber sich lohnen würde ...
Sue
Seit das Space and Rocket Center in Huntsville nach nur knapp abgewendetem Bankrott vor einigen Jahren eine komplett neue Führungsriege bekommen hat, tut sich richtig was.
Letztes Jahr war die große Star Wars Ausstellung da, danach Ausstellungen zu den Themen CSI und Narnia - und seit einem Monat ist Sue jetzt da.
Sue ist das am vollständigsten erhaltene Skelett eines Tyrannosaurus Rex auf der Welt.
Natürlich schicken die Leute des Field Museum of Natural History in Chicago nicht das echte Skelett auf Reisen - das steht nach wie vor in ihrem Museum. Was da Station in Huntsville gemacht hat ist ein Abguss der Originalknochen. Egal, spektakulär ist das schon. Nur etwas größer hatten wir uns alle einen T-Rex wohl vor gestellt. Was nicht heißen soll, dass das Tierchen possierlich oder knuddelig gewesen ist. Nee, der im Vergleich zum übrigen Körper überdimensionierte Schädel mit den vielen großen scharfen Zähnen darin hat uns allen, inklusive der Kiddies, dann doch schon einen Mordsrespekt eingeflößt ...
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Monday, June 20, 2011
Belinda's Culture Shock
Einmal im Jahr treffen sich die "Betriebsräte" aus jeder Agentur/Behörde unserer großen Organisation um Erfahrungen auszutauschen, neue Vorschriften zu besprechen, über Personalien abzustimmen und so weiter. Da unser Vorsitzende auf Dienstreise war, hat er diesmal Belinda, zuständig für Soziale Angelegenheiten und sonst die Sekretärin unserer Abteilung, dort hin geschickt.
Nach Barcelona.
Diese Meetings finden an recht angenehmen Orten statt - wenn mal davon absieht dass man dazu fast immer aus den USA heraus muss um nach Europa zu fliegen.
Nun hat Belinda ihr ganzes bisheriges Leben ausschließlich in den Staaten verbracht, davon die weitaus meisten ihrer siebenundvierzig Jahre in Nord-Alabama und Süd-Tennessee. Auf die US Virgin Islands (gehören zu den USA als "Übersee"-Territorium) sind sie und ihr Mann einmal geflogen und das war das weiteste und exotischste was sie jemals erlebt hat.
Und nun nach Spanien. Ganz alleine.
Nun ist Belinda zwar ein echtes Country-Girl (mit Pferden auf der Koppel und im Besitz einer alten Farm) aber beileibe keine Landpomeranze. Sie weiß sich durch zu setzen und geht mit wachen Augen durch die Welt. Nur hat sie von der halt noch nicht so viel gesehen.
Hier nun ihrer Erlebnisse, so wie sie es erlebt und mir geschildert hat.
Essen und Trinken
Kaum angekommen, schon Paellla bestellt.Wobei sie erstens keine Ahnung hatte dass das das katalanische Nationalgericht ist, und zweitens nicht wusste dass darin überwiegend Meeresfrüchte zu finden sind. Der Kellner hatte ihr wohl zu verstehen gegeben, dass es ein Reisgericht sei und da dachte sie sich, was kann man da schon falsch machen. Dieser Gedanke verflog dann recht schnell, als sich ihr aus dem Bottich, der ihr serviert wurde, kleine saugnapfbewährte Arme entgegenstreckten. So etwas hatte sie noch nie gesehen und sie wusste auch nicht, was das war aber da sie neugierig und abenteuerlustig ist, und die Leute am Nebentisch das mit Genuss aßen, biss sie einfach herzhaft hinein. Und es schmeckte phantastisch! nach einigen Bissen jedoch stieß sie mit Gabel auf etwas hartes und zog es mit spitzen Fingern heraus. Eine Muschel. Mit Schale. Merkwürdig.
Aber das hatte sie wenigstens schon einmal in einem Magazin gesehen und sie wusste auch dass das Essbare im Inneren versteckt war.
Wie sie sich da nun durch Muscheln, Oktopusse und alles mögliche andere Meeresgetier kämpft gucken sie plötzlich zwei Stielaugen an.
Ein Krebs. Im Ganzen. Mit Scheren, Augen, Antennen und allem. Der saß da, gut gesotten, auf dem Boden der Schüssel und wartete geduldig auf seinen großen Auftritt. Aber das war's dann für Belinda,, die mittlerweile auch bereits fast eine ganze Flasche weißen Weines intus hatte und sich partout nicht ausmalen konnte wie man denn nun dieses Monster essen sollte. Also hat sie ihn neben die Schüssel gesetzt und er durfte ihr für des Rest der Mahlzeit dort Gesellschaft leisten.
Am zweiten Abend dann ein anderes Restaurant, vom Taxifahrer als authentisch und gut empfohlen.
Zum Glück gab es dort eine englischsprachige Speisekarte (... wie authentisch kann das wohl gewesen sein ...) und so wählte Belinda diesmal etwas, das ihr weniger Suspekt erschien - Kaninchen mit gerösteten Kartoffeln und Spargel. Zwar hatte sie noch nie in ihrem leben Kaninchen gegessen aber Fleisch ist Fleisch und was kann man da schon falsch machen ...?!
Dieser Gedanke verflog dann recht schnell als ihr das Kaninchen serviert wurde. Vielmehr waren es zwei Zwergkaninchen, die sich gut durchgebraten im Ganzen auf dem Teller gegenüber saßen, lieblich umrahmt von Kartoffeln und Spargel.
Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss - das sind die Babies vom Osterhasen!
Der zweite - wie esse ich die denn jetzt?
Ganz einfach. Denn natürlich waren sie ausgenommen und sehr zart und saftig und Belinda konnte das Fleisch einfach so vom Knochen schneiden.
Da der Schock des Osterhasen-Mahls ihr noch etwas in den Gliedern saß, entschied sie sich am nächsten Tag auf eigene Faust los zu gehen und sich erst einmal anzusehen, was andere Gäste auf den Tellern hatten bevor sie ein Restaurant betrat.
Dabei kam sie an einem kleinen Lokal vorbei, in dem sie eine Lammkeule am Spieß erkennen konnte. Das war ganz nach ihrem Geschmack und sie bestellte das, was alle anderen dort auch aßen.
Dünne Scheiben Lamm wurden vom Spieß abgeschabt, in ein halbes geöffnetes Brot gelegt, darauf Pepperoni, Tomaten, Gurken, Krautsalat und darüber eine würzige weiße Soße gegossen, das Ganze in Alufolie geschlagen ... und fertig war der Döner. Selbstredend hat es ihr phantastisch geschmeckt, vor allen Dingen das Brot das ganz anders als in den Staaten irgendwie ... Geschmack hatte.
Vom Fleisch gefallen ist Belinda in dieser Woche also nicht, wohl aber vom Glauben. Davon handelt das nächste Kapitel.
Menschen und menschliches
Barcelona ist mit Stränden gesegnet, die mit zu den schönsten auf der Welt gehören.
Und natürlich liegt man dort überwiegend oben ohne herum. Was für Belinda, die nicht unbedingt prüde aber doch eine gottesfürchtige Southern Methodistin ist, ein Schock war. In Alabama würde man für solch ein Benehmen verhaftet, verurteilt und weg gesperrt werden. Auf der Stelle.
Aber dort, am Strand von Barcelona, tummelten sich Männlein und Weiblein ganz ungeniert in knappen bis knappsten Badehöschen und sonst nix.
Paare, angezogen oder halbnackt, gingen Händchen haltend über die Strandpromenade, es wurde öffentlich geküsst und sich so gar nicht darum geschert, was in der Bibel steht ...
Und dann waren da noch diese zwei älteren Männer, weit jenseits des Renteneintrittsalters und mit furchtbarer Körperbehaarung, die sich ganz ungeniert in ihren knappen Badetangas gegenseitig mit Sonnencreme einschmierten ... iiiiuuuuuh!
Andererseits ist Belinda aufgefallen, dass es dort - und nicht nur am Strand, sondern in der ganzen Stadt - kaum dicke Menschen gab. und schon gar nicht diese Fettgebirge wie sie einem hier im Süden in jedem WalMart massenweise auf ihren elektrischen Einkaufs-Scootern entgegenkommen. Kann vielleicht daran liegen, dass die Spanier (... Europäer ...) sich einfach besser ernähren - Kaninchen und Meeresfrüchte sollen ja angeblich sehr gesund sein.
Gesund ist auch statt mit dem Taxi zu fahren einfach zu Fuß zu gehen.Oder wenigstens das mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kombinieren ...
Transport und Verkehr
... wenn man denn weiß, wie Bus und U-Bahn fahren funktioniert.
Gezwungenermaßen musste Belinda das ganz schnell lernen. Denn natürlich wurde sie von den Taxifahrern dort mächtig übers Ohr gehauen. Wenn man für ein und dieselbe Strecke einmal sieben Euro und danach sechzehn Euro zahlen soll, weiß selbst ein Country-Girl aus Alabama dass etwas faul ist in Katalanien.
Nun spricht Belinda kein Wort Spanisch und ihr grandioser Plan, einfach das spanische Übersetzungs-App ihres iPhones zu benutzen scheiterte kläglich daran, dass ihre hiesige Telefongesellschaft keinen internationalen Service hat und somit in Spanien ihr Telefon nicht funktionierte. Haette man auch irgendwie vor der Abreise klären können ... aber wozu, in Tennessee und Mississippi hat es ja auch immer funktioniert und das ist ja auch quasi Ausland.
Belinda hat dann ganz kleinlaut eingestanden, dass sie sich streckenweise wie ein Marsmensch vorgekommen ist, der einen IQ von 3 hat ... aber schließlich hat sie es dann doch noch heraus gefunden - nach Irrwegen und Sackgassen - wie man mit Bussen und Bahnen fährt.
Höhepunkte
Und das war auch notwendig, denn sonst hätte sie ihre Pilgertour gar nicht machen können.
Auf dem Hausberg von Barcelona, dem 512 Meter hohen Tibidabo, steht die Kirche Sagrat Cor. Deren Wahrzeichen ist eine riesige Jesus-Statue, die mit ausgebreiteten Armen weithin sichtbar ist. Und zum Fuße dieses Berges ist sie mit der U-Bahn gefahren und ist von dort aus hinauf gewandert. Hat gute sechs Stunden gedauert und sie war, oben angekommen, ganz überrascht, dass sich unter der Statue eine echte Kirche befand in die man auch noch hinein gehen konnte. Irgendwie hatte sie gedacht, die Statue sei als Touristenattraktion dort aufgestellt worden.
Herunter gefahren ist sie dann allerdings mit einem Bus - das hatte sie jetzt ja drauf.
Ein weiterer unerwarteter Höhepunkt war der Abend, den sie mit einer Flasche Wein am Strand verbrachte und an dem plötzlich der Mond ganz rot wurde. Das lag nun nicht am übermäßigen Alkoholgenuss sondern daran dass zu diesem Zeitpunkt eine totale Mondfinsternis über Europa zu sehen war.
Ami go home!
Weil Belinda neugierig ist und neue Dinge kennen lernen will, hat sie auch spanisches TV geschaut - allerdings die europäische Ausgabe von CNN. Und war dann ganz überrascht, wie viele Nachrichten es doch gab, von denen sie noch nie etwas gehört hatte. Die Krise in Syrien, die Bomben auf Lybien, das Chaos in Griechenland, die Probleme mit der Nuklearkatastrophe in Japan, Fluten in China - und keine skateboardfahrenden Katzen oder wasserskilaufenden Hunde.
Und ihr ist aufgefallen, wie überwiegend negativ (= kritisch ...) die Berichterstattung über die USA in Europa ist. Und das deckte sich auch durchaus mit ihren Eindrücken, wie sie als Amerikanerin allgemein in Barcelona behandelt wurde - eher reserviert, nicht wirklich feindselig aber doch auch nicht wirklich freundlich.
Sie fragte mich ob ihr Eindruck richtig sei, dass die USA in Europa nicht besonders beliebt seien. Ja, sagte ich, der Eindruck stimmt durchaus - und nicht nur in Europa sondern eigentlich in der ganzen Welt.
Aber sie hätte doch niemandem etwas getan - stimmt, sagte ich ihr, aber was ist mit George W., den gierigen Banken, Krieg im Iraq und in Afghanistan, der Arroganz, Kriegslüsternheit und Selbstherrlichkeit jeder US Regierung seit dem zweiten Weltkrieg?
Na ja, das gab ihr zu denken. Und dann kam sie darauf, dass die Informationen die sie aus dem TV in Alabama bekommt irgendwie nicht den realen Zustand in der Welt, oder jedenfalls nicht das umfassende Bild das ein Europäer gewohnt ist, darstellen.
Die Reise hat sich also gelohnt - sie hat etwas gelernt, ist ins Nachdenken gekommen, hat jede Menge Spaß gehabt, ist in eine andere Kultur eingetaucht, hat prima gegessen und getrunken und will unbedingt wieder zurück. Mal sehen wo das Meeting nächstes Jahr statt findet ...
Nach Barcelona.
Diese Meetings finden an recht angenehmen Orten statt - wenn mal davon absieht dass man dazu fast immer aus den USA heraus muss um nach Europa zu fliegen.
Nun hat Belinda ihr ganzes bisheriges Leben ausschließlich in den Staaten verbracht, davon die weitaus meisten ihrer siebenundvierzig Jahre in Nord-Alabama und Süd-Tennessee. Auf die US Virgin Islands (gehören zu den USA als "Übersee"-Territorium) sind sie und ihr Mann einmal geflogen und das war das weiteste und exotischste was sie jemals erlebt hat.
Und nun nach Spanien. Ganz alleine.
Nun ist Belinda zwar ein echtes Country-Girl (mit Pferden auf der Koppel und im Besitz einer alten Farm) aber beileibe keine Landpomeranze. Sie weiß sich durch zu setzen und geht mit wachen Augen durch die Welt. Nur hat sie von der halt noch nicht so viel gesehen.
Hier nun ihrer Erlebnisse, so wie sie es erlebt und mir geschildert hat.
Essen und Trinken
Kaum angekommen, schon Paellla bestellt.Wobei sie erstens keine Ahnung hatte dass das das katalanische Nationalgericht ist, und zweitens nicht wusste dass darin überwiegend Meeresfrüchte zu finden sind. Der Kellner hatte ihr wohl zu verstehen gegeben, dass es ein Reisgericht sei und da dachte sie sich, was kann man da schon falsch machen. Dieser Gedanke verflog dann recht schnell, als sich ihr aus dem Bottich, der ihr serviert wurde, kleine saugnapfbewährte Arme entgegenstreckten. So etwas hatte sie noch nie gesehen und sie wusste auch nicht, was das war aber da sie neugierig und abenteuerlustig ist, und die Leute am Nebentisch das mit Genuss aßen, biss sie einfach herzhaft hinein. Und es schmeckte phantastisch! nach einigen Bissen jedoch stieß sie mit Gabel auf etwas hartes und zog es mit spitzen Fingern heraus. Eine Muschel. Mit Schale. Merkwürdig.
Aber das hatte sie wenigstens schon einmal in einem Magazin gesehen und sie wusste auch dass das Essbare im Inneren versteckt war.
Wie sie sich da nun durch Muscheln, Oktopusse und alles mögliche andere Meeresgetier kämpft gucken sie plötzlich zwei Stielaugen an.
Ein Krebs. Im Ganzen. Mit Scheren, Augen, Antennen und allem. Der saß da, gut gesotten, auf dem Boden der Schüssel und wartete geduldig auf seinen großen Auftritt. Aber das war's dann für Belinda,, die mittlerweile auch bereits fast eine ganze Flasche weißen Weines intus hatte und sich partout nicht ausmalen konnte wie man denn nun dieses Monster essen sollte. Also hat sie ihn neben die Schüssel gesetzt und er durfte ihr für des Rest der Mahlzeit dort Gesellschaft leisten.
Am zweiten Abend dann ein anderes Restaurant, vom Taxifahrer als authentisch und gut empfohlen.
Zum Glück gab es dort eine englischsprachige Speisekarte (... wie authentisch kann das wohl gewesen sein ...) und so wählte Belinda diesmal etwas, das ihr weniger Suspekt erschien - Kaninchen mit gerösteten Kartoffeln und Spargel. Zwar hatte sie noch nie in ihrem leben Kaninchen gegessen aber Fleisch ist Fleisch und was kann man da schon falsch machen ...?!
Dieser Gedanke verflog dann recht schnell als ihr das Kaninchen serviert wurde. Vielmehr waren es zwei Zwergkaninchen, die sich gut durchgebraten im Ganzen auf dem Teller gegenüber saßen, lieblich umrahmt von Kartoffeln und Spargel.
Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss - das sind die Babies vom Osterhasen!
Der zweite - wie esse ich die denn jetzt?
Ganz einfach. Denn natürlich waren sie ausgenommen und sehr zart und saftig und Belinda konnte das Fleisch einfach so vom Knochen schneiden.
Da der Schock des Osterhasen-Mahls ihr noch etwas in den Gliedern saß, entschied sie sich am nächsten Tag auf eigene Faust los zu gehen und sich erst einmal anzusehen, was andere Gäste auf den Tellern hatten bevor sie ein Restaurant betrat.
Dabei kam sie an einem kleinen Lokal vorbei, in dem sie eine Lammkeule am Spieß erkennen konnte. Das war ganz nach ihrem Geschmack und sie bestellte das, was alle anderen dort auch aßen.
Dünne Scheiben Lamm wurden vom Spieß abgeschabt, in ein halbes geöffnetes Brot gelegt, darauf Pepperoni, Tomaten, Gurken, Krautsalat und darüber eine würzige weiße Soße gegossen, das Ganze in Alufolie geschlagen ... und fertig war der Döner. Selbstredend hat es ihr phantastisch geschmeckt, vor allen Dingen das Brot das ganz anders als in den Staaten irgendwie ... Geschmack hatte.
Vom Fleisch gefallen ist Belinda in dieser Woche also nicht, wohl aber vom Glauben. Davon handelt das nächste Kapitel.
Menschen und menschliches
Barcelona ist mit Stränden gesegnet, die mit zu den schönsten auf der Welt gehören.
Und natürlich liegt man dort überwiegend oben ohne herum. Was für Belinda, die nicht unbedingt prüde aber doch eine gottesfürchtige Southern Methodistin ist, ein Schock war. In Alabama würde man für solch ein Benehmen verhaftet, verurteilt und weg gesperrt werden. Auf der Stelle.
Aber dort, am Strand von Barcelona, tummelten sich Männlein und Weiblein ganz ungeniert in knappen bis knappsten Badehöschen und sonst nix.
Paare, angezogen oder halbnackt, gingen Händchen haltend über die Strandpromenade, es wurde öffentlich geküsst und sich so gar nicht darum geschert, was in der Bibel steht ...
Und dann waren da noch diese zwei älteren Männer, weit jenseits des Renteneintrittsalters und mit furchtbarer Körperbehaarung, die sich ganz ungeniert in ihren knappen Badetangas gegenseitig mit Sonnencreme einschmierten ... iiiiuuuuuh!
Andererseits ist Belinda aufgefallen, dass es dort - und nicht nur am Strand, sondern in der ganzen Stadt - kaum dicke Menschen gab. und schon gar nicht diese Fettgebirge wie sie einem hier im Süden in jedem WalMart massenweise auf ihren elektrischen Einkaufs-Scootern entgegenkommen. Kann vielleicht daran liegen, dass die Spanier (... Europäer ...) sich einfach besser ernähren - Kaninchen und Meeresfrüchte sollen ja angeblich sehr gesund sein.
Gesund ist auch statt mit dem Taxi zu fahren einfach zu Fuß zu gehen.Oder wenigstens das mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kombinieren ...
Transport und Verkehr
... wenn man denn weiß, wie Bus und U-Bahn fahren funktioniert.
Gezwungenermaßen musste Belinda das ganz schnell lernen. Denn natürlich wurde sie von den Taxifahrern dort mächtig übers Ohr gehauen. Wenn man für ein und dieselbe Strecke einmal sieben Euro und danach sechzehn Euro zahlen soll, weiß selbst ein Country-Girl aus Alabama dass etwas faul ist in Katalanien.
Nun spricht Belinda kein Wort Spanisch und ihr grandioser Plan, einfach das spanische Übersetzungs-App ihres iPhones zu benutzen scheiterte kläglich daran, dass ihre hiesige Telefongesellschaft keinen internationalen Service hat und somit in Spanien ihr Telefon nicht funktionierte. Haette man auch irgendwie vor der Abreise klären können ... aber wozu, in Tennessee und Mississippi hat es ja auch immer funktioniert und das ist ja auch quasi Ausland.
Belinda hat dann ganz kleinlaut eingestanden, dass sie sich streckenweise wie ein Marsmensch vorgekommen ist, der einen IQ von 3 hat ... aber schließlich hat sie es dann doch noch heraus gefunden - nach Irrwegen und Sackgassen - wie man mit Bussen und Bahnen fährt.
Höhepunkte
Und das war auch notwendig, denn sonst hätte sie ihre Pilgertour gar nicht machen können.
Auf dem Hausberg von Barcelona, dem 512 Meter hohen Tibidabo, steht die Kirche Sagrat Cor. Deren Wahrzeichen ist eine riesige Jesus-Statue, die mit ausgebreiteten Armen weithin sichtbar ist. Und zum Fuße dieses Berges ist sie mit der U-Bahn gefahren und ist von dort aus hinauf gewandert. Hat gute sechs Stunden gedauert und sie war, oben angekommen, ganz überrascht, dass sich unter der Statue eine echte Kirche befand in die man auch noch hinein gehen konnte. Irgendwie hatte sie gedacht, die Statue sei als Touristenattraktion dort aufgestellt worden.
Herunter gefahren ist sie dann allerdings mit einem Bus - das hatte sie jetzt ja drauf.
Ein weiterer unerwarteter Höhepunkt war der Abend, den sie mit einer Flasche Wein am Strand verbrachte und an dem plötzlich der Mond ganz rot wurde. Das lag nun nicht am übermäßigen Alkoholgenuss sondern daran dass zu diesem Zeitpunkt eine totale Mondfinsternis über Europa zu sehen war.
Ami go home!
Weil Belinda neugierig ist und neue Dinge kennen lernen will, hat sie auch spanisches TV geschaut - allerdings die europäische Ausgabe von CNN. Und war dann ganz überrascht, wie viele Nachrichten es doch gab, von denen sie noch nie etwas gehört hatte. Die Krise in Syrien, die Bomben auf Lybien, das Chaos in Griechenland, die Probleme mit der Nuklearkatastrophe in Japan, Fluten in China - und keine skateboardfahrenden Katzen oder wasserskilaufenden Hunde.
Und ihr ist aufgefallen, wie überwiegend negativ (= kritisch ...) die Berichterstattung über die USA in Europa ist. Und das deckte sich auch durchaus mit ihren Eindrücken, wie sie als Amerikanerin allgemein in Barcelona behandelt wurde - eher reserviert, nicht wirklich feindselig aber doch auch nicht wirklich freundlich.
Sie fragte mich ob ihr Eindruck richtig sei, dass die USA in Europa nicht besonders beliebt seien. Ja, sagte ich, der Eindruck stimmt durchaus - und nicht nur in Europa sondern eigentlich in der ganzen Welt.
Aber sie hätte doch niemandem etwas getan - stimmt, sagte ich ihr, aber was ist mit George W., den gierigen Banken, Krieg im Iraq und in Afghanistan, der Arroganz, Kriegslüsternheit und Selbstherrlichkeit jeder US Regierung seit dem zweiten Weltkrieg?
Na ja, das gab ihr zu denken. Und dann kam sie darauf, dass die Informationen die sie aus dem TV in Alabama bekommt irgendwie nicht den realen Zustand in der Welt, oder jedenfalls nicht das umfassende Bild das ein Europäer gewohnt ist, darstellen.
Die Reise hat sich also gelohnt - sie hat etwas gelernt, ist ins Nachdenken gekommen, hat jede Menge Spaß gehabt, ist in eine andere Kultur eingetaucht, hat prima gegessen und getrunken und will unbedingt wieder zurück. Mal sehen wo das Meeting nächstes Jahr statt findet ...
Friday, June 17, 2011
Done
Der letzte Tag des Appalachian Service Project Mission Trip - da war dann irgendwie die Luft raus.
Fertig haben sie die Schürze nicht mehr bekommen, das wird dann der nächste Bautrupp übernehmen, der nächste Woche kommt.
Aber das spielte dann auch keine Rolle mehr, denn alle waren happy und fühlten sich gut, im Bewußtsein etwas Gutes getan zu haben.
Das brachte dann meine Frau ins Grübeln - tut man so etwas - anderen Menschen helfen - vielleicht nur deshalb um sich nachher selber besser zu fühlen? Der Effekt, den sie mit ihre einwöchigen Tätigkeit in dieser Region gehabt haben dürfte jedenfalls im Rauschen untergehen. Aber vielleicht höhlt steter Tropfen ja auch diesen Stein und wer weiß, in fünfzig Jahren wird dann Appalachia vielleicht doch noch aufgeholt haben zum Rest der USA. Oder vielleicht kommt es ja umgekehrt ...
Fertig haben sie die Schürze nicht mehr bekommen, das wird dann der nächste Bautrupp übernehmen, der nächste Woche kommt.
Aber das spielte dann auch keine Rolle mehr, denn alle waren happy und fühlten sich gut, im Bewußtsein etwas Gutes getan zu haben.
Das brachte dann meine Frau ins Grübeln - tut man so etwas - anderen Menschen helfen - vielleicht nur deshalb um sich nachher selber besser zu fühlen? Der Effekt, den sie mit ihre einwöchigen Tätigkeit in dieser Region gehabt haben dürfte jedenfalls im Rauschen untergehen. Aber vielleicht höhlt steter Tropfen ja auch diesen Stein und wer weiß, in fünfzig Jahren wird dann Appalachia vielleicht doch noch aufgeholt haben zum Rest der USA. Oder vielleicht kommt es ja umgekehrt ...
Thursday, June 16, 2011
Winding down
Tag 4 auf der Flodder-Baustelle.
Man ist innerhalb des Bauteams zu der Erkenntnis gekommen, dass die ganze Plackerei diese Woche wahrscheinlich sowieso für umsonst war - nachdem durch die Arbeiten einiges der tragenden Struktur des Trailers frei gelegt wurde, war die einhellige Meinung dass das morsche Ding so marode ist, dass es wahrscheinlich innerhalb der nächsten zwei Jahre zusammen stürzen wird.
Als einziges Teil wird dann noch die Schürze stehen ...
Heute waren alle vier Generationen der Familie auf der Baustelle - wobei ich keine Informationen habe, ob die Dame des Hauses auch dabei war. Wen interessiert's, müßig sich darüber Gedanken zu machen. Das müssen die schon selber aus sortieren.
Allerdings hat meine Frau mittlerweile für ein Familienmitglied ein besonderes Interesse entwickelt - ein junger Coon Hound, der den Flodders vor kurzem zu gelaufen ist.
Eigentlich ist sie ja kein besonders großer Hunde-Fan. Aber bei diesem Tierchen hat es, wie sie selbst sagt, einfach geklickt. Am liebsten möchte sie ihn mitnehmen, doch leider ist er anscheinend schon der örtlichen Leiterin des ASP versprochen.
Ich kann sie gut verstehen, bin ich doch mit Hunden aufgewachsen und weiß, wie treue Hundeaugen einen anblicken können. Nun ja, wenn wir wieder in Deutschland sind, wird dieses Thema sicherlich wieder auf die Tagesordnung kommen. Nur leider gibt es dort keine Coon Hounds ...
Man ist innerhalb des Bauteams zu der Erkenntnis gekommen, dass die ganze Plackerei diese Woche wahrscheinlich sowieso für umsonst war - nachdem durch die Arbeiten einiges der tragenden Struktur des Trailers frei gelegt wurde, war die einhellige Meinung dass das morsche Ding so marode ist, dass es wahrscheinlich innerhalb der nächsten zwei Jahre zusammen stürzen wird.
Als einziges Teil wird dann noch die Schürze stehen ...
Heute waren alle vier Generationen der Familie auf der Baustelle - wobei ich keine Informationen habe, ob die Dame des Hauses auch dabei war. Wen interessiert's, müßig sich darüber Gedanken zu machen. Das müssen die schon selber aus sortieren.
Allerdings hat meine Frau mittlerweile für ein Familienmitglied ein besonderes Interesse entwickelt - ein junger Coon Hound, der den Flodders vor kurzem zu gelaufen ist.
Eigentlich ist sie ja kein besonders großer Hunde-Fan. Aber bei diesem Tierchen hat es, wie sie selbst sagt, einfach geklickt. Am liebsten möchte sie ihn mitnehmen, doch leider ist er anscheinend schon der örtlichen Leiterin des ASP versprochen.
Ich kann sie gut verstehen, bin ich doch mit Hunden aufgewachsen und weiß, wie treue Hundeaugen einen anblicken können. Nun ja, wenn wir wieder in Deutschland sind, wird dieses Thema sicherlich wieder auf die Tagesordnung kommen. Nur leider gibt es dort keine Coon Hounds ...
Wednesday, June 15, 2011
Milestone
Ein Meilenstein - heute habe ich es zum ersten Mal bei einer meiner vielen Kameras (der Nikon D5000) geschafft, dass sie wieder von vorne zu zählen anfängt. Nach dem 9999. Bild kam dann wieder die Nummer 1 (siehe unten).
Und das nach nur einem Jahr - das tatsächlich erste Bild (unsere Mantis) hatte ich am 06. Juni 2010 gemacht.
Das nur mal so nebenbei ...
Und das nach nur einem Jahr - das tatsächlich erste Bild (unsere Mantis) hatte ich am 06. Juni 2010 gemacht.
Das nur mal so nebenbei ...
Rain in Kentucky
Tag Drei - es hat geregnet am Nachmittag.
Der Bautrupp hat im Haus der Großeltern der Flodders abgewartet ob es aufhören würde. Und dabei so einiges mitbekommen von den etwas komplizierten Familienverhältnissen.
Die Großeltern, beide jenseits der achtzig, haben nicht nur ihre Kinder und deren Kinder aufgezogen, sondern auch noch die nachfolgende Generation. Weil die jeweiligen Eltern floddermäßig drauf waren und nix geregelt bekommen haben. Aktuell kümmern sie sich gerade um die zweijährige Tochter eines ihrer Enkelkinder - beide Elternteile sind drogenabhängig und offensichtlich nicht in der Lage ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Morgen ist Gerichtstermin, bei dem entschieden werden soll ob das kleine Mädchen bei der Urgroßmutter bleiben kann - zunächst mal für ein Jahr, denn die alte Dame wird ja nicht jünger und zudem arbeitet sie auch noch um die Familie über Wasser zu halten.
Auch bei den Trailer-Bewohnern sind wohl Drogen mit im Spiel. Die beiden Jungs, 11 und 13, die dazu gehören werden auch von der Urgroßmutter betreut. Denn die Eltern lassen sich wohl nur selten blicken. Die Dame des Hauses jedenfalls scheint nach dem gestrigen Auszug erstmal verschwunden zu sein. Der Göttergatte hat heute die beiden Jungs bei der Urgroßmutter abgeliefert und ist dann auch gleich wieder abgezwitschert.Er hat den Bautrupp bisher noch nicht einmal begrüßt und ignoriert ihn völlig. Was von unseren wackeren Missionaren niemand so richtig bedauert.
Wenn es morgen wieder trocken ist wird die Schürze fertig. Die floddermäßigen Lebensumstände können leider nicht so einfach repariert werden.
Der Bautrupp hat im Haus der Großeltern der Flodders abgewartet ob es aufhören würde. Und dabei so einiges mitbekommen von den etwas komplizierten Familienverhältnissen.
Die Großeltern, beide jenseits der achtzig, haben nicht nur ihre Kinder und deren Kinder aufgezogen, sondern auch noch die nachfolgende Generation. Weil die jeweiligen Eltern floddermäßig drauf waren und nix geregelt bekommen haben. Aktuell kümmern sie sich gerade um die zweijährige Tochter eines ihrer Enkelkinder - beide Elternteile sind drogenabhängig und offensichtlich nicht in der Lage ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Morgen ist Gerichtstermin, bei dem entschieden werden soll ob das kleine Mädchen bei der Urgroßmutter bleiben kann - zunächst mal für ein Jahr, denn die alte Dame wird ja nicht jünger und zudem arbeitet sie auch noch um die Familie über Wasser zu halten.
Auch bei den Trailer-Bewohnern sind wohl Drogen mit im Spiel. Die beiden Jungs, 11 und 13, die dazu gehören werden auch von der Urgroßmutter betreut. Denn die Eltern lassen sich wohl nur selten blicken. Die Dame des Hauses jedenfalls scheint nach dem gestrigen Auszug erstmal verschwunden zu sein. Der Göttergatte hat heute die beiden Jungs bei der Urgroßmutter abgeliefert und ist dann auch gleich wieder abgezwitschert.Er hat den Bautrupp bisher noch nicht einmal begrüßt und ignoriert ihn völlig. Was von unseren wackeren Missionaren niemand so richtig bedauert.
Wenn es morgen wieder trocken ist wird die Schürze fertig. Die floddermäßigen Lebensumstände können leider nicht so einfach repariert werden.
Tuesday, June 14, 2011
Flodders in Kentucky
Tag Zwei des Appalachia Mission Trip.
Die Entscheidung hinsichtlich der Isolierung an der Unterseite des Trailers ist negativ ausgefallen - zur großen Erleichterung des Bautrupps. Der Bautruppleiter meinte lakonisch, dass durch die neue Schürze sowieso schon mehr Isolation erreicht würde, als der Trailer jemals im Originalzustand hatte.
Weiterhin wurden heute bei weiteren Aufräumarbeiten im Matsch gefunden: haufenweise Rechnungen von American Express (ungeöffnet) und Mitteilungen der Krankenversicherung (auch ungeöffnet).
Und dann kam noch die Polizei ...
Kleiner Einwurf meinerseits: Habe ich gestern so nett umschrieben, was ich aber in vielen Sätzen ausgedrückt habe, kann eigentlich in nur einem einzigen Wort zusammen gefasst werden: asozial.
Die Dame des Hauses, die sich gestern (wie auch ihr Göttergatte übrigens) nicht eine Sekunde am Trailer hat blicken lassen, hatte die letzte Nacht anscheinend aushäusig verbracht.
Das erzürnte den Göttergatten sehr und als sie wieder auftauchte heute morgen, rief er kurzerhand die Polizei. Darauf entspann sich eine nette kleine Diskussion, in die schließlich auch der nächtliche Unterkunftsgewährer, der die Dame des Hauses, wie es sich gehört, am Morgen an der Türschwelle abgeliefert hatte, einbezogen wurde.
Dabei stellte sich dann heraus, dass er auf der Fahndungsliste steht. Hmm, ob der Göttergatte eventuell davon wusste?
Egal. Nachdem die Polizei diese kleine Störung beseitigt hatte, nicht jedoch ohne sich vorher intensiv mit dem Inhalt der Ladefläche des Trucks des gesuchten Unterkunftsgewährers zu beschäftigen, ging der Komödiantenstadl weiter.
Die Dame des Hauses, erzürnt ob des Verrates ihres Göttergatten, oder vielleicht auch einfach nur von allen guten Geistern verlassen, stürmte in den Trailer. Als Begleitschutz hatte sie zwei junge Dinger dabei (woher die jetzt genau kamen ... wer blickt da schon durch??!), die ihr halfen Tüten voller Klamotten aus dem Trailer zu schleppen. Ob sie nun vom Göttergatten raus geschmissen worden war, selbst den Dienst quitiert hat oder einfach nur abgelegte Kleidung im Second-Hand Laden zu Geld machen wollte ... wer blickt da schon durch??!
Die Schürze wird übrigens wohl Morgen fertig sein. Auch Dank der zurückhaltenden Anteilnahme der Familie an den Arbeiten des Bautrupps. So wie früher in reichen Haushalten die Bediensteten für die Herrschaft Luft war, hat diese Familie die Missionare bisher völlig ignoriert. Und die sind froh, wenn sie ihre Arbeit dort vorzeitig beenden können. Dann helfen sie eben die letzten zwei Tage dem anderen Bautrupp, der bei einem ganz entzückenden älteren Ehepaar das Dach erneuert. Die haben sich sogar schon des öfteren für die Hilfe bedankt ...
Die Entscheidung hinsichtlich der Isolierung an der Unterseite des Trailers ist negativ ausgefallen - zur großen Erleichterung des Bautrupps. Der Bautruppleiter meinte lakonisch, dass durch die neue Schürze sowieso schon mehr Isolation erreicht würde, als der Trailer jemals im Originalzustand hatte.
Weiterhin wurden heute bei weiteren Aufräumarbeiten im Matsch gefunden: haufenweise Rechnungen von American Express (ungeöffnet) und Mitteilungen der Krankenversicherung (auch ungeöffnet).
Und dann kam noch die Polizei ...
Kleiner Einwurf meinerseits: Habe ich gestern so nett umschrieben, was ich aber in vielen Sätzen ausgedrückt habe, kann eigentlich in nur einem einzigen Wort zusammen gefasst werden: asozial.
Die Dame des Hauses, die sich gestern (wie auch ihr Göttergatte übrigens) nicht eine Sekunde am Trailer hat blicken lassen, hatte die letzte Nacht anscheinend aushäusig verbracht.
Das erzürnte den Göttergatten sehr und als sie wieder auftauchte heute morgen, rief er kurzerhand die Polizei. Darauf entspann sich eine nette kleine Diskussion, in die schließlich auch der nächtliche Unterkunftsgewährer, der die Dame des Hauses, wie es sich gehört, am Morgen an der Türschwelle abgeliefert hatte, einbezogen wurde.
Dabei stellte sich dann heraus, dass er auf der Fahndungsliste steht. Hmm, ob der Göttergatte eventuell davon wusste?
Egal. Nachdem die Polizei diese kleine Störung beseitigt hatte, nicht jedoch ohne sich vorher intensiv mit dem Inhalt der Ladefläche des Trucks des gesuchten Unterkunftsgewährers zu beschäftigen, ging der Komödiantenstadl weiter.
Die Dame des Hauses, erzürnt ob des Verrates ihres Göttergatten, oder vielleicht auch einfach nur von allen guten Geistern verlassen, stürmte in den Trailer. Als Begleitschutz hatte sie zwei junge Dinger dabei (woher die jetzt genau kamen ... wer blickt da schon durch??!), die ihr halfen Tüten voller Klamotten aus dem Trailer zu schleppen. Ob sie nun vom Göttergatten raus geschmissen worden war, selbst den Dienst quitiert hat oder einfach nur abgelegte Kleidung im Second-Hand Laden zu Geld machen wollte ... wer blickt da schon durch??!
Die Schürze wird übrigens wohl Morgen fertig sein. Auch Dank der zurückhaltenden Anteilnahme der Familie an den Arbeiten des Bautrupps. So wie früher in reichen Haushalten die Bediensteten für die Herrschaft Luft war, hat diese Familie die Missionare bisher völlig ignoriert. Und die sind froh, wenn sie ihre Arbeit dort vorzeitig beenden können. Dann helfen sie eben die letzten zwei Tage dem anderen Bautrupp, der bei einem ganz entzückenden älteren Ehepaar das Dach erneuert. Die haben sich sogar schon des öfteren für die Hilfe bedankt ...
Monday, June 13, 2011
Appalachia Mission Trip
Appalachia ist eine Region im Appalachen-Gebirge, die von Pennsylvania bis hinunter nach Alabama reicht.
Gekennzeichnet ist dieses Gebiet, in dem ungefähr 23 Millionen Menschen leben, durch zum Teil bittere Armut und unvorstellbar rückständige Lebensverhältnisse.
Die Appalachen waren bis in die 1960er Jahre das Zentrum des Kohlebergbaus in den USA - die Umweltschäden und die sozialen Realitäten, die die hemmungslose Ausbeutung von Mensch und Natur in dieser Region hinterlassen hat, sind immer noch nicht überwunden.
Obwohl seit den 1930er Jahren mehrere Hilfsprogramme der Regierung wenigstens die Bildungseinrichtungen, die Infrastruktur und das Strom- und Wassernetz auf einen einigermaßen passablen Stand gebracht haben, findet man im Kernland von Appalachia - Kentucky, Virginia, Pennsylvania - immer noch Gegenden, in denen es mehr Analphabeten gibt als in einem durchschnittlichen dritte Welt Land, in dem die Menschen in Baracken hausen und eine einfache Grippe mangels medizinischer Versorgung zur lebensbedrohlichen Gefahr wird.
Nun ist das nicht so, dass man diese Menschen von Seiten der Regierung "vergessen" hätte. Dieses Bergvölkchen, das sogar eigene Dialekte spricht, seine eigene Musik hat und bei dem irgendwie jeder mit jedem verwandt ist, will zum großen Teil gar nicht so leben, wie wir das für ein erste Welt Land im 21. Jahrhundert für selbstverständlich halten.
Tradition, Brauchtum, ihr eigenes Ding machen, keine Bevormundung von außerhalb - das sind die Randbedingungen, die jedes noch so gut gemeinte großangelegte Hilfsprogramm bisher haben scheitern lassen.
Diese Leute wollen gar nicht anders leben und das muss man einfach respektieren.
Andererseits gibt es sehr viele kleine Hilfsprojekte, die man als "Nachbarschaftshilfe" bezeichnen könnte, die vor allen Dingen von kirchlichen Organisationen organisiert werden. Und diese Hilfe, direkt und unmittelbar,die nicht an Bedingungen geknüpft ist und die Lebensart nicht antastet, ist dort durchaus willkommen.
Die Ford's Chapel United Methodist Church in Harvest (ja, das ist die, denen beim Tornado die 200 Jahre alte Kapelle platt gemacht wurde) führt auch in diesem Jahr wieder einen sogenannten Mission Trip für Jugendliche nach Appalachia durch. Andere Kirchen bieten so etwas zum Teil in Lateinamerika an, die praktischen Methodisten kehren lieber vor ihrer eigenen Haustür und fahren für eine Woche nach Kentucky.
Dort werden dann zwei Projekte in Angriff genommen - dieses Jahr ist es ein neues Dach für ein Haus und eine Seitenverkleidung für ein Mobile Home.
Material und Arbeitseinsatz wird dabei von der christlichen Dachorganisation des Appalachian Service Project (ASP) getragen. Bedürftige Familien bewerben sich beim ASP und die Projekte werden dann so ausgewählt, dass die jugendlichen Missionare ohne jegliche baufachliche Vorbildung das schultern können (ohne sich und andere zu gefährden).
Und da macht meine Frau zur Zeit mit. Gestern ist sie mit der Jugendgruppe der Methodisten nach Kentucky gefahren. Und heute war der erste Arbeitstag - von dem ich ein wenig schildern will.
Zunächst einmal galt es, die künftige Baustelle zu finden - die Wegbeschreibung sprach davon, dass man da, wo die geteerte Straße zu Ende sei noch eine halbe Meile weiter in den Wald fahren solle, einen Hügel rauf und dann um die Ecke ...
Das Haus dort, ein Mobile Home, oder auch Trailer genannt, benötigt eine neue Schürze - das ist das, was zwischen Trailer-Boden und Erboden den Wind davon abhält unter dem Trailer her zu pfeifen. Das mag ja im Sommer ganz angenehm sein aber in den Kentucky-Appalachian Mountains wird es im Winter richtig kalt und dann ist so eine Schürze fast schon lebenswichtig.
Nachdem der Trailer dann endlich gefunden war, kam der Schock - alte Autobatterien, ein Sofa, Kleidung, funktionsuntüchtige Rasenmäher, Abfall der allgemeinen Art, Teile der ehemaligen Seitenverkleidung des Trailers und verrottete Möbelstücke türmten sich auf dem Grundstück. Dazwischen liefen Hühner, Hasen und anderes Kleinvieh herum und im hinteren Teil waren noch vier oder fünf Hunde zu finden.
Nun haben wir hier in Alabama durchaus auch unsere Rednecks, die meinen der Planet sei ihr Abfalleimer aber so etwas hatten unsere wackeren Missionare noch nie gesehen.
Vor allen Dingen aber der Gestank - eine Mischung aus faulem Schimmel, Abfallgrube, Tierfäkalien und sumpfig-feuchtem Waldboden - machte ihnen zu schaffen.
Die erste Maßnahme war also den Dreck soweit zu beseitigen, dass man überhaupt erst einmal an die Unterseite des Trailers heran kam. Dabei wurden Verlängerungskabel gefunden, die Zentimeter tief im Waldboden verborgen waren - und die noch unter Strom standen. die Familie hatte sie einfach nach Benutzung dort liegen gelassen, jeder war wochenlang darüber gelatscht und mit der Zeit hatten sie sich einfach in den sumpfigen Boden eingegraben.
Nachdem auch dieses Hindernis beseitigt war, konnte eine erste Bestandsaufnahme des Raumes zwischen Trailerboden und Erdboden gemacht werden. Diese Trailer werden nämlich standardmäßig auf ungefähr einem Meter hohen Backsteinstapeln (oder was man gerade zur Verfügung hat - mit Zement ausgegossene Bierdosen tun es auch ...) auf gebockt. Dass bedeutet natürlich, dass darunter eine Menge Platz ist. Für zum Beispiel mehr Rasenmäher, eine lebende Schildkröte, gebrauchte Unterhosen, eine mumifizierte Ratte, mehr allgemeinen Abfall, eine Handteller große schwarze Spinne, Teile der alten Schürze, ein Hundegelege mit frisch geworfenen Welpen, mehr Hühnerkacke und Pilze und Flechten.
Eine große Debatte entbrannte dann um die Frage, ob man den Rasenmäher heraus holen solle, ihn weiter herein schieben solle oder ihn dort lassen solle wo er gerade war. Man war sich nicht sicher ob das Ding nicht mittlerweile eine tragende Funktion im Trailer-Stützenverbund inne hatte. Für heute wurde dann der Rasenmäher dort gelassen wo man ihn vor gefunden hatte.
Die Inspektion ergab außerdem, oh Überraschung, dass die sowieso nur hauchdünne Isolierschicht an der Unterseite des Trailers völlig abgegammelt war und dringend erneuert werden muss, bevor die neue Schürze angebracht wird.
Ob das von dieser Gruppe gemacht werden soll wird morgen entschieden. Das Problem dabei ist nur, dass niemand so recht weiß ob der Trailer überhaupt stabil genug ist um diese Arbeiten aus zu halten ohne von den Stützen zu kippen. Auf die Stützwirkung des Rasenmähers sollte man sich da wohl eher nicht verlassen.
Zudem kann es durchaus sein, dass unter dem Trailer noch ganz andere gefahren lauern - Klapperschlangen sind bekannt dafür solche Behausungen zu bevorzugen.
Ein Wort zu den Bewohnern von Appalachia - meine persönliche Meinung. Meine Frau wird das sicherlich ein wenig differenzierter sehen und sie ist auch diejenige vor Ort und kann das alles ganz klar besser beurteilen. Ich erlaube mir mir halt eine Meinung, weil ich solche Dinge bei meinem einjährigen Aufenthalt in Enterprise, Alabama, Mitte der 1990er Jahre durchaus auch mitbekommen habe.
Arm sein ist keine Schande, das kann jedem passieren. Aber arm und verkommen zu sein, dass ist kein schützens- und erhaltenswerter Way of Life, sondern einfach nur Verkommenheit. Und dann die Chuzpe zu haben die "Missionare" den Dreck, den man selber angehäuft hat, weg räumen zu lassen - indiskutabel. Diese Leute nutzen die Wohltätigkeit anderer schamlos aus. Und kennen überhaupt kein Verantwortungsgefühl für sich selbst, die Gemeinschaft und Umwelt.
Meine Frau berichtete von einer kleinen Schlucht neben dem Grundstück, in die diese Familie einfach ihren Müll - jedenfalls die Teile, die nicht neben und unter dem Trailer lagen - entsorgt.
Und als sie dort ankamen stand neben dem Trailer ein vor sich hin kokelnder alter Fernseher. Den hatten die Kinder am vorigen Abend aus Jux angezündet. Und der wird dort noch jahrelang stehen bleiben, sofern er eines Tages nicht auch in der Schlucht landet. Und dabei gibt es dort durchaus eine Müllabfuhr. Nur muss man die bezahlen und jedes Mal anrufen wenn man genug Müll gesammelt hat, denn der Trailer liegt natürlich nicht auf der regulären Route des Müllautos.
Mit $1500 pro Monat, keinerlei Mietbelastung (der Trailer ist abbezahlt und das Grundstück gehört dem Großvater) und geringen sonstigen fixen Kosten (was werden die schon an Strom verbrauchen ...?!) sollte das noch im Budget drin sein. Aber vielleicht sind andere Dinge ja wichtiger - mich würde interessieren, ob im Trailer ein Falt-Screen TV mit X-Box steht ...
Mir stellt sich die Frage: Haben solche Leute diese Hilfe überhaupt verdient? Vielleicht sollte man das nächste Mal doch lieber nach Guatemala fahren ...
Gekennzeichnet ist dieses Gebiet, in dem ungefähr 23 Millionen Menschen leben, durch zum Teil bittere Armut und unvorstellbar rückständige Lebensverhältnisse.
Die Appalachen waren bis in die 1960er Jahre das Zentrum des Kohlebergbaus in den USA - die Umweltschäden und die sozialen Realitäten, die die hemmungslose Ausbeutung von Mensch und Natur in dieser Region hinterlassen hat, sind immer noch nicht überwunden.
Obwohl seit den 1930er Jahren mehrere Hilfsprogramme der Regierung wenigstens die Bildungseinrichtungen, die Infrastruktur und das Strom- und Wassernetz auf einen einigermaßen passablen Stand gebracht haben, findet man im Kernland von Appalachia - Kentucky, Virginia, Pennsylvania - immer noch Gegenden, in denen es mehr Analphabeten gibt als in einem durchschnittlichen dritte Welt Land, in dem die Menschen in Baracken hausen und eine einfache Grippe mangels medizinischer Versorgung zur lebensbedrohlichen Gefahr wird.
Nun ist das nicht so, dass man diese Menschen von Seiten der Regierung "vergessen" hätte. Dieses Bergvölkchen, das sogar eigene Dialekte spricht, seine eigene Musik hat und bei dem irgendwie jeder mit jedem verwandt ist, will zum großen Teil gar nicht so leben, wie wir das für ein erste Welt Land im 21. Jahrhundert für selbstverständlich halten.
Tradition, Brauchtum, ihr eigenes Ding machen, keine Bevormundung von außerhalb - das sind die Randbedingungen, die jedes noch so gut gemeinte großangelegte Hilfsprogramm bisher haben scheitern lassen.
Diese Leute wollen gar nicht anders leben und das muss man einfach respektieren.
Andererseits gibt es sehr viele kleine Hilfsprojekte, die man als "Nachbarschaftshilfe" bezeichnen könnte, die vor allen Dingen von kirchlichen Organisationen organisiert werden. Und diese Hilfe, direkt und unmittelbar,die nicht an Bedingungen geknüpft ist und die Lebensart nicht antastet, ist dort durchaus willkommen.
Die Ford's Chapel United Methodist Church in Harvest (ja, das ist die, denen beim Tornado die 200 Jahre alte Kapelle platt gemacht wurde) führt auch in diesem Jahr wieder einen sogenannten Mission Trip für Jugendliche nach Appalachia durch. Andere Kirchen bieten so etwas zum Teil in Lateinamerika an, die praktischen Methodisten kehren lieber vor ihrer eigenen Haustür und fahren für eine Woche nach Kentucky.
Dort werden dann zwei Projekte in Angriff genommen - dieses Jahr ist es ein neues Dach für ein Haus und eine Seitenverkleidung für ein Mobile Home.
Material und Arbeitseinsatz wird dabei von der christlichen Dachorganisation des Appalachian Service Project (ASP) getragen. Bedürftige Familien bewerben sich beim ASP und die Projekte werden dann so ausgewählt, dass die jugendlichen Missionare ohne jegliche baufachliche Vorbildung das schultern können (ohne sich und andere zu gefährden).
Und da macht meine Frau zur Zeit mit. Gestern ist sie mit der Jugendgruppe der Methodisten nach Kentucky gefahren. Und heute war der erste Arbeitstag - von dem ich ein wenig schildern will.
Zunächst einmal galt es, die künftige Baustelle zu finden - die Wegbeschreibung sprach davon, dass man da, wo die geteerte Straße zu Ende sei noch eine halbe Meile weiter in den Wald fahren solle, einen Hügel rauf und dann um die Ecke ...
Das Haus dort, ein Mobile Home, oder auch Trailer genannt, benötigt eine neue Schürze - das ist das, was zwischen Trailer-Boden und Erboden den Wind davon abhält unter dem Trailer her zu pfeifen. Das mag ja im Sommer ganz angenehm sein aber in den Kentucky-Appalachian Mountains wird es im Winter richtig kalt und dann ist so eine Schürze fast schon lebenswichtig.
Nachdem der Trailer dann endlich gefunden war, kam der Schock - alte Autobatterien, ein Sofa, Kleidung, funktionsuntüchtige Rasenmäher, Abfall der allgemeinen Art, Teile der ehemaligen Seitenverkleidung des Trailers und verrottete Möbelstücke türmten sich auf dem Grundstück. Dazwischen liefen Hühner, Hasen und anderes Kleinvieh herum und im hinteren Teil waren noch vier oder fünf Hunde zu finden.
Nun haben wir hier in Alabama durchaus auch unsere Rednecks, die meinen der Planet sei ihr Abfalleimer aber so etwas hatten unsere wackeren Missionare noch nie gesehen.
Vor allen Dingen aber der Gestank - eine Mischung aus faulem Schimmel, Abfallgrube, Tierfäkalien und sumpfig-feuchtem Waldboden - machte ihnen zu schaffen.
Die erste Maßnahme war also den Dreck soweit zu beseitigen, dass man überhaupt erst einmal an die Unterseite des Trailers heran kam. Dabei wurden Verlängerungskabel gefunden, die Zentimeter tief im Waldboden verborgen waren - und die noch unter Strom standen. die Familie hatte sie einfach nach Benutzung dort liegen gelassen, jeder war wochenlang darüber gelatscht und mit der Zeit hatten sie sich einfach in den sumpfigen Boden eingegraben.
Nachdem auch dieses Hindernis beseitigt war, konnte eine erste Bestandsaufnahme des Raumes zwischen Trailerboden und Erdboden gemacht werden. Diese Trailer werden nämlich standardmäßig auf ungefähr einem Meter hohen Backsteinstapeln (oder was man gerade zur Verfügung hat - mit Zement ausgegossene Bierdosen tun es auch ...) auf gebockt. Dass bedeutet natürlich, dass darunter eine Menge Platz ist. Für zum Beispiel mehr Rasenmäher, eine lebende Schildkröte, gebrauchte Unterhosen, eine mumifizierte Ratte, mehr allgemeinen Abfall, eine Handteller große schwarze Spinne, Teile der alten Schürze, ein Hundegelege mit frisch geworfenen Welpen, mehr Hühnerkacke und Pilze und Flechten.
Eine große Debatte entbrannte dann um die Frage, ob man den Rasenmäher heraus holen solle, ihn weiter herein schieben solle oder ihn dort lassen solle wo er gerade war. Man war sich nicht sicher ob das Ding nicht mittlerweile eine tragende Funktion im Trailer-Stützenverbund inne hatte. Für heute wurde dann der Rasenmäher dort gelassen wo man ihn vor gefunden hatte.
Die Inspektion ergab außerdem, oh Überraschung, dass die sowieso nur hauchdünne Isolierschicht an der Unterseite des Trailers völlig abgegammelt war und dringend erneuert werden muss, bevor die neue Schürze angebracht wird.
Ob das von dieser Gruppe gemacht werden soll wird morgen entschieden. Das Problem dabei ist nur, dass niemand so recht weiß ob der Trailer überhaupt stabil genug ist um diese Arbeiten aus zu halten ohne von den Stützen zu kippen. Auf die Stützwirkung des Rasenmähers sollte man sich da wohl eher nicht verlassen.
Zudem kann es durchaus sein, dass unter dem Trailer noch ganz andere gefahren lauern - Klapperschlangen sind bekannt dafür solche Behausungen zu bevorzugen.
Ein Wort zu den Bewohnern von Appalachia - meine persönliche Meinung. Meine Frau wird das sicherlich ein wenig differenzierter sehen und sie ist auch diejenige vor Ort und kann das alles ganz klar besser beurteilen. Ich erlaube mir mir halt eine Meinung, weil ich solche Dinge bei meinem einjährigen Aufenthalt in Enterprise, Alabama, Mitte der 1990er Jahre durchaus auch mitbekommen habe.
Arm sein ist keine Schande, das kann jedem passieren. Aber arm und verkommen zu sein, dass ist kein schützens- und erhaltenswerter Way of Life, sondern einfach nur Verkommenheit. Und dann die Chuzpe zu haben die "Missionare" den Dreck, den man selber angehäuft hat, weg räumen zu lassen - indiskutabel. Diese Leute nutzen die Wohltätigkeit anderer schamlos aus. Und kennen überhaupt kein Verantwortungsgefühl für sich selbst, die Gemeinschaft und Umwelt.
Meine Frau berichtete von einer kleinen Schlucht neben dem Grundstück, in die diese Familie einfach ihren Müll - jedenfalls die Teile, die nicht neben und unter dem Trailer lagen - entsorgt.
Und als sie dort ankamen stand neben dem Trailer ein vor sich hin kokelnder alter Fernseher. Den hatten die Kinder am vorigen Abend aus Jux angezündet. Und der wird dort noch jahrelang stehen bleiben, sofern er eines Tages nicht auch in der Schlucht landet. Und dabei gibt es dort durchaus eine Müllabfuhr. Nur muss man die bezahlen und jedes Mal anrufen wenn man genug Müll gesammelt hat, denn der Trailer liegt natürlich nicht auf der regulären Route des Müllautos.
Mit $1500 pro Monat, keinerlei Mietbelastung (der Trailer ist abbezahlt und das Grundstück gehört dem Großvater) und geringen sonstigen fixen Kosten (was werden die schon an Strom verbrauchen ...?!) sollte das noch im Budget drin sein. Aber vielleicht sind andere Dinge ja wichtiger - mich würde interessieren, ob im Trailer ein Falt-Screen TV mit X-Box steht ...
Mir stellt sich die Frage: Haben solche Leute diese Hilfe überhaupt verdient? Vielleicht sollte man das nächste Mal doch lieber nach Guatemala fahren ...
Shrinking
Ich habe mir heute eine Hose in Größe 38 gekauft.
Angekommen bin ich hier vor dreieinhalb Jahren mit Größe 46. Und 4XL T-Shirts habe ich getragen.
Jetzt bin ich bei XXL angelangt. Das heißt, ich kann wieder in der normalen Abteilung (große Auswahl, modische Klamotten) shoppen und nicht mehr in der Ecke für Big&Tall (kleine Auswahl, schrecklich gemusterte Klamotten).
Nur meine Schuhgröße ist immer noch 46 ...
Angekommen bin ich hier vor dreieinhalb Jahren mit Größe 46. Und 4XL T-Shirts habe ich getragen.
Jetzt bin ich bei XXL angelangt. Das heißt, ich kann wieder in der normalen Abteilung (große Auswahl, modische Klamotten) shoppen und nicht mehr in der Ecke für Big&Tall (kleine Auswahl, schrecklich gemusterte Klamotten).
Nur meine Schuhgröße ist immer noch 46 ...
Wednesday, June 8, 2011
Belinda's Girlfriend
Belinda kommt aus einer Militärfamilie. In den 1970er Jahren war ihr Vater im Redstone Arsenal stationiert und die Familie lebte in Huntsville. Belinda ging in eine Privatschule und alles war prima.
Dann wurde ihr Vater pensioniert und die Familie zog in seinen Geburtsort im südlichen Tennessee, nicht weit von der Alabama-Tennessee Staatsgrenze. Und dort ging Belinda dann in die örtliche öffentliche High School, in die 7. Klasse.
Vom ersten Tag an wusste sie, dass sie sich dort nicht wohl fühlen würde. Als sie mit ihrer Mutter die Schule betrat fiel ihr gleich ein großes Schild im Eingang ins Auge auf dem davor gewarnt wurde, dass das ausspucken von Kautabak in den Gängen unter Strafe verboten sei. Und in der ganzen Schule hing der Geruch von hunderten ungewaschener Kinderkörper. Die - meist schäbige und oftmals zerrissene -Kleidung der meisten ihrer Mitschüler starrte vor Dreck, kaum einer hatte intakte Zähne (was sie für Verrottung hielt waren aber vielleicht auch nur die Flecken die der Kautabak auf den Zähnen hinterließ ...) und sie sprachen einen Dialekt, von dem sie nur Bruchstücke verstand. Sie hatte so gar nichts mit diesen Hinterwäldlern gemeinsam.
Ihre Klassenkameraden mieden sie und sie mied ihre Klassenkameraden. Bis auf ein Mädchen, Debbie, mit dem sie sich langsam ein wenig anfreundete. Eines Tages fasste sich Belinda dann ein Herz und fragte Debbie, ob sie einmal nach der Schule mit zu ihr nach Hause kommen wolle, zum Spielen (was man hier "Playdate" nennt). Sie könne ja erst ihre Mama fragen, ob die damit einverstanden wäre.
Worauf Debbie ihr zu verstehen gab, dass sie nicht bei ihrer Mutter lebte. Gut, dachte sich Belinda, sie ist also ein Scheidungskind. Also, sagte sie zu Debbie, dann frag eben deinen Vater. Nein, sagte Debbie, bei dem würde sie auch nicht leben. Und überhaupt sei das mit dem Playdate sowieso keine gute Idee, denn ihr Ehemann würde von ihr erwarten, dass sie nach der Schule immer gleich nach Hause käme.
Wenig später hatte Belinda ihre Eltern davon überzeugt, dass diese Schule nichts für sie sei und von da an fuhr sie ihre Mutter jeden Tag wieder in die alte Privatschule nach Huntsville.
Das legale Heiratsalter in Tennessee ist heute 16 Jahre, mit Zustimmung beider Elternteile. In Alabama ist es immer noch 14 Jahre.
Dann wurde ihr Vater pensioniert und die Familie zog in seinen Geburtsort im südlichen Tennessee, nicht weit von der Alabama-Tennessee Staatsgrenze. Und dort ging Belinda dann in die örtliche öffentliche High School, in die 7. Klasse.
Vom ersten Tag an wusste sie, dass sie sich dort nicht wohl fühlen würde. Als sie mit ihrer Mutter die Schule betrat fiel ihr gleich ein großes Schild im Eingang ins Auge auf dem davor gewarnt wurde, dass das ausspucken von Kautabak in den Gängen unter Strafe verboten sei. Und in der ganzen Schule hing der Geruch von hunderten ungewaschener Kinderkörper. Die - meist schäbige und oftmals zerrissene -Kleidung der meisten ihrer Mitschüler starrte vor Dreck, kaum einer hatte intakte Zähne (was sie für Verrottung hielt waren aber vielleicht auch nur die Flecken die der Kautabak auf den Zähnen hinterließ ...) und sie sprachen einen Dialekt, von dem sie nur Bruchstücke verstand. Sie hatte so gar nichts mit diesen Hinterwäldlern gemeinsam.
Ihre Klassenkameraden mieden sie und sie mied ihre Klassenkameraden. Bis auf ein Mädchen, Debbie, mit dem sie sich langsam ein wenig anfreundete. Eines Tages fasste sich Belinda dann ein Herz und fragte Debbie, ob sie einmal nach der Schule mit zu ihr nach Hause kommen wolle, zum Spielen (was man hier "Playdate" nennt). Sie könne ja erst ihre Mama fragen, ob die damit einverstanden wäre.
Worauf Debbie ihr zu verstehen gab, dass sie nicht bei ihrer Mutter lebte. Gut, dachte sich Belinda, sie ist also ein Scheidungskind. Also, sagte sie zu Debbie, dann frag eben deinen Vater. Nein, sagte Debbie, bei dem würde sie auch nicht leben. Und überhaupt sei das mit dem Playdate sowieso keine gute Idee, denn ihr Ehemann würde von ihr erwarten, dass sie nach der Schule immer gleich nach Hause käme.
Wenig später hatte Belinda ihre Eltern davon überzeugt, dass diese Schule nichts für sie sei und von da an fuhr sie ihre Mutter jeden Tag wieder in die alte Privatschule nach Huntsville.
Das legale Heiratsalter in Tennessee ist heute 16 Jahre, mit Zustimmung beider Elternteile. In Alabama ist es immer noch 14 Jahre.
Sunday, June 5, 2011
The most despicable man in Alabama
Im Tornado-Outbreak des 27. April hat ein EF-4 Tornado (EF-5 ist die höchste Stufe ...) rund 90% der Gebäude der kleinen 2500-Seelen Gemeinde Cordova in der Nähe von Birmingham zerstört.
Zur Zeit hausen die Bewohner der Stadt bei 37 Grad Celsius und gelegentlichen Gewitterschauern in Zelten auf den Ruinen ihrer früheren Wohnungen.
FEMA, die Federal Emergency Management Agency (so eine Art Technisches Hilfswerk) hat mittlerweile sogenannte FEMA-Trailer für diese Menschen bereit gestellt. Ein FEMA-Trailer ist eines der hier üblichen mobilen Häuser (sogenannte Single Wides; es gibt auch Double Wides, das sind einfach zwei Singles die an der Breitseite zusammengestellt und durch Türen miteinander verbunden werden), das mit allem notwendigen ausgestattet ist. Durch die Einsparung von allem nicht-notwendigen und unter Verwendung der billigsten Materialien kann der Preis pro Trailer sehr niedrig gehalten werden. Vorgesehen sind die Trailer für eine Nutzungsdauer von 15 Monaten, danach müssen die Nutzer sich wieder etwas eigenes gesucht haben. Immerhin, deutlich besser als ein Zelt sind diese Dinger allemal.
Leider ist Jack Scott gegenwärtig Bürgermeister von Cordova - und Jack Scott ist ein Hundling wie man ihn selten findet.
Single Wide Trailers sind generell ein Zeichen für wenig Wohlstand und sie werden gemeinhin mit der Unterschicht assoziiert. Um das schöne Cordova vor dem Strandgut der Gesellschaft zu bewahren hat vor Jahren der Stadtrat eine Verordnung erlassen, die es verbietet innerhalb des Stadtgebietes Single Wide Trailer aufzustellen.
Man sollte meinen, dass nach einem solchen Desaster wie den April Tornados diese Verordnung mitsamt allen anderen Akten des nun geplätteten Ratshauses vom Winde verweht sei.
Weit gefehlt. Der ehrenwerte Jack Scott besteht weiterhin auf der Einhaltung dieser Verordnung, weswegen die FEMA Trailer nicht aufgestellt werden dürfen. Er selbst residiert übrigens in einem solchen Trailer, den er für die Stadtverwaltung - weil er damit der Öffentlichkeit dient - hat aufstelllen lassen.
Nun könnte man den Kopf schütteln ob solchen Extrem-Bürokratismus und Mitleid für die armen Leute von Cordova in ihrer Zeltstadt haben. Muss man aber nicht, denn sehr lange werden die meisten dort eh nicht mehr "wohnen".
Denn Cordova liegt sehr verkehrsgünstig im Speckgürtel von Birmingham und es ist die Rede davon, dass man die Stadt ja nun, da sowieso alles platt ist, gleich richtig gewinnbringend wieder aufbauen sollte - keine Einfamilienhäuser in Privatbesitz mehr sondern Apartmentkomplexe mit ordentlichen Mieteinnahmen. Aber dazu bräuchte man zuerst das Land ... genau, das Land, auf dem jetzt die Zelte stehen und die FEMA-Trailer nicht hin dürfen.
Wie lange kann ein normaler Mensch, der in einem Zelt inmitten seines zerstörten Grundstückes lebt, ohne Klimaanlage, Strom oder fließendem Wasser, bei 37 Grad im Schatten, den Sirenenklängen der Grundstücksspekulanten wohl stand halten, ehe er zusammen bricht, das sicherlich überaus großzügige Angebot annimmt um danach von einem FEMA-Trailer aus zu versuchen sein Leben wieder neu zu starten?
Jack Scott wird davon wohl eine ungefähre Vorstellung haben ...
Zur Zeit hausen die Bewohner der Stadt bei 37 Grad Celsius und gelegentlichen Gewitterschauern in Zelten auf den Ruinen ihrer früheren Wohnungen.
FEMA, die Federal Emergency Management Agency (so eine Art Technisches Hilfswerk) hat mittlerweile sogenannte FEMA-Trailer für diese Menschen bereit gestellt. Ein FEMA-Trailer ist eines der hier üblichen mobilen Häuser (sogenannte Single Wides; es gibt auch Double Wides, das sind einfach zwei Singles die an der Breitseite zusammengestellt und durch Türen miteinander verbunden werden), das mit allem notwendigen ausgestattet ist. Durch die Einsparung von allem nicht-notwendigen und unter Verwendung der billigsten Materialien kann der Preis pro Trailer sehr niedrig gehalten werden. Vorgesehen sind die Trailer für eine Nutzungsdauer von 15 Monaten, danach müssen die Nutzer sich wieder etwas eigenes gesucht haben. Immerhin, deutlich besser als ein Zelt sind diese Dinger allemal.
Leider ist Jack Scott gegenwärtig Bürgermeister von Cordova - und Jack Scott ist ein Hundling wie man ihn selten findet.
Single Wide Trailers sind generell ein Zeichen für wenig Wohlstand und sie werden gemeinhin mit der Unterschicht assoziiert. Um das schöne Cordova vor dem Strandgut der Gesellschaft zu bewahren hat vor Jahren der Stadtrat eine Verordnung erlassen, die es verbietet innerhalb des Stadtgebietes Single Wide Trailer aufzustellen.
Man sollte meinen, dass nach einem solchen Desaster wie den April Tornados diese Verordnung mitsamt allen anderen Akten des nun geplätteten Ratshauses vom Winde verweht sei.
Weit gefehlt. Der ehrenwerte Jack Scott besteht weiterhin auf der Einhaltung dieser Verordnung, weswegen die FEMA Trailer nicht aufgestellt werden dürfen. Er selbst residiert übrigens in einem solchen Trailer, den er für die Stadtverwaltung - weil er damit der Öffentlichkeit dient - hat aufstelllen lassen.
Nun könnte man den Kopf schütteln ob solchen Extrem-Bürokratismus und Mitleid für die armen Leute von Cordova in ihrer Zeltstadt haben. Muss man aber nicht, denn sehr lange werden die meisten dort eh nicht mehr "wohnen".
Denn Cordova liegt sehr verkehrsgünstig im Speckgürtel von Birmingham und es ist die Rede davon, dass man die Stadt ja nun, da sowieso alles platt ist, gleich richtig gewinnbringend wieder aufbauen sollte - keine Einfamilienhäuser in Privatbesitz mehr sondern Apartmentkomplexe mit ordentlichen Mieteinnahmen. Aber dazu bräuchte man zuerst das Land ... genau, das Land, auf dem jetzt die Zelte stehen und die FEMA-Trailer nicht hin dürfen.
Wie lange kann ein normaler Mensch, der in einem Zelt inmitten seines zerstörten Grundstückes lebt, ohne Klimaanlage, Strom oder fließendem Wasser, bei 37 Grad im Schatten, den Sirenenklängen der Grundstücksspekulanten wohl stand halten, ehe er zusammen bricht, das sicherlich überaus großzügige Angebot annimmt um danach von einem FEMA-Trailer aus zu versuchen sein Leben wieder neu zu starten?
Jack Scott wird davon wohl eine ungefähre Vorstellung haben ...
Saturday, June 4, 2011
Rocket City United
Alles außer Amerikanisch.
Auf dem Fußballplatz hörte man Rufe in Arabisch, mehreren afrikanischen Sprachen, Japanisch, Jamaikanisch (so eine Art Rasta-Pidgin-Englisch), Spanisch und Cockney-Englisch. Kein Wunder, denn die Spieler kamen halt aus allen anderen Kontinenten außer Nord-Amerika.
Ihre Namen sprechen für sich: Juan Arbelaez, Ramiro Canovas, Aziz Izmour, Kingsley Morgan, Tornubari Byonebue, Moses Adeniran, Fatai Alabi, usuf Isiaka, Yuki Kariya, Samadu Mutumba.
Eines meiner kleinen Projekte ist dieses Jahr zu mindestens einem Spiel aller Semi-Professionellen Sport-Teams in Huntsville zu gehen. Es gibt sechs davon, in verschiedenen Sportarten:
Rocket City Titans (Football), Tennessee Valley Tigers (Frauen-Football), Huntsville Havoc (Eishockey), Huntsville Stars (Baseball), Dixie Derby Girls (Rollerskating) und Rocket City United (Fußball).
Was in Europa im Rahmen von Sportvereinen läuft wird hier als Firma betrieben. Organisierten Sport treibt man hier in der Schule, dann im College und dann, wenn man gut genug ist, auf professioneller Ebene. Eine Vereinsstruktur wie z.B. in Deutschland existiert hier nicht, dass heißt nach dem College ist für die meisten Schluss mit Sport, denn nur die wenigen Spitzenathleten können damit auch später in den Profiligen ihren Lebensunterhalt bestreiten - alle anderen suchen sich einen Job. Und gehen ins Gym, wenn sie sich danach noch sportlich betätigen wollen.
Keine Alt-Herrenmannschaften also, in denen siebzigjährige Tischtennis gegeneinander spielen (in den meisten Fällen die gleichen Herren, die bereits fünfzig Jahren zuvor gegeneinander angetreten sind ...), keine kontinuierliche Ausübung einer Sportart über Jahrzehnte.
Unterhalb der Voll-Profiligen gibt es aber seit einigen Jahren einen Unterbau mit Semi-Professionellen Ligen. Das sind dann die Auffangbecken für High School und College Sportler, die es nicht bis zu den Profis geschafft haben, ihre Sportart aber dennoch nicht aufgeben wollen. Sie haben einen normalen Job außerhalb des Sports und bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung von ihrem Team, für Ausrüstung und Reisekosten und so weiter. Semi-Professionell meint also nicht, dass sie sich die Hälfte ihres Lebensunterhaltes mit Sport dazu verdienen - euer die meisten dürfte es eher ein teures Hobby sein.
Natürlich besteht immer die Chance, das man von einem Profi-Team entdeckt und verpflichtet wird - aber da man ja beim College Draft schon einmal durch das Raster gefallen ist, ist die Wahrscheinlichkeit wohl doch eher gering einzuschätzen.
Seit 2007 hat nun also auch Huntsville ein Semi-Pro Team im Fußball - Rocket City United.
Semi-Pro Teams werden geführt wie eine normale (Entertainment-) Firma und dürfen daher auch gerne Profit machen. Was aber eher eine theoretische Möglichkeit dar stellt - bei gut 700 zahlenden Zuschauern pro Heimspiel (5 davon gibt es in der Saison) dürften die Einnahmen von United gut $50000 pro Saison betragen. Da wird nach Abzug der laufenden Kosten (Stadionmiete plus Strom für die Flutlichter, Reisekosten, Spieler- und Trainergehälter, etc.) nicht mehr allzu viel für den Besitzer des Teams übrig bleiben.
Trainiert wird United von einem Engländer, die meisten Spieler sind afrikanische Studenten und lateinamerikanische (sprich mexikanische) Arbeiter.
Der Star der Mannschaft ist Samadu Mutumba, ein Verteidiger aus Uganda, der dort Nationalspieler war und nun an der Alabama A&M University in Huntsville studiert. Ein paar wenige Amiländer sind zwar auch
dabei aber die sind, außer den beiden Torhütern, mehr oder weniger nur Garnitur und stehen nicht in der Stammelf.
Das Spiel heute wurde im (Football-) Stadion der Madison City Schools ausgetragen, einem hässlichen Betonklotz mit ca. 7000 Sitzplätzen auf zwei Tribünen - da verloren sich die 776 zahlenden Zuschauer etwas auf den Rängen.
Die Nationalhymne wurde per leiernder Cassette abgespielt und der Name des Schiedsrichters war für den amerikanischen Stadionsprecher geradezu unmöglich auszusprechen (irgendetwas arabisches, so schien es mir ... könnte aber auch genauso gut Rumänisch gewesen sein ...).
Sehr fair ging es zu auf dem Rasen, der mit gelben Fußball-Markierungen über den immer noch dominanten weißen Strichen der vergangenen Football-Saison versehen war. Ein paar gelbe Karten gab es zwar, doch wurden die für Meckern, zu frühes Herauslaufen aus der Mauer und ähnliches vom Schiri verteilt. Fouls gab es so gut wie keine, ab und zu mal ein bisschen Geschubse und Gedränge aber das war es auch schon.
Gefällige Kombinationen, Passspiel, Flankenwechsel, der tödliche Pass in die Tiefe - Fehlanzeige. Englisches Kick-and-Rush, den Ball nach vorne dreschen und darauf hoffen dass er irgendwie ins gegnerische Tor abprallt war die dominierende Spielart.
Ich würde mal sagen dass das Ganze, inklusive der Zankereien mit dem Schiri, gutes deutsches Bezirksliganiveau hatte.
Am Ende stand es dann 2:1 für die Gäste, weil die Heimmannschaft nach dem Führungstreffer einfach versäumt hatte den Sack zuzumachen ... und irgendwie vergessen hatte, dass ein Spiel immer erst dann zu ende ist, wenn der Schiri abpfeift. Das Siegtor schossen die Silverbacks dann auch prompt mit der letzten Aktion der Nachspielzeit.
Nun ja, habe ich das auch abgehakt - so ein riesig großer Fußballfan bin ich ja noch nie gewesen. Aber zum Fotografieren war das schon Klasse, ich konnte ganz nah ans Spielfeld heran.
Eine Hälfte erledigt, die andere Hälfte meines kleinen Projektes, die Tennessee Valley Tigers, die Rocket City Titans und die Huntsville Stars liegt noch vor mir ...
Auf dem Fußballplatz hörte man Rufe in Arabisch, mehreren afrikanischen Sprachen, Japanisch, Jamaikanisch (so eine Art Rasta-Pidgin-Englisch), Spanisch und Cockney-Englisch. Kein Wunder, denn die Spieler kamen halt aus allen anderen Kontinenten außer Nord-Amerika.
Ihre Namen sprechen für sich: Juan Arbelaez, Ramiro Canovas, Aziz Izmour, Kingsley Morgan, Tornubari Byonebue, Moses Adeniran, Fatai Alabi, usuf Isiaka, Yuki Kariya, Samadu Mutumba.
Eines meiner kleinen Projekte ist dieses Jahr zu mindestens einem Spiel aller Semi-Professionellen Sport-Teams in Huntsville zu gehen. Es gibt sechs davon, in verschiedenen Sportarten:
Rocket City Titans (Football), Tennessee Valley Tigers (Frauen-Football), Huntsville Havoc (Eishockey), Huntsville Stars (Baseball), Dixie Derby Girls (Rollerskating) und Rocket City United (Fußball).
Was in Europa im Rahmen von Sportvereinen läuft wird hier als Firma betrieben. Organisierten Sport treibt man hier in der Schule, dann im College und dann, wenn man gut genug ist, auf professioneller Ebene. Eine Vereinsstruktur wie z.B. in Deutschland existiert hier nicht, dass heißt nach dem College ist für die meisten Schluss mit Sport, denn nur die wenigen Spitzenathleten können damit auch später in den Profiligen ihren Lebensunterhalt bestreiten - alle anderen suchen sich einen Job. Und gehen ins Gym, wenn sie sich danach noch sportlich betätigen wollen.
Keine Alt-Herrenmannschaften also, in denen siebzigjährige Tischtennis gegeneinander spielen (in den meisten Fällen die gleichen Herren, die bereits fünfzig Jahren zuvor gegeneinander angetreten sind ...), keine kontinuierliche Ausübung einer Sportart über Jahrzehnte.
Unterhalb der Voll-Profiligen gibt es aber seit einigen Jahren einen Unterbau mit Semi-Professionellen Ligen. Das sind dann die Auffangbecken für High School und College Sportler, die es nicht bis zu den Profis geschafft haben, ihre Sportart aber dennoch nicht aufgeben wollen. Sie haben einen normalen Job außerhalb des Sports und bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung von ihrem Team, für Ausrüstung und Reisekosten und so weiter. Semi-Professionell meint also nicht, dass sie sich die Hälfte ihres Lebensunterhaltes mit Sport dazu verdienen - euer die meisten dürfte es eher ein teures Hobby sein.
Natürlich besteht immer die Chance, das man von einem Profi-Team entdeckt und verpflichtet wird - aber da man ja beim College Draft schon einmal durch das Raster gefallen ist, ist die Wahrscheinlichkeit wohl doch eher gering einzuschätzen.
Seit 2007 hat nun also auch Huntsville ein Semi-Pro Team im Fußball - Rocket City United.
Semi-Pro Teams werden geführt wie eine normale (Entertainment-) Firma und dürfen daher auch gerne Profit machen. Was aber eher eine theoretische Möglichkeit dar stellt - bei gut 700 zahlenden Zuschauern pro Heimspiel (5 davon gibt es in der Saison) dürften die Einnahmen von United gut $50000 pro Saison betragen. Da wird nach Abzug der laufenden Kosten (Stadionmiete plus Strom für die Flutlichter, Reisekosten, Spieler- und Trainergehälter, etc.) nicht mehr allzu viel für den Besitzer des Teams übrig bleiben.
Trainiert wird United von einem Engländer, die meisten Spieler sind afrikanische Studenten und lateinamerikanische (sprich mexikanische) Arbeiter.
Der Star der Mannschaft ist Samadu Mutumba, ein Verteidiger aus Uganda, der dort Nationalspieler war und nun an der Alabama A&M University in Huntsville studiert. Ein paar wenige Amiländer sind zwar auch
dabei aber die sind, außer den beiden Torhütern, mehr oder weniger nur Garnitur und stehen nicht in der Stammelf.
Das Spiel heute wurde im (Football-) Stadion der Madison City Schools ausgetragen, einem hässlichen Betonklotz mit ca. 7000 Sitzplätzen auf zwei Tribünen - da verloren sich die 776 zahlenden Zuschauer etwas auf den Rängen.
Die Nationalhymne wurde per leiernder Cassette abgespielt und der Name des Schiedsrichters war für den amerikanischen Stadionsprecher geradezu unmöglich auszusprechen (irgendetwas arabisches, so schien es mir ... könnte aber auch genauso gut Rumänisch gewesen sein ...).
Sehr fair ging es zu auf dem Rasen, der mit gelben Fußball-Markierungen über den immer noch dominanten weißen Strichen der vergangenen Football-Saison versehen war. Ein paar gelbe Karten gab es zwar, doch wurden die für Meckern, zu frühes Herauslaufen aus der Mauer und ähnliches vom Schiri verteilt. Fouls gab es so gut wie keine, ab und zu mal ein bisschen Geschubse und Gedränge aber das war es auch schon.
Gefällige Kombinationen, Passspiel, Flankenwechsel, der tödliche Pass in die Tiefe - Fehlanzeige. Englisches Kick-and-Rush, den Ball nach vorne dreschen und darauf hoffen dass er irgendwie ins gegnerische Tor abprallt war die dominierende Spielart.
Ich würde mal sagen dass das Ganze, inklusive der Zankereien mit dem Schiri, gutes deutsches Bezirksliganiveau hatte.
Am Ende stand es dann 2:1 für die Gäste, weil die Heimmannschaft nach dem Führungstreffer einfach versäumt hatte den Sack zuzumachen ... und irgendwie vergessen hatte, dass ein Spiel immer erst dann zu ende ist, wenn der Schiri abpfeift. Das Siegtor schossen die Silverbacks dann auch prompt mit der letzten Aktion der Nachspielzeit.
Nun ja, habe ich das auch abgehakt - so ein riesig großer Fußballfan bin ich ja noch nie gewesen. Aber zum Fotografieren war das schon Klasse, ich konnte ganz nah ans Spielfeld heran.
Eine Hälfte erledigt, die andere Hälfte meines kleinen Projektes, die Tennessee Valley Tigers, die Rocket City Titans und die Huntsville Stars liegt noch vor mir ...
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Na ja, dann habe ich mir auch noch ein Messer gekauft auf dem Dog Days Flea Market. Nix besonderes, es ist mir halt ins Auge gesprungen unter den abertausend Messern, die sie dort angeboten haben.
Der Verkäufer meinte, das sei aus Silber und mindestens hundert Jahre alt. Genau - deshalb hat er es mir auch für $10 überlassen ...
Nach ein wenig Nachforschung im Internet und einer Nachfrage in einem Messer-Forum bin ich dann zu diesem Ergebnis gekommen:
Wahrscheinlich in der Zeit zwischen den Weltkriegen in Deutschland gefertigt, eventuell von Nixdorf in Böhmen, die Griffe sind nicht gegossen sondern gefräst/graviert, Material wahrscheinlich Aluminium oder Nickel. Also keine besonders wertvolle Rarität aber immerhin ein doch recht altes Stück.
Für $10 kann ich mich da nicht beschweren ...
Der Verkäufer meinte, das sei aus Silber und mindestens hundert Jahre alt. Genau - deshalb hat er es mir auch für $10 überlassen ...
Nach ein wenig Nachforschung im Internet und einer Nachfrage in einem Messer-Forum bin ich dann zu diesem Ergebnis gekommen:
Wahrscheinlich in der Zeit zwischen den Weltkriegen in Deutschland gefertigt, eventuell von Nixdorf in Böhmen, die Griffe sind nicht gegossen sondern gefräst/graviert, Material wahrscheinlich Aluminium oder Nickel. Also keine besonders wertvolle Rarität aber immerhin ein doch recht altes Stück.
Für $10 kann ich mich da nicht beschweren ...
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