Wir hatten hier heute Tornado-Alarm. Ein gewaltiges Band von Gewittern zog durch das Tennessee Valley und hier und da gab es tatsächlich einen Tornado. Ein paar Autos wurden beschädigt, einige Mobile Homes wurden zerstört, jede Menge Strommasten und -leitungen fielen herunter aber zum Glück gab es keine Personenschäden. Das ist auch dem gut ausgebauten und funktionierenden Frühwarnsystem der Gemeinden zu verdanken. Vor allem aber tragen die Medien dazu bei, dass jeder immer an allen Orten genau darüber informiert ist, wo gerade eine "possible Wall Cloud" gesichtet wurde. Alle Sender unterbrechen ihr Programm und es schlägt die große Stunde des meteorologischen Live-Entertainments. Mit Schaltungen in die umliegenden Dörfer, Interpretationen der Himmelsfarbe aus dem Studio, Interviews mit besorgten Stadtoberen und beruhigenden Worten des örtlichen Polizei-, Feuerwehr- oder Katastrophenschutzchefs. Nicht zu vergessen, daß jeder Sender immer wieder betont, daß sein Doppler Live Radar, das erst kürzlich mit einem brandneuen Flux-Generator aufgerüstet wurde, garantiert das zuverlässigste und am weitesten in die Zukunft schauende Gerät im ganzen Valley ist.
Und was macht man als durch die schiere Anwesenheit leider direkt Betroffener bei Tornado-Alarm? Man sucht den sichersten Raum des Hauses auf - im Erdgeschoss liegend, ohne Fenster, möglichst mitten im Haus, mit zwei Ausgängen. Das ist bei uns der kleine Raum zwischen Garage und Frühstückszimmer, wo Waschmaschine und Trockner stehen. Man packt ein paar Decken dort hinein, ein bißchen Verpflegung, eine Taschenlampe, das batteriebetriebene Wetterradio, ein paar Spiele und Bücher für die Kinder und, in Ermangelung eines TV, den Laptop. Und dann wartet man, bis der ganze Spuk wieder vorbei ist. Dauert so ein bis zwei Stunden.
Man muß so einen Alarm schon ernst nehmen - immerhin werden durch Tornados hier im Süden der USA jährlich dutzende von Menschen getötet.
Entsprechend groß ist auch die Vorsicht bei den Schulen. Solange der Alarm dauert kauern die Schüler, die Arme über dem Kopf verschränkt, unter ihren Tischen. Danach werden sie dann in den regulären Schulbussen nach HAuse gefahren - mit einem kleinen Unterschied zu sonst: es werden immer nur zwei Busse zur gleichen Zeit losgeschickt. Nur wenn beide wieder zurückkehren, fährt das nächste Paar los. Könnte man für übertrieben halten aber die nehmen hier die Sicherheit der Kinder äußerst ernst. Nur die deutschen Eltern, die von dieser Praxis nichts wissen und vergeblich darauf warten dass ihr Kind endlich auch nach Hause kommt, reagieren eventuell ein wenig genervt. Aber nun wissen wir ja, wieso es so lange gedauert hat. Safety first.
Aber auch die Arbeitgeber reagieren da sehr entgegenkommend. Niemand hat etwas davon, wenn die Arbeitnehmer sich durch gefährliches Wetter nach Hause kämpfen - also schickt man sie schon vorher nach Hause, sobald sich so eine Entwicklung am Horizont andeutet. Ist ja kein Problem die Situation richtig einzuschätzen - man muß nur das TV anmachen, da wird sie einem schon erklärt.
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