Rickwood Field in Birmingham wurde 1910 als Baseball-Stadion für die Birmingham Barons erbaut, die es bis 1986 genutzt haben.
Es ist heute das älteste noch in Betrieb befindliche Stadion in den USA. Das Jahr über wird es von lokalen Schulmannschaften genutzt aber seit 1996 kommen einmal im Jahr die Barons herüber um in ihrer alten Heimat ein Spiel zu bestreiten.
Dieses sogenannte Rickwwod Classic fand heute zum siebzehnten Mal statt, vor über siebentausend Besuchern. Viele davon so alt wie das Stadion ... nun ja, nicht ganz, aber ich habe viele Gespräche überhört in denen sich die alten Herrschaften Anekdoten aus ihrer Jugend erzählten, als die Barons noch regelmäßig dort spielten.
Das Stadion ist über die Jahre nicht wesentlich modernisiert, sondern nur punktuell repariert und instand gesetzt worden. Lediglich die originalen hölzernen Sitzplätze wurden 1980 durch "moderne" Bänke aus Metall und Plastik ersetzt. Die Anzeigentafel wurde teilweise modernisiert - Balls and Strikes werden nun elektronisch angezeigt, die Runs aber immer noch per Hand a einer großen hölzernen Tafel aktualisiert.
Seit 1992 gehört das Stadion einem Förderverein, der es graduell wieder in den ursprünglichen Zustand zurück versetzt hat - inklusive der alten Werbebanner für Firmen, die es schon längst nicht mehr gibt.
Das Stadion ist eine Pilgerstätte für Baseball-, Architektur- und Geschichts-Fans aus ganz Amerika. Ungefähr die Hälfte der Besucher heute war mit richtig gutem Kameraequipment ausgestattet.
Es wurden einige Baseball-Filme für TV und Kino im Rickwood Field gedreht und der Fürderverein hat sich bisher durchaus erfolgreich bemüht, nicht nur das Stadion in Stand zu halten sondern auch wieder die Atmosphäre der 1940er Jahre her zu stellen.
Das Rickwood Classic Spiel findet jedes Jahr unter einem bestimmten Motto statt - dieses Mal war es die Flaggenhissung auf Iwo Jima im zweiten Weltkrieg, die vor dem Spiel nach gestellt wurde. Nun ja, Pathos und große Gesten gehören hier nun einmal dazu.
Was aber wirklich ans Herz geht sind die kleinen, ungeplanten Dinge.
Normalerweise wird die Nationalhymne vor jedem Event hier (die Betonung liegt auf JEDEM ...) von einer tatsächlichen Person gesungen. Im Laufe der Jahre hier habe ich Versionen gehört, für die man anderswo ins Gefängnis kommen würde ... aber auch ganz formidable gesänge von einfachen Leuten, von denen das überhaupt nicht zu erwarten war. Jedenfalls beschränkte sich das Mitwirken des Publikums bisher immer darauf, die Hand aufs herz zu legen und andächtig die Rap-Version, die besonders langsame Zähflußversion oder was sonst gerade so angesagt war, über sich ergehen zu lassen.
Heute hatte irgendein Marine-Corps Sergeant die Ehre (wegen Iwo Jima ...), der aber wegen eines Fehlers im Lautsprechersystem so gut wie nicht zu hören war.
Und da fing dann das ganze Stadion plötzlich an selber zu singen. Aber nicht laut und vordergründig, sondern leise, quasi als Unterstützung der kaum vernehmbaren Stimme des Sergeanten. Bewegend. Und überraschend, dass so viele Leute ohne Textvorlage tatsächlich mit singen konnten. Aber das Publikum bestand ja zum großen Teil aus Oldtimern und die kennen ihre Nationalhymne halt noch.
Was mich auch gewundert hat ist die Kondition der alten Herrschaften. So mancher kam nicht mehr ohne fremde Hilfe die Treppe hinauf, aber die 38 Grad die heute im Stadion herrschten machten ihnen nichts aus. Ich war schon nach wenigen Minuten wie aus dem Wasser gezogen.
Ach ja, Baseball haben sie dann auch noch gespielt. War ein spannendes Spiel, mit ständigen Führungswechseln und am Ende gewannen dann die Chattanooga Lookouts mit 7 zu 6 gegen die Barons. Aber wer zählt schon die Punkte in einer Kathedrale ...
No comments:
Post a Comment