Friday, May 28, 2010

Madam Mantis

Es gibt ungefähr 2300 Arten von Gottesanbeterinnen auf der Welt. Drei davon sind in Alabama heimisch. Und ein Exemplar dieser Spezies, wahrscheinlich eine Carolina Mantis, hatte heute beim großen Regen unter dem Blätterdach unserer Topfpflanzen auf der Veranda Schutz gesucht.
Diese Insekten werden so um die 6 bis 10 cm groß (es gibt in Afrika auch deutlich größere), unser Exemplar war allerdings wesentlich kleiner. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um ein noch nicht ausgewachsenes Tier.
Im Botanischen Garten haben wir letztes Jahr Gottesanbeterinnen im Terrarium gesehen, aber noch nie in freier Wildbahn. Man erlebt hier immer wieder Überraschungen im Wild Alabama ...



Nachtrag 29.05.2010:
Sie war heute immer noch da. Anscheinend lebt sie in den Topfpflanzen. Na ja, haben wir also ein Haustier, sozusagen - es gibt Schlimmeres ...



Nachtrag am 31.05.2010:
Sie ist wohl doch ausgewachsen - wir glauben mindestens ein Eigelege entdeckt zu haben. Das kann noch ein spannender Sommer werden ...




Nachtrag am 01.06.2010 (mittags):
Sie ist tot. Von einer dicken, ekligen Spinne gefressen. Die haben wir dann prompt gekillt - ja, ich weiß, das ist eben so in der Natur, fressen und gefressen werden. Trotzdem - hier in Alabama haben wir noch die Todesstrafe und das Familiengericht hat keine drei Sekunden gebraucht um das Urteil zu fällen. Ich bin wirklich traurig - heute morgen nach dem Aufstehen saß die Mantis noch auf einem Blatt in der Sonne und bewegte den Kopf als sie mich bemerkte. Das war inzwischen fast ein Ritual geworden, wir haben mehrmals am Tag nach ihr geschaut und sie hat manchmal zurück geblickt.
Und jetzt wird ihr ausgesaugter Körper im Spinnennetz vom Wind hin- und hergeschaukelt. Der Tag ist gelaufen ...

Nachtrag am 01.06.2010 (nachmittags):
Totgesagte leben länger ... das, was wir heute morgen gesehen haben war anscheinend eine leere Hülle der Gottesanbeterin, die sich gehäutet hat - wie eine Schlange.
Und auch die Spinne, die meine Frau mit irgendeinem Putzmittel besprüht hatte, lebte noch. Und lag auf der Lauer - siehe Bild: Spinne links oben, Mantis völlig regungslos rechts unten zu erkennen.
Tja, und dann haben wir, um uns ein weiteres Drama zu ersparen, die 1. Direktive der Sternenflotte verletzt - meine Frau hat eine Schere genommen und das Blatt abgeschnitten, auf dem die Spinne saß. Und diese dann im Rasen wieder ausgesetzt.
Puh, das war eine emotionale Achterbahnfahrt ... und ich glaube, mehr Eigelege der Mantis entdeckt zu haben. Wikipedia sagt, daß zwischen vier und acht davon die Regel sind. Und dann habe ich noch eine ganze Horde Ameisen gesehen, die auf den Ästen und Blättern der Topfpflanzen umherturnten. Wenn die mal nicht auch auf den Trichter mit den Gelegen gekommen sind ... es bleibt spannend.



Nachtrag am 01.06.2010 (abends):
So langsam entwickeln wir uns zu Insektologen ... Also, eine Mantis häutet sich acht Mal bevor sie erwachsen ist. Erst nach dem letzten Mal werden die Flügel funktionsfähig. Wir haben es hier also tatsächlich  mit einem gerade erst geschlüpften Exemplar zu tun, denn das tun sie von Mitte Mai bis Mitte Juni. Vielleicht sind in den Gelegen ja gar nicht ihre Kinder, sondern ihre Geschwister ...

Growing up

Führerschein hatte unser Großer ja inzwischen, jetzt erfolgte der nächste Schritt zum erwachsenwerden - ein eigenes Konto.
Da es hier keinen Überziehungskredit gibt, endet das Ausgeben dort, wo das Geld zuende ist. Braucht man sich also keine schlaflosen Nächte machen. Und Papa hat sowieso immer noch Kontrolle darüber, denn auch wenn die einzige Unterschrift die heute bei der Bank geleistet wurde vom Großen verlangt wurde, habe ich über meinen online-Zugang auch Zugriff auf sein Konto.
Nun ja, mit 15 ist Kontrolle eben doch noch besser, auch wen das Vertrauen da ist.
Schecks hat er auch bekommen, nächst Woche kommt dann die Debit-Card und dann kann das Geld ausgeben los gehen.
Unser Bankberater hat uns dazu gratuliert, dass wir das schon in dem Alter machen - man könne damit gar nicht früh genug anfangen, denn nur so lerne man mit seinem eigenen Geld auch verantwortungsbewußt umzugehen, etwas das vielen Amerikanern Probleme bereitet.
Irgendwann in ein paar Monaten wird dann bestimmt auch bei unserem Großen der Schock kommen, wenn der Kontobetrag schmilzt, es immer nur Ausgaben und keine Einnahmen, außer Taschengeld, gibt. Außerdem muß er ab nächstem Schuljahr sein Essensgeld selbst verwalten und alle sonstigen Ausgaben für seine Person auch, die bisher wir für ihn getätigt haben. Dazu bekommt er einen Betrag aufs Konto, den er sich selbst einteilen muß - nur so lernt man den Wert des Geldes schätzen und nicht, wenn Mama und Papa sich ständig um alles kümmern. Wird eine spannende Sache.

Saturday, May 22, 2010

Danny Moon's great night

Jetzt hat auch Huntsville endlich eine professionelle Football-Mannschaft. Nein, nicht in der NFL - in der PSFL: die Rocket City Titans!
Die PSFL ist eine Semi-Professionelle Liga hier im Süden der USA. Wenn man als College-Spiler im Draft nicht von einem der NFL Vereine genommen wurde, aber trotzdem den Traum einer Football-Karriere nicht aufgeben will, kann man sich in so einer Semi-Pro Liga verdingen - und nebenbei beim WalMart Regale einräumen um über die Runden zu kommen. Tatsächlich hat es in den vergangenen Jahren durchaus die eine oder andere Erfolgsstory in der NFL gegeben mit Spielern, die diese "Ehrenrunde" gedreht haben.
Aber die Regel ist das sicherlich nicht. Für viele dürfte die PSFL nur eine Verlängerung der Leiden sein. Oder aber eine Verlängerung ihrer College-Zeit, um den Football nicht ganz aufgeben zu müssen. Denn hier gibt es keine Sportvereine, in denen man noch seiner Leidenschaft nachgehen kann bis die Knochen es nicht mehr mitmachen. Football spielt man in der Schule, auf dem College und dann bei den Profis. Oder auch nicht.

Nun ja, jetzt hat die PSFL halt auch in Huntsville ein Team - und heute war das erste Spiel der Rocket City Titans überhaupt, gegen die Memphis Panthers.
Die Titans gehören zwei jungen Männern, 23 und 24 Jahre alt. Der eine hat nach dem College Karriere in der Versicherungsbranche gemacht und ist in kurzer Zeit landesweit der siebtbeste Verkäufer seinesKonzerns geworden. Außerdem ist er auch noch Quarterback der Titans. Der andere arbeitet bei einem der lokalen Rüstungsunternehmen und wartet darauf seine Pilotenausbildung bei der US Navy beginnen zu können. In der Zwischenzeit fungiert er auch noch als Linebackers Coach bei den Titans.

Die Mannschaft besteht überwiegend aus lokalen College-Spielern, gespielt wird im Milton-Frank Stadium mitten in Huntsville, das sonst von den lokalen High Schools genutzt wird. Das hat den Charme einer Freiluft-Bahnhofshalle und so richtig Stimmung und Atmosphäre kann da eigentlich gar nicht aufkommen.
Egal, so ungefähr 3000 Leute waren heute trotzdem da - viele von denen erkennbar Familie und Freunde der Spieler - was das Stadion zu ungefähr der Hälfte füllte.
Das nächste Mal werden es dann bestimmt mehr sein, denn es wird sich herumsprechen dass man etwas geboten bekommt für's Geld ($8 kostet der Eintritt).
Nein, keine Cheerleader (vielleicht im Laufe der Saison, die Sichtung der Kandidatinnen hat erst Anfang Mai statt gefunden, jetzt müssen die Kostüme geschneidert und die Cheographie eingeübt werden ...), keine Hot Dogs/Hamburger/Pizza (Chips und Schokoriegel gibt es zu kaufen ...) und auch keine Halbzeitshow (es wurde ein Flat-Screen TV verlost ...).
Dafür aber Football mit Herz und Seele.
Zwei Minuten vorm Spiel hörte man aus den Katakomben des Stadions ein grollendes "Hu-Hu-Hu-Hu-Hu". Dann erfolgte ein langezogenes "Huaaaaarrr" und der Spieler mit der Nummer 6 kam wie aus der Kanone geschossen aufs Feld gestürmt. Er sprang herum wie ein Gorilla auf glühenden Kohlen, schlug sich mit den Fäusten auf die Brust und schrie sich die Seele aus dem Leib.
Dann hielt er plötlich inne, drehte sich um und erkannte dass er ganz allein auf weiter Flur war.
Offensichtlich waren die Rituale der neuen Mannschaft noch nicht so ganz eingespielt - er hatte einen klassischen Frühstart hingegelegt, das "Huaaaaarrr" war nicht das Zeichen zum Aufbruch.
Aber so aufgeputscht wie er waren sie dann alle - auch wenn andere Sachen auch noch nicht so recht klappten. Die Nebelmaschine startete erst als schon die halbe Mannschaft auf dem Feld war, die Nationalhymne vom Band schwankte in der Lautstärke zwischen zu leise und zu laut, der erste Ballbesitz des Gegners resultierte gleich in einem Touchdown.
Aber je weiter der Abend voranschritt, desto sicherer wurden die Titans - auf dem Feld und außerhalb. Und das Publikum erwärmte sich auch zunehmend mit dem neuen Team und am Ende des Spiels waren alle begeistert.

Nicht unwesentlich dazu beigetragen hatte der Running Back der Titans, Danny Moon - der die Nummer 6 trägt. Drei Touchdowns und ein Siegeswille, der bis in die letzten Ränge der Tribünen zu spüren war machten ihn zum sofortigen Publikumsliebling.
Das Glanzstück der Titans ist allerdings die Abwehr, die für zwei Interceptions mit anschließendem Touchdown verantwortlich war. Weniger massiv als der Gegner, dafür aber blitzschnell und unermüdlich, haben sie in der zweiten Halbzeit absolut dominiert.
Das Resultat war, dass die Titans das erste Spiel ihrer Geschichte mit 34 zu 21 gewonnen haben.
Dank ihrer guten Abwehr, des Super-Teamgeistes, der Unterstützung der Zuschauer und dem Siegeswillen ihres Running Back, Danny Moon - der die Nummer 6 auf dem Rücken trägt ...




Tuesday, May 18, 2010

Awards

In einer Woche ist hier die Schule aus und die zehnwöchigen Sommerferien beginnen.
Bevor es soweit ist, mußten aber erst noch die sogenannten "Awards" vergeben werden. Das sind Auszeichnungen für verschiedene Dinge - der beste Schüler bekommt einen Pokal, die Schüler mit den wenigsten Fehltagen werden ausgezeichnet, die besten akademischen Leistungen in den verschiedenen Fächern werden gewürdigt, der Schulleiter vergibt einen Sonderpreis für besonderen Einsatz, freiwillige Arbeit in der Schule (z.B. die Inventarisierung des PC-Bestandes) wird ausgezeichnet, der Preis des US Präsidenten für exzellente Leistungen wird vergeben und so weiter.
Das alles findet vor versammelter Schule und mit Eltern statt.
Ein prima System, wie ich finde, dadurch werden die Kinder motiviert und sehen, dass sich Leistung lohnt und für alle sichtbar honoriert wird.
In Deutschland würde einem solchen System immer der Neidfaktor im Wege stehen - sind die dort ausgezeichneten etwa was Besseres??!

Nun ist unser Großer ja immer schon prima in der Schule gewesen - und hat dementsprechend heute bei der Preisverleihung ordentlich abgeräumt. Sechs Awards hat er bekommen, darunter einen Pokal für das Erreichen der akademischen Top10 seines Jahrganges und die Auszeichnung des US Präsidenten für akademischen Fortschritt. Den hatte er bereits vor zwei Jahren schon einmal bekommen, als es ihm gelungen war mitten im Schuljahr von Deutschland in die USA zu wechseln und am Schluß des Schuljahres dort nur Einsen im Zeugnis zu haben - sogar in Englisch.
Seitdem hat er diesen Standard halten können, was ihm eigentlich die Auszeichnung des US Präsidenten für exzellente akademische Leistungen hätte einbringen sollen. Dazu muß man aber drei volle Jahre dieses Niveau erreichen - da wir aber erst mitten im 7.Schuljahr hierher gezogen sind, fehlte ihm ein halbes Jahr ... dumm gelaufen. Dafür hat er dann immerhin die präsidiale Auszeichnung für akademischen Forstschritt bekommen - das ist dann auch mit präsidialer Münze und Zertifikat. Nochmal rahmen lasse ich das aber nicht - der erste, den er bekommen hat, hängt schon schön gerahmt über seinem Schreibtisch. Mehr Platz hat er sowieso nicht ... Ich bin mal gespannt, was er nächstes Jahr vollbringt, wenn er auf die Bob Jones High school wechselt - die ist immerhin unter den Top 5% High Schools in den ganzen USA und dementsprechend groß wird die Konkurrenz sein.



Saturday, May 15, 2010

Case Artisan's Tour 2010

Briefmarken, Bierdeckel, Nummernschilder, Münzen, Stoffe, Ü-Eier Figuren - es gibt nichts, das sich nicht sammeln ließe.
Ich sammle Messer, allerdings in einer sehr abgeschwächten Form. Die meisten Messer, die ich mir im Laufe der Jahre gekauft habe, sind tatsächlich in Benutzung. Nur einige wenige Exemplare, wie zum Beispiel das Messer von Marttiini aus Helsinki, oder meine bescheidene Sammlung von W.R. Case Knives, die ich letztes Jahr angefangen habe, schlummern in IKEA-Boxen. 

Mein Ziel ist es, eine kleine Display-Box zu füllen - da gehen so um die sechs bis zehn kleine W.R. Case Messer vom Typ "Tiny Texas Toothpick" rein. Ich kaufe nach keinem bestimmten Muster sondern einfach nur das, was mir gefällt oder irgendwie besonders ist. Dabei ist auch eines mit einem rosarot gepunkteten Griff ... wie gesagt, was mir so gefällt und kein 08/15 Produkt ist.
Wieso W.R. Casse Messer? Weil sie die immer noch vollständig in den USA herstellen, die Firma eine lange Tradition hat und sie sich auf Sammlerstücke spezialisiert haben. Allerdings habe ich auch ein, zwei Messer von ihnen, die ich im täglichen Gebrauch habe. Da ist für jeden etwas dabei.

Jedes Jahr zieht nun diese Firma (die inzwischen zum Zippo-Konzern gehört - das sind die mit den Feuerzeugen ...) mit ausgesuchten Messermachern, Schleifern, Geschichtenerzählern und einer Ladung besonders rarer Sammlerstücke durch das Land und macht dabei Station bei einigen ihrer umsatzstärksten Händler. Und heute waren sie bei U.G. White in Athens, Alabama. Das ist ungefähr zwanzig Minuten von Madison entfernt und klar, dass ich auch da war.
U.G. White gibt es seit 1917, also gefühlt seit der vorletzten Steinzeit. Sie verkaufen im Grunde auch heute noch das, was damals en vogue war - alles zum Grillen, selbstgemachte Marmelade, Küchenutensilien, Kinderspielzeug aus Blech und Holz, Thermometer aus Messing, gußeiserne Pfannen und eben Messer von W.R. Case. 

Es war ein sehr familiärer Event - Messersammler unter sich eben, das ist nicht anders als ein Treffen des örtlichen Kaninchenzüchtervereins. W.R. Case hatte einen Graveur mitgebracht und viele nutzten das um sich ihr Lieblingsmesser personalisieren zu lassen. Es gab jede Menge außergewöhnlicher Sammlerstücke zu sehen, es wurden W.R. Case Memorabilia verlost eine Band spielte Bluegrass Musik und vor dem Geschäft waren ein paar Oldtimer abgestellt um dem ganzen etwas alten Flair zu geben.
Alles in allem ein netter Vormittag unter Gleichgesinnten. Viele waren mit ihren Display-Boxen voller Case Knives gekommen um sie herum zu zeigen, um zu fachsimpeln und um sich ihr Lieblingsmesser daraus gravieren zu lassen. Mehr als einen Vater habe ich dabei beobachtet, wie er seinem Sohn das erste Case Messer gekauft hat. Es gab eine Ecke, in der konnte man schnitzen und natürlich wurden auch die sonderangefertigten Tour-Messer zum Kauf angeboten. Diesen speziellen Typ Messer sammle ich zwar nicht unbedingt - aber da ich schon mal in der Nähe war ... 






 









Thursday, May 6, 2010

The Boys are back


Es gibt hier eine Musikgruppe, die seit 1940 - in wechselnden Besetzungen natürlich - besteht, die Oak Ridge Boys.
Angefangen haben sie als reine Gospel-Truppe, dann sind mit neuen Mitgliedern neue Ideen und Musikrichtungen dazu gekommen -  irgendwann in den 1960er Jahren der Schwenk zur Country-Music, in den 1970ern wurde das vertieft und sich langsam zum Pop geöffnet, danach wurde wieder mehr Gospel gemacht und so weiter. Einflüße aus Rock'n'Roll, Rockabilly, Rythm'n'Blues, Blues, Soul und auch mordernem Rock komplettieren die Bandbreite der Musik. Amerikanische Volksmusik könnte man das nennen, ein wenig so wie der Musikantenstadl des Country'n'Gospel.

Die jetzige Besetzung ist seit 37  Jahren zusammen und zur Zeit auf großer Comeback-Tour, nachdem man einige Jahre das Pensionärsleben genossen hat - immerhin sind die Mitglieder zwischen Mitte sechzig und bereits über siebzig Jahren alt.
Ihren Entertainer-Qualitäten und ihren Stimmen tut das Alter aber keinen Abbruch - das können wir bestätigen, wir haben sie heute nämlich live gesehen.
1973 haben sie mit einem Konzert das gerade fertig gestellte von-Braun-Center in Huntsville eingeweiht, das verbindet, da kommt man gerne wieder zurück, das ist ein Heimspiel sozusagen.
Und die Huntsviller kommen auch gerne - vor allen Dingen die älteren Semester, die 1973 schon auf diese Art von Musik gestanden haben.
Wir waren also umgeben von mitklatschenden, mitsingenden und verhalten frenetisch jubelnden Menschen im Rentenalter. Ein paar junge Hüpfer wie wir waren auch da, aber die waren deutlich in der Minderheit.
Egal - tolle Musik, vor allen Dingen die Gospel und die Rock'n'Roll Stücke; die patriotischen Schnulzen und schmalzigen Nashville-Schunkler waren dagegen teilweise wirklich gruselig.
Nun ja, in 37 Jahren kommt nicht immer nur Gutes heraus, auch einige Irrungen und Wirrungen hat es da gegeben.
Bemerkenswert war noch, dass der Schlagzeuger der Begleitband der Sohn eines der vier Oak Ridge Boys ist und zu einem Lied seine Tochter (die des Trommlers ...) auf die Bühne kam um die Fiddel zu spielen - ist also eine recht familiäre Sache.
Vielleicht wird das jetzt ja die letzte Tour der Oak Ridge Boys gewesen sein - und wir haben diese Legende noch mal live gesehen. Die nächste Tour wird dann eventuell schon die nächste Generation bestreiten - sie steht schon in den Startlöchern. Und so wird es die Oak Ridge Boys wahrscheinlich noch in 37 Jahren geben ...

Sunday, May 2, 2010

Learner's Permit

Heute ist unser Großer (15 Jahre alt und vollpubertär) zum ersten Mal Auto gefahren.
Eine Stunde mit Mami auf dem Parkplatz seiner High School.
Seit Freitag hat er seine Learner's Permit, mit der er begleitet fahren darf - auch auf der Straße, solange ein Erwachsener neben ihm sitzt. Aber soweit sind wir noch nicht.
Und bis wir soweit waren, dass er seinen Anfänger-Führerschein bekommen hat ... die amerikanische Bürokratie ist wirklich hanebüchen.

Vor gut einem Monat, während der Frühjarsferien, sind wir zum ersten Mal hin zur Führerscheinstelle. Mit Reisepass, Geburtsurkunde, Aufenthaltsbestätigung, Visum, dem Nachweis dass Augustus vor zweitausend Jahren römischer Kaiser war ... und wurden abgewiesen.
In den Regularien stand ganz klar drin, dass man eine ins Englische übersetzte und von der Botschaft beglaubigte Geburtsurkunde vorweisen muß. Die, die wir dabei hatten war in Deutsch, mit einem Siegel das sie nicht kannten. Natürlich konnten sie den Text nicht entziffern - Geburtsort, Name, Geburtstag ist ja auch ein echtes Jahrhunderträtsel, in jeder Sprache. Auch ein Anruf in Montgomery bei der Staatsregierung brachte keine andere Auskunft - eine übersetzte, von der Botschaft beglaubigte ...
Also wieder nach Hause, die deutsche Botschaft in Washington angerufen - nicht zuständig, bitte an das Konsulat in Atlanta wenden.
Hallo Atlanta, könnt ihr uns weiterhelfen? Nee, auch nicht, die stellen keine Beglaubigungen von Geburtsurkunden aus. Aber wie wäre es denn  mit einer internationalen Geburtsurkunde, direkt vom zuständigen Standesamt in Deutschland? Da sind alle 26 EU-Sprachen drauf und zwischen Deutsch und Französisch ist dort auch Englisch zu finden.
Prima, Lösung in Sicht, wieder zurück zur Führerscheinstelle - wie wäre es denn mit einer internationalen Geburtsurkunde?
Nee, eher nicht, soetwas kennen die hier nicht, gibt es denn keine Botschaft in Alabama zu der wir mal kurz hinfahren und das regeln könnten?
Erklärt man denen nun, dass es Botschaften immer nur in den Hauptstädten gibt und dass es hier in den USA für Deutsche ungefähr ein halbes Dutzend Konsulate gibt, die für die einzelnen Regionen zuständig sind und dass das für uns zuständige in Atlanta liegt und die erstens das Beglaubigen nicht tun wollen und zweitens gute vier Stunden Fahrt dorthin in keinem Verhältnis stehen?
Hat keinen Zweck. Die gehen davon aus, dass jeder Staat der Welt auch in Alabama eine Botschaft unterhält - schließlich ist man ja auch ein Staat ...
Aber man will ja nicht so sein, schaffen Sie diese komische internationale Geburtsurkunde einfach mal heran, dann sehen wir schon ob wir etwas damit anfangen können.
Also das Standesamt in Deutschland angeschrieben. Den Fall geschildert und um Hilfe gebeten. Prompte Antwort: Kein Problem. Stellen wir gerne aus, soll sie denn auch für außer-EU Gebrauch beglaubigt werden? Das würde dann die Regierung von Oberbayern machen - kostet ein bischen was und dauert etwas länger, aber grundsätzlich kein Problem.
Also dann, Kopie des Personalausweises und des Reisepasses, plus fünfzig Euro in einen Briefumschlag, ab ans Standesamt und knappe drei Wochen später lag die internationale Geburtsurkunde, beglaubigt und mit Siegeln versehen, in unserem Briefkasten. Und fünfzehn Euro, die übrig geblieben waren.
Also wieder hin zur Führerscheinstelle. Kurz vor vier Uhr am Freitag - gerade noch so vor Annahmeschluß an diesem Tag.
Hmm, die Dame am Empfang war wieder skeptisch. Internationale Geburtsurkunde - soetwas hatte sie noch nie gesehen. Aber was soll's, man fülle mal den Zettel hier aus und gebe die Papiere dann dem Prüfer, der wird schon wissen was damit zu machen sei.
Der allerdings wollte davon gar nichts mehr sehen - ging wohl davon aus, dass der Zerberus am Eingang schon alles auf Richtigkeit geprüft hatte.
Zwanzig Fragen (eine davon falsch beantwortet) und zwanzig Minuten später war unser Großer dann wieder draußen, als stolzer Besitzer eines richtigen, echten alabamischen Führerscheins. Jetzt kann's losgehen mit dem Auto fahren.
Und die Moral von der Geschicht? Die deutsche Bürokratie arbeitet auch auf sechstausend Kilometer Entfernung noch für ihre Bürger, die amerikanische Variante arbeitet nach dem Zufallsprinzip.
Sobald er 16 ist, darf er die praktische Fahrprüfung ablegen und danach ganz alleine, ohne Begleitung, Auto fahren. Aber bis dahin ist noch ein langer Weg ... der zum Glück keine bürokratischen Hindernisse mehr beinhaltet. Toi, toi, toi ...