Seit der letzten Runde der Restrukturierung, Zusammenfassung und Schließung von US Militärbasen (Base Re-Alignment and Closures - BRAC), die von 2005 bis Ende 2011 lief, sind gut 5000 militärische und zivile Dienstposten von anderen Stützpunkten ins Redstone Arsenal verlegt worden. Die weitaus meisten kamen dabei aus den nördlicheren Gefilden der USA, aus Virginia und North Carolina zum Beispiel.
Nun gehören diese beiden Staaten auch zu den "klassischen" Südstaaten und waren Teil der Konföderierten Staaten von Amerika im Bürgerkrieg. Also sollte man meinen, dass Zugezogene von dort annähernd die gleichen Manieren, Traditionen und Gebräuche mitbringen, wie sie hier in Alabama und den übrigen Südstaaten gepflegt werden. Wie zum Beispiel Rücksichtnahme, Freundlichkeit, Zurückhaltung und Hilfsbereitschaft.
In den vergangenen Jahren haben wir aber zunehmend feststellen müssen, dass je mehr "Auswärtige" hierher versetzt wurden, sich der Umgangston hier in Huntsville zunehmend rauer gestaltet.
Vor allen Dingen nimmt man das auf den Straßen, beim Auto fahren wahr. Wo früher abwarten, vorbei winken, sich miteinander verständigen die Norm war und defensives Fahren tatsächlich praktiziert wurde, ist mittlerweile vordrängeln, dicht auffahren und anhupen auf dem Vormarsch. Und immer sind es Leute mit Nummernschildern aus New York, Virginia, North Carolina oder Pennsylvania die derart dumm auffallen.
Und heute ist mir dann der Kragen geplatzt. Ich war mit den Kindern im Auto unterwegs zum Spielplatz und musste an der Einfahrt von unserer Siedlung auf die Hauptstraße anhalten um eine passende Stelle im fließenden Verkehr abzuwarten. Mit den Kindern hinten drin bin ich da immer extra vorsichtig und gewissenhaft und versuche nicht mich mit Vollgas in jede kleine Lücke zu zwängen.
Da hupt es plötzlich. Dem Typen hinter mir schien es nicht schnell genug zu gehen. Nun ja, soll er hupen, ich entscheide hier wann ich die Situation für angemessen halte mich auf die gegenüberliegende Spur einzufädeln. Da hupt er nochmal.
Einmal zuviel, du Idiot.
Ich also raus aus meinem Auto und zu ihm hin - was denn sein Problem wäre?!
Ich hätte schon zwei Gelegenheiten verstreichen lassen, das war sein Problem. An einem Sonntagnachmittag, wo es auf jede Zehntelsekunde ankommt. Ich war sprachlos.
"Na und?!", war meine - zugegebenermaßen recht lahme - Replik.
Ehe ich noch etwas anderes sagen konnte, setzte er schon zurück, fuhr an meinem Auto vorbei (die amerikanischen Einfahrten sind alle recht großzügig ausgelegt ...) und bog mit heulendem Motor und quietschenden Reifen auf die Hauptstraße ein.
Ich ging ganz gemütlich zu meinem Auto, stieg ein und fuhr auch los. An der nächsten Ampel, gute zwei Kilometer weiter, stand er dann vor mir und wartete auf Grün. Da hatte ich dann auch einen guten Blick auf sein Nummernschild - North Carolina. Dummer Yankee-Jerk ...
Von Deutschland nach Alabama ... ein Abenteuer der besonderen Art. Erlebnisse, Gedanken, Absonderlichkeiten - was mir so ein- und auffällt. Und wieso der komische Name - We're French? Siehe rechts unter "About me" ...
Sunday, December 30, 2012
Monday, December 24, 2012
Wednesday, December 19, 2012
Shoe Tree
Viele Sitten, Gebräuche und sozial-psychologische Phänomene hier in Amiland können durchaus merkwürdig, abstoßend oder völlig plemplem auf den durchschnittlichen Europäer wirken. Andersherum funktioniert das wahrscheinlich auch.
In den USA gibt es ungefähr 80 sogenannte "Shoe Trees". Das sind Bäume, an deren Äste nicht mehr benutzte Schuhe gehängt werden. Ganz demokratisch darf jeder mitmachen und jeder darf sich auch Schuhe die dort hängen herunter holen.
Auch hier in relativer Nähe (ca. 100 km entfernt) gibt es einen solchen Shoe Tree, in Cherokee am Highway 72, nahe der Grenze zu Mississippi.
Dort war ich heute und habe meine alten Freizeitschuhe, die mittlerweile Löchern in den Sohlen haben, an den Baum gehängt.
Gute 10 Jahre hatte ich sie und sie haben so einiges mit gemacht in dieser Zeit. Bequemere und strapazierfähigere Schuhe hatte ich selten, daher wollte ich sie nicht einfach in die Mülltonne werfen. Daher also der Trip zum Shoe Tree in Cherokee - ein würdiger letzter Ruheort, wie ich finde ...
In den USA gibt es ungefähr 80 sogenannte "Shoe Trees". Das sind Bäume, an deren Äste nicht mehr benutzte Schuhe gehängt werden. Ganz demokratisch darf jeder mitmachen und jeder darf sich auch Schuhe die dort hängen herunter holen.
Auch hier in relativer Nähe (ca. 100 km entfernt) gibt es einen solchen Shoe Tree, in Cherokee am Highway 72, nahe der Grenze zu Mississippi.
Dort war ich heute und habe meine alten Freizeitschuhe, die mittlerweile Löchern in den Sohlen haben, an den Baum gehängt.
Gute 10 Jahre hatte ich sie und sie haben so einiges mit gemacht in dieser Zeit. Bequemere und strapazierfähigere Schuhe hatte ich selten, daher wollte ich sie nicht einfach in die Mülltonne werfen. Daher also der Trip zum Shoe Tree in Cherokee - ein würdiger letzter Ruheort, wie ich finde ...
Monday, December 17, 2012
28
Heute morgen hat die Polizei vor der Schule unserer Kinder gestanden. Und nicht nur dort - alle Schulen in Nord-Alabama hatten heute eine Polizei-Eskorte. Das soll noch die ganze Woche so weiter gehen - dann fangen die Weihnachtsferien an. Die Gemüter werden sich bis dahin auch wieder beruhigt haben und man wird zur Normalität über gehen. Immerhin ist in einer Woche Weihnachten, da will man sich die Stimmung nicht völlig verderben lassen und jeden Tag daran erinnert werden was für eine schreckliche Tragödie sich letzten Freitag in Newtown, Connecticut zugetragen hat.
Womoeglich würde eine weitere Beschäftigung mit dem Amoklauf, der 28 Menschen das Leben gekostet hat, dazu führen dass man über Waffenbesitz, Waffengesetze und die Verantwortung der bis an die Zähne aufgerüsteten Gesellschaft für solche Massenmorde nachdenken muss. Gott bewahre!
Wobei der ja die kleinen unschuldigen Kinder auch nicht vor diesem schrecklichen Schicksal bewahrt hat. Was aber auch nur zu verständlich ist, wenn man den Aussagen von einigen politischen Rechtsaußen, Männern der Kirche und Vertretern der Waffenlobby glauben schenken darf, denn Gott wurde ja systematisch aus den Schulen verbannt und das habt ihr nun davon. Glaubt mehr, betet mehr, geht mehr zur Kirche und es wird euch nichts Schlimmes geschehen. Außer denen, die neulich erst in Tennessee mitten beim Gottesdienst von einem Amokschützen nieder geballert wurden. Müssen wohl heimliche Sünder gewesen sein, oder so.
Egal, es ist ja lang schon bekannt und wird auch dieser Tage immer wieder gerne noch mal von Politikern die wieder gewählt werden wollen, Männern der Kirche und der Waffenlobby wiederholt, dass Waffen keine Menschen töten, sondern es die Menschen sind, die andere Menschen töten.
Aber es hilft schon, vor allen Dingen wenn man ordentlich viele in kürzester Zeit zu ihrem Schöpfer schicken will, wenn man einfach in den nächsten Supermarkt gehen und sich ein kriegstaugliches Sturmgewehr kaufen kann. Und die passenden Hohlspitzgeschosse gleich dazu - die machen so schön große Löcher in kleinen Kinderkörpern.
Nun ist also die Entrüstung groß - auf der einen Seite darüber, wieder einmal um so viele unschuldige Menschen trauern zu müssen, und auf der anderen Seite darüber, dass nun wieder einmal alle unschuldigen Sturmgewehrbesitzer an den Pranger gestellt werden.
Ändern wird sich dadurch natürlich gar nichts. Wie soll man denn auch geschätzte 200 Millionen Waffen, die sich in Privatbesitz befinden, einsammeln können? Ohne einen Bürgerkrieg los zu treten geht das hier gar nicht, denn immerhin ist das Recht auf die eigene Waffe in der Verfassung verankert. Ob die Gründerväter, in der Zeit von Vorderladern und Schwarzpulver, damals allerdings automatische Pistolen und Sturmgewehre voraus gesehen habe, dürfte fraglich sein.
Nun ja, u das Gesicht zu wahren, Härte zu demonstrieren und wilden Aktionismus zu verbreiten, wird man demnächst die Sturmgewehre verbieten. Wieder einmal. Wie schon von 1994 bis 2004, als es verboten war 18 spezifische Gewehrmodelle herzustellen, zu verkaufen oder zu erwerben. Verkauft wurde das als Bann aller Sturmgewehre, tatsächlich jedoch gab es so viele legale Schlupflöcher (darunter die einfache Modifizierung und Um-Etikettierung der verbotenen Modelle), dass diese ganze Maßnahme reine Kosmetik war.
So wie der Polizist, der diese Woche morgens zum Unterrichtsbeginn vor der Schule unserer Kinder auftauchen wird.
Auf eine andere Art wird sich die Tragödie von Newtown allerdings auswirken. Da es hier in den USA keine Schulpflicht gibt, werden viele Eltern nun beschließen ihre Kinder zu Hause zu unterrichten, da sie in den öffentlichen Schulen ja offensichtlich nicht mehr sicher sind. Dumm ist dabei nur, dass die Unterrichtsmaterialien, Lehrpläne, pädagogischen Schulungen und so weiter fest in der Hand der Kirche sind. Der fundamental-christlichen Kirche. Anstatt Evolution also Adam und Eva, statt dem Big Bang also die sieben Schöpfungstage, statt Frieden schaffen ohne Waffen also die Verteidigung des Grundrechts auf Waffenbesitz. Wobei dann die nächste Generation herangezogen wird, die treu glaubend nachplappert: Nicht Waffen töten Menschen, sondern Menschen töten Menschen. Aber nur die, die nicht fest genug an Gott glauben.
Habt ihr heute schon gebetet? Oder tragt ihr stattdessen eine schusssichere Weste?
Armes Amerika ...
Und hier noch ein Zitat aus Facebook von heute:
Guns are not the problem ... Armes Amerika.
Womoeglich würde eine weitere Beschäftigung mit dem Amoklauf, der 28 Menschen das Leben gekostet hat, dazu führen dass man über Waffenbesitz, Waffengesetze und die Verantwortung der bis an die Zähne aufgerüsteten Gesellschaft für solche Massenmorde nachdenken muss. Gott bewahre!
Wobei der ja die kleinen unschuldigen Kinder auch nicht vor diesem schrecklichen Schicksal bewahrt hat. Was aber auch nur zu verständlich ist, wenn man den Aussagen von einigen politischen Rechtsaußen, Männern der Kirche und Vertretern der Waffenlobby glauben schenken darf, denn Gott wurde ja systematisch aus den Schulen verbannt und das habt ihr nun davon. Glaubt mehr, betet mehr, geht mehr zur Kirche und es wird euch nichts Schlimmes geschehen. Außer denen, die neulich erst in Tennessee mitten beim Gottesdienst von einem Amokschützen nieder geballert wurden. Müssen wohl heimliche Sünder gewesen sein, oder so.
Egal, es ist ja lang schon bekannt und wird auch dieser Tage immer wieder gerne noch mal von Politikern die wieder gewählt werden wollen, Männern der Kirche und der Waffenlobby wiederholt, dass Waffen keine Menschen töten, sondern es die Menschen sind, die andere Menschen töten.
Aber es hilft schon, vor allen Dingen wenn man ordentlich viele in kürzester Zeit zu ihrem Schöpfer schicken will, wenn man einfach in den nächsten Supermarkt gehen und sich ein kriegstaugliches Sturmgewehr kaufen kann. Und die passenden Hohlspitzgeschosse gleich dazu - die machen so schön große Löcher in kleinen Kinderkörpern.
Nun ist also die Entrüstung groß - auf der einen Seite darüber, wieder einmal um so viele unschuldige Menschen trauern zu müssen, und auf der anderen Seite darüber, dass nun wieder einmal alle unschuldigen Sturmgewehrbesitzer an den Pranger gestellt werden.
Ändern wird sich dadurch natürlich gar nichts. Wie soll man denn auch geschätzte 200 Millionen Waffen, die sich in Privatbesitz befinden, einsammeln können? Ohne einen Bürgerkrieg los zu treten geht das hier gar nicht, denn immerhin ist das Recht auf die eigene Waffe in der Verfassung verankert. Ob die Gründerväter, in der Zeit von Vorderladern und Schwarzpulver, damals allerdings automatische Pistolen und Sturmgewehre voraus gesehen habe, dürfte fraglich sein.
Nun ja, u das Gesicht zu wahren, Härte zu demonstrieren und wilden Aktionismus zu verbreiten, wird man demnächst die Sturmgewehre verbieten. Wieder einmal. Wie schon von 1994 bis 2004, als es verboten war 18 spezifische Gewehrmodelle herzustellen, zu verkaufen oder zu erwerben. Verkauft wurde das als Bann aller Sturmgewehre, tatsächlich jedoch gab es so viele legale Schlupflöcher (darunter die einfache Modifizierung und Um-Etikettierung der verbotenen Modelle), dass diese ganze Maßnahme reine Kosmetik war.
So wie der Polizist, der diese Woche morgens zum Unterrichtsbeginn vor der Schule unserer Kinder auftauchen wird.
Auf eine andere Art wird sich die Tragödie von Newtown allerdings auswirken. Da es hier in den USA keine Schulpflicht gibt, werden viele Eltern nun beschließen ihre Kinder zu Hause zu unterrichten, da sie in den öffentlichen Schulen ja offensichtlich nicht mehr sicher sind. Dumm ist dabei nur, dass die Unterrichtsmaterialien, Lehrpläne, pädagogischen Schulungen und so weiter fest in der Hand der Kirche sind. Der fundamental-christlichen Kirche. Anstatt Evolution also Adam und Eva, statt dem Big Bang also die sieben Schöpfungstage, statt Frieden schaffen ohne Waffen also die Verteidigung des Grundrechts auf Waffenbesitz. Wobei dann die nächste Generation herangezogen wird, die treu glaubend nachplappert: Nicht Waffen töten Menschen, sondern Menschen töten Menschen. Aber nur die, die nicht fest genug an Gott glauben.
Habt ihr heute schon gebetet? Oder tragt ihr stattdessen eine schusssichere Weste?
Armes Amerika ...
Und hier noch ein Zitat aus Facebook von heute:
Guns are not the problem ... Armes Amerika.
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