Thursday, October 18, 2012

Low End Range

Seit gut einem Jahr funktionierte unser Backofen in unserem Herd nicht mehr richtig. Nachdem im Laufe dieses Jahres immer mal wieder einige Teile ausgetauscht worden waren, was ihn vorübergehend wieder nutzbar machte, scheiterte ein erneuter Versuch vor gut sechs Wochen mangels Ersatzteil. Kein Wunder, war der Herd doch gut 21 Jahre alt.
Kein Problem, meinte der Techniker, ich sage der Hausverwaltung Bescheid, da muss ein Neuer her.


Dann haben wir erstmal einige Zeit nichts mehr gehört - was in Amiland nicht ungewöhnlich ist, hier vergessen Leute schon manchmal etwas. Also habe ich einfach mal mal bei der Hausverwaltung nachgefragt, wie das denn nun so wäre mit unserem neuen Herd.
Neuer Herd? Nein, der Techniker den sie geschickt hatten hat nicht Bescheid gesagt. Aber kein Problem, das klären wir gleich mit der Besitzerin des Hauses.
Haben sie dann auch prompt getan, sie war mit dem neuen Herd einverstanden und die Verwaltung hat ihn gleich bestellt, bei Bob Wallace Appliances, der größten und renommiertesten Haushaltsgerätefirma in Huntsville. Kein Problem, hieß es, den bestellen wir gleich und innerhalb einer Woche rufen wir dann an um einen Termin zur Installation zu vereinbaren.

Dann haben wir erstmal eine Zeit lang nichts mehr davon gehört - kein Anruf, kein Piep.
Als ich im Zuge der ganzen Aufregung um die Klimaanlage am Anfang dieser Woche bei der Hausverwaltung vorstellig wurde, habe ich auch gleich nach dem Herd gefragt.
Wie, der ist noch nicht eingebaut? Den haben wir doch schon vor Wochen bestellt.
Also bei Bob Wallace angerufen und nachgefragt. Die konnten keinen Auftrag finden. Daraufhin ist die Dame der Hausverwaltung etwas pampig geworden - worauf es dann hieß, ach so, DER Auftrag ... ja, der Herd ist bestellt und soll morgen geliefert werden.
Genau.

Nun ja, auf einen Tag mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an. Es wurde also ein Termin für die Installation für heute zwischen 8 Uhr und 12 Uhr vereinbart. Also ist meine Frau zu Hause geblieben und hat gewartet.
Nix.
Kein Anruf, kein Herd, gar nix.
Also hat sie bei Bob Wallace angerufen, wo denn der Herd bleibe.
Welcher Herd?
Ahem, der Herd der heute bei uns installiert werden soll.
Nein, den Auftrag kann die Dame von Bob Wallace nicht finden.
Bitte nochmal suchen - immerhin hatte meine Frau gestern mit dem Manager der Firma gesprochen und diesen Termin abgemacht.
Nach langem hin und her fand die Dame am anderen Ende der Leitung schließlich doch noch den Auftrag - da es sich bei dem Herd um eine "Low End Range" handelt, war er ganz unten auf der Liste und somit am Ende des Auslieferungsplans für heute.
Und nein, ändern könne sie da gar nichts, da müsste der ganze Auslieferungsplan umgestellt werden und das könne nur der Firmenchef selber autorisieren.

Prima.
Meine Frau also die Hausverwaltung angerufen, diesmal die Chefin selbst.
Die ist dann ob der Erwähnung der "Low End Range", also des "Billigofens" in die Luft gegangen. Immerhin hat das Ding über 700 Dollares gekostet und überhaupt, was ist das für eine Firmenpolitik die Auslieferungsreihenfolge nach dem Wert der Ware zu sortieren?!
Mehrere wutentbrannte Anrufe später hatte meine Frau das hoch- und heilige Versprechen, dass der Herd noch heute installiert werden würde - und die Mannschaft dabei Überstunden machen müsste.

Irgendwann nachmittags stand dann die Herd-Crew vor der Tür. Mit dem neuen Herd, den sie gleich in unserer Empfangshalle abluden.
Und sich dann wieder trollten - der alte Herd war nämlich noch nicht ausgebaut und dafür waren sie nicht zuständig. Da es sich um einen Gasherd handelt, musste das durch einen Fachmann gemacht werden, der sich mit Gasleitungen auskannte.
Also wieder ran ans Telefon.
Nach einiger Zeit kam dann der Klempner und löste den Herd von der Gasleitung. Aber nein, mitnehmen würde er den alten Herd nicht ... dafür sei er nicht zuständig.
Telefon.
So gegen 5 Uhr stand dann die Installationscrew vor der Tür - samt dem Service Manager von Bob Wallace, der sicherstellen wollte dass er nicht wieder von angepissten Frauenzimmern angerufen wurde.
Und dann ging alles so richtig schnell - innerhalb einer Stunde war der alte Herd auf den Truck verladen und der neue Herd installiert.

Und dann mussten wir ihn noch "einheizen". Zwei Stunden lang immer wieder auf Höchsttemperatur bringen, damit die Beschichtung, die das Werk für den Transport aufgetragen hatte, verdampfte. Unser ganzes Haus stinkt momentan wie eine brennende Plastikfabrik.
Aber immerhin, jetzt haben wir endlich wieder einen funktionierenden Backofen - gerade rechtzeitig bevor die Weihnachtsbäckerei anfängt.
Dass er dabei eigentlich genauso aussieht, sich bedienen lässt und die gleichen spärlichen Funktionen hat wie unser alter Ofen stört uns nicht weiter. I-Phones und ähnliche Spielereien können sie entwickeln, aber haushaltsgerätetechnisch sind sie hier in Amiland auf dem Stand der 1960er Jahre stehen geblieben.
Aber eigentlich braucht man hier ja auch keinen Herd - man geht einfach in den nächsten Fast-Food-Laden. Haben wir heute Abend dann auch getan - der neue Herd ist mit dem Auslüften der Schutzschicht noch nicht fertig ...



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